Interview mit Ralf Halfbrodt, Geschäftsführer der Westermann Gruppe

"Wachsende Komplexität"

21. März 2014
von Börsenblatt
Seit 1. März ist Ralf Halfbrodt alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Verlagsgruppe Westermann. Der studierte Wirtschaftsingenieur war zuletzt Geschäftsführer der Göttinger Tageblatt Mediengruppe. Im Interview mit boersenblatt.net erklärt er, was den Zeitungsmarkt mit dem Bildungsmedienmarkt verbindet und welchen Herausforderungen er sich stellen muss.

Sie sind als Geschäftsführer unter anderem des „Göttinger Tageblatts“ zum Bildungsmedienverlag Westermann gekommen. Was reizt Sie an der neuen Aufgabe?
Vieles. Die Herausforderungen dieser Branche, das heutige, beeindruckend vielfältige Produkt- und Leistungsportfolio des Unternehmens, die Qualität seiner Marken, seine Produkte, der gute Name... zusammengefasst: die sehr interessante Gestaltungsaufgabe, die Westermann-Gruppe auf der Basis der fantastischen bisherigen Entwicklung in eine langfristig gute Zukunft zu führen. 

Welche Ihrer Erfahrungen und Kenntnisse aus dem Zeitungsgeschäft sind Ihnen jetzt besonders nützlich?
Die Grundparameter wirtschaftlich erfolgreichen Handelns sind für das Management dieselben: rückläufige Märkte, das sich seit Jahren zunehmend ändernde Mediennutzungsverhalten, die immer differenzierteren Kundenwünsche, der technologische Fortschritt und der – teilweise marktseitig getriebene – Innovationsdruck, die zunehmende Digitalisierung des gesamten Lebensumfelds und die aus allem resultierende, wachsende Komplexität. Insofern bringe ich einige Jahre Berufserfahrung in vergleichbarer Komplexität mit, und zwar aus dem Zeitungs-, dem Zeitschriften-, dem Buchverlagsbereich, aber auch aus Servicebereichen und der Druckindustrie. Sehr helfen wird mir der Erfahrungsschatz speziell aus dem Lesermarkt.

Wo sehen Sie da Parallelen zum Bildungsmarkt?
Sich ändernde Lesegewohnheiten, digitale Mediennutzung, Sprach- und Lesekompetenzverlust, rückläufige Leserzahlen – das sind im Zeitungsgeschäft wie im Bildungsmarkt die aktuellen Orientierungsgrößen. Daraus müssen wir die richtigen Strategien ableiten.

Wie wollen Sie Westermann mittelfristig positionieren? In welchen Bereichen wollen Sie Akzente setzen?
Das zu beantworten ist zu früh. Ich denke, wir haben eine gute Position.

Was ist jetzt Ihre vordringlichste Aufgabe?
Das Unternehmen, die Mitarbeiter und den Bildungsmarkt kennenzulernen.

Die Verlagsgruppe Westermann besteht mittlerweile aus 13 verschiedenen Marken – denken Sie auch über Vereinheitlichungen und Zusammenführungen nach?
Nein, aktuell nicht.

Wie sieht etwa die Zukunft des Kölner Bildungsverlags Eins und des Schöningh-Verlags in Paderborn aus?
Gut!

Dann stehen keine Rationalisierungen an?
Sehr viele Anpassungen wurden bereits zu früher Zeit vorgenommen, deshalb sehen wir uns gut gewappnet. Wichtige Weichen sind gestellt, indem etwa neue Technologien mit höherer Produktivität eingesetzt werden, der Workflow sicherer gestaltet und beschleunigt und das Leistungsspektrum ausgeweitet wurden. Und bei den beiden Verlagen Bildungsverlag Eins und Schöningh, die nicht in Braunschweig angesiedelt sind, werden Synergien schon umfänglich genutzt.

Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft des Schulbuchgeschäfts aus?
Pauschal: verstärkt digital. Wie in den meisten weiteren Feldern der Medienbranche wird auch das Schulbuchgeschäft dadurch geprägt sein, für neue Lern- und Arbeitsformen immer mehr digitale Medien bereit stellen zu müssen.