Internationale Buchmesse in Taipeh

Buy local in Fernost

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Buchhändler Jan Orthey war auf der Taipei International Book Fair (TIBE)  ein gefragter Mann. Er kam auf der Insel vor dem chinesischen Festland in Kontakt mit vielen internationalen Buchhändlern, die vor allem an einem interessiert waren: dem Erfolgsmodell Buy Local.

Wie kann das Sortiment angesichts der Digitalisierung und in Konkurrenz mit dem boomenden Onlinehandel bestehen? Auf Einladung der Frankfurt Academy ist auch eine deutsche Delegation zu Gast auf einem zweitägigen Vortragsworkshop auf der Buchmesse in Taipeh gewesen: Unter ihnen Holger Volland (Vizedirektor Frankfurter Buchmesse), Joachim Kaufmann (Geschäftsführer Carlsen) und Buchhändler Jan Orthey (Buchhandlung LüneBuch und Vorstandsmitglied bei Buy Local).

Fünf Tage verbrachte die Delegation auf der Insel Taiwan – davon zwei reine Reisetage -, ziemlich gejetlagt stellte sich Jan Orthey den Gesprächen mit Verlegern und Buchhändlern aus Taiwan im Auditorium. Was hat er vom Treffen mitgenommen? „Wir kochen alle mit Wasser", sagt Orthey. „Die Problemstellungen in Taiwan sind ähnlich wie hier. Die Buchketten und großen Onlinehändler ziehen den Independent-Buchhandlungen den Umsatz ab." Diesem Befund steht eine persönliche Erkenntnis gegenüber: „Ich habe auch den Vorteil unseres mehrstufigen Verbandes wieder mehr zu schätzen gelernt", meint Orthey. In Taiwan seien alle Interessensgruppen „sich selbst die nächsten": Da es keine Buchpreisbindung gibt, werde der Kampf um Marktanteile dort vor allem auf Kosten des unabhängigen Buchhandels geführt. „Ich habe viel mit Vertretern der Vereinigung der unabhängigen Buchhändler (Taiwan Independent Bookstore Culture Association, gegründet 2013) gesprochen, die mir erzählt haben, vor welchen Herausforderung die Buchhändler in Taiwan stehen", sagt der Lünebuch-Inhaber, der den Kollegen einige wertvolle Tipps mitgeben konnte.

„Während sich die unabhängigen Buchhandlungen mit einem Rabatt von 30 bis 40 Rabatt Prozent begnügen müssen, gewähren Verlage den Großen 60 bis 70 Prozent Nachlass. Die können so eine viel höhere Marge rausschlagen und die Bücher trotzdem günstiger anbieten", solche und ähnliche Klagen hat Orthey in Taipeh zu Hauf vernommen.

Gerade deshalb stieß der aus asiatischer Sicht exotische Buy-Local-Gedanke auf besonderes Interesse: Auch die chinesischen Buchhändler und Independents aus Neuseeland hätten die Idee zur Initiative wie Orthey boersenblatt.net berichtet begeistert aufgenommen. Der Buchhändler kann punkten, wenn er sich „als kultureller Hotspot etabliert und klassischen Mehrwert bietet" – das war die Kernbotschaft Ortheys an die internationalen Kollegen. Er stehe mit vielen Buchhändlern nach wie vor in Kontakt – der Austausch sei schließlich keine Einbahnstraße.

Blieb Orthey bei all dem Trubel überhaut Zeit, Taiwan zu entdecken? „Ein bisschen Sightseeing war drin, glücklicherweise nicht nur mit Blick auf die Skyline von Taipeh, sondern auch die älteren Viertel." Vom Rest Taiwans haben Orthey und die deutsche Reisegruppe allerdings nichts gesehen.

Interessiert verfolgte neben der taiwanesischen Presse auch „Publishers Weekly" das Geschehen. „Unsere Lokalzeitung in Lüneburg hat auch berichtet", schmunzelt Orthey. Die hatten via Facebook erfahren, dass der bekannte Buy-Local-Buchhändler „in die weite Welt" hinauszieht. Auf jeden Fall hat der Besuch dazu beigetragen, buy local bekannter zu machen. Nicht zuletzt für dieses Engagement wurde Jan Orthey vom Landesverband Niedersachsen-Bremen des Börsenvereins gerade mit einem Preis im Rahmen der "Vorsicht Buch!"-Kampagne ausgezeichnet.

Buchmarkt Taiwan in Kürze

11.000 Verlage23.000 Titel jährlich (China: 140.000 Titel / Jahr)23 Millionen Einwohner

Quelle: Taipei Book Fair Foundation