Die Sonntagsfrage

Warum machen Sie gegen Amazon mobil, Frau Rodé?

9. Februar 2014
von Börsenblatt
Elisa Rodé hat im Internet einen Boykott-Aufruf gegen Amazon gestartet. Warum die freiberufliche Dozentin (Bereich Erwachsenenbildung) den Onlinehändler nicht mehr leiden kann und weshalb sie glaubt, dass der lokale Buchhandel von ihrer Kampagne profitieren wird, erklärt sie in unserer Sonntagsfrage.

„OHNE Amazon" fordert dazu auf, Bücher nicht bei Amazon zu bestellen: Wer aus Bequemlichkeit und ohne Nachzudenken bei Amazon bestellt, trägt damit zur Unterstützung von dessen Monopolstellung bei und belohnt dessen miese Arbeitsbedingungen und das quasi-erpresserische Geschäftsgebaren gegenüber Verlagen und Autor/innen.

Die Initiative „OHNE Amazon" ist als Schneeballsystem konzipiert: Jeder, der davon erfährt und die Aktion gut findet, soll sie weiter verbreiten. Über Facebook und soziale Netzwerke lassen sich eventuell schnell viele UnterstützerInnen ansprechen, ich selbst habe jedoch dort bewußt keinen Eintrag. Es steht aber jedem frei, dort für die Aktion zu werben. Durch das Schneeballsystem verteilen sich Arbeit und Kosten der Kampagne auf viele, anders ist es gar nicht zu schaffen, Millionen von UnterstützerInnen zu erreichen. Das hat auch den Vorteil, dass die Kampagne nicht nur passiv mit Wohlwollen betrachtet wird, sondern dass man direkt zum Mitmachen aufgefordert wird, zumindest soll man davon berichten und später richtig mitmachen, indem man mit Genuss in einer Buchhandlung stöbert und dort schöne Bücher selbst entdeckt.

Ganz zu Anfang  war Amazon auch für mich eine „moderne“ Alternative, besonders, wenn es darum ging, weniger gängige Bücher zu finden oder wenn ich großen Stress hatte und es nicht in eine Buchhandlung schaffte. Aber inzwischen geht mir Amazon – gelinde gesagt – ziemlich auf die Nerven. Diese dauernde Gängelei – „Leute, die dieses Buch gekauft haben, habe auch folgendes gekauft“, „Elisa Rodé, dieses Buch könnte sie auch interessieren“ – mag ich nicht. Durch diese Empfehlungen wird auch offenbar, dass Amazon jeden meiner digitalen Schritte verfolgt, aufzeichnet und auswertet. Das geht mir zu weit! Es gibt mir auch das Gefühl, unmerklich in meiner freien Entscheidung von einer digitalen Maschine beeinflusst zu werden.

Der Hauptgrund, Amazon zu boykottieren, ist allerdings, dass ich dessen außerordentlich aggressive Geschäftspolitik ablehne und sehr gefährlich finde. Es geht mir nicht darum, dass man nicht auch einmal etwas online bestellen soll. Aber warum soll alles, wirklich alles! bei Amazon bestellt werden? Warum kann sich ein Unternehmen nicht damit zufrieden geben, dass auch andere Unternehmen eine Existenzberechtigung haben? Diese Raubtiermentalität lehne ich ab. Ich möchte eine Vielfalt, sowohl in der realen als auch in der virtuellen Welt.

Möglicherweise hat die Kampagne zumindest den Effekt, dass mehr Leute darüber nachdenken, wie sie selbst an der Verödung der eigenen Umwelt mitwirken, wenn sie mit einer Amazon-Bestellung „den Weg des geringsten Widerstands gehen“.  Und vielleicht finden sie dann wieder Gefallen an den  vermeintlichen „Widerständen“, beispielsweise an der eigenen Suche nach guter Lektüre in dem angenehmen Ambiente einer Buchhandlung.

 

Elisa Rodé ist Mitglied im Bundessprecherrat der LINKEN UnternehmerInnen.