Interview mit Nikola Richter zur Electric Book Fair in Berlin

"Wir wollen Raum für Innovatives"

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Am 21. Juni findet in Berlin die erste reine E-Book-Messe statt – weniger ein kommerzielles Treffen als eine Konferenz, bei der neue Formate und Vertriebsformen für digitale Bücher präsentiert und diskutiert werden. Boersenblatt.net hat Mit-Initiatorin Nikola Richter (Mikrotext Verlag) befragt.

Darf man sich die erste Berliner E-Book-Messe wie eine Miniausgabe der Frankfurter Buchmesse vorstellen?
Nicht ganz. Es wird keine Stände geben und auch die Grenzen zwischen Ausstellern und Besuchern werden vorsätzlich verwischt. Unser großes Ziel ist es, das Thema digitales Verlegen nach vorne zu bringen und zu diskutieren. Es geht also weniger um eine Verlagspräsentation oder um einzelne Titel. Das Ganze ähnelt durchaus einer großen Konferenz. Im Gegensatz zu den kommerziellen Messen planen wir eine kuratierte Veranstaltung. Wir werden also eine Auswahl unter den Bewerbern treffen, denn die Ausstellerzahl ist begrenzt. Und wir wollen zudem, dass sich jeder Aussteller auch an einer inhaltlichen Diskussion beteiligt.

Es werden also Verlage ausgeladen?
Wir ermuntern alle, sich zu bewerben und freuen uns über alle Interessenten. Aber wir wollen vor allem Raum für Innovatives, für neue Formate und neue Vertriebsformen schaffen. Unser Ziel ist es nicht, jedes Angebot eines Self-Publishers zu präsentieren. 

Ist die Bezeichnung Messe eher ein schönes Werbelabel für eine Veranstaltung, die doch eher Konferenzcharakter hat?
Wir betrachten uns als Ergänzung zu den traditionellen Messen. Auch in Frankfurt und Leipzig sind Gespräch und Austausch zentral. Doch Digitales ist dort leider eher Nebensache. Die E-Book-Verlage werden im Bereich Innovation oder unter der Überschrift "Neue Technologien" zusammengefasst. Digitale Verlage sind nie da, wo die Literatur ist. Aber genau dorthin wollen wir. Es geht darum, nicht länger vor allem technische Aspekte in den Vordergrund zu stellen, sondern inhaltliche und ästhetische.

Durch die Messe soll das E-Book stärker in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt werden. Ist es nicht längst im Zentrum des Interesses?
Ein Verlag wie Mikrotext wird von vielen Journalisten nach wie vor nicht als richtiger Verlag angesehen, der Name gern in Anführungsstriche gesetzt. Als ob es sich dabei nicht um einen echten Verlag handelte. Bei Suhrkamp oder Rowohlt käme niemand auf eine solche absurde Idee. Die Bücher, die in E-Book-Verlagen erscheinen, werden nur sporadisch rezensiert. Auch in traditionellen Verlagen wird das E-Book weiterhin stiefmütterlich behandelt. Da ist doch eher eine Blockadehaltung zu beobachten. Ein Beispiel hierfür ist die Preispolitik: Mit E-Books, deren Preise zwei oder drei Euro unter denen für gedruckte Bücher liegen, ermuntert man keine Leser zum Kauf. Und schließlich hat die von dem Gestalter Friedrich Forssmann angestoßene Diskussion gezeigt, wie viel Unwissenheit es noch gibt, mit welchen Pauschalisierungen um sich geworfen wird.

Forssmann hat sich über die Unzulänglichkeiten der E-Books, etwa in ästhetischer Hinsicht beklagt. Hat er da Unrecht?
Wir wollen mit der Electric Book Fair sichtbar machen, dass E-Books Qualitäten haben, die man bei gedruckten Büchern vergeblich sucht. Es gibt keine Lesebändchen im E-Book. Ja und? Stattdessen gibt es eine Textsuche. Umgekehrt gilt das genauso. Beide Formate ergänzen sich. Sie sollten nicht ständig gegeneinander ausgespielt werden.

Interview: Holger Heimann

 

Informationen

Die erste E-Book-Messe Deutschlands, die Electric Book Fair, findet am 21. Juni 2014 im Supermarkt, Brunnenstraße 64, 13355 Berlin, statt. Anmeldung für die Teilnahme und den Newsletter unter http://www.electricbookfair.de.

Die Electric Book Fair wird kuratiert von den Verlagen mikrotext.de, shelff.de, verlag.cfrohmann.com und der Gestalterin Andrea Nienhaus und gefördert vom Berliner Senat.

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