Börsenverein: Frühjahrssitzung des Sortimenter-Ausschusses

"Unverzichtbare Grundlage für die Metadatenbank"

3. März 2015
von Börsenblatt
Am Vormittag hat der Sortimenter-Ausschuss des Börsenvereins seine Stellungnahme zur geplanten Metadatenbank der Branche und zu den Empfehlungen der entsprechenden Taskforce formuliert. Die Stellungnahme der Buchhändler im Wortlaut - und die Diskussion im Ausschuss.

Zu den einzelnen Metadatenbankmodulen äußert sich der Sortimenter-Ausschuss wie folgt:

 

Datenqualität

Der Sortimenter-Ausschuss begrüßt die von der Taskforce und der MVB formulierten Maßnahmen zur Verbesserung der Datenqualität und korrekten Lieferbarkeitsinformationen im VLB als unverzichtbare Grundlage für die Metadatenbank.

Die Ausführungen der Taskforce werden als sehr zielführend erachtet.

Eine engmaschige Lieferbarkeitskontrolle ist Grundvoraussetzung für gute Datenqualität. Wenn sich Titel, gerade bei der Bibliografie durch Buchhändler, als nicht lieferbar herausstellen, müssen sie mittels eines automatisierten Prozesses als „Lieferbarkeit ungewiss“ gekennzeichnet werden, bis der verantwortliche Verlag das Gegenteil an die VLB-Redaktion vermeldet.

Bewertungsdatenbank

Eine Bewertungsdatenbank ist ein wichtiges Verkaufs- und Kundenbindungsinstrument für Buchhandlungen und Verlage.

Eine Rezensionsdatenbank steht und fällt mit einer kritischen Masse an Bewertungen.

Der Sortimenter-Ausschuss hält es daher für unabdingbar, alle relevanten Marktteilnehmer, insbesondere auch die größeren Buchhandelsunternehmen und die Betreiber der White-Label-Shops, für eine aktive Mitwirkung zu gewinnen.

Die Kostentragung soll abhängig von der tatsächlichen Nutzung dieser Daten erfolgen, eine pauschale Gebühr, wie sie die Taskforce in Modell 1 vorsieht, wird abgelehnt.

Die MVB soll beauftragt werden, ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept zu entwickeln, das die Akzeptanz aller profitierenden Nutzer findet. 

Digitale Verlagsvorschau

Der Sortimenter-Ausschuss unterstützt die Entwicklung von digitalen Verlagsvorschauen. Der digitale Vorschauservice wird als Möglichkeit der Optimierung des Wareneinkaufs gesehen.

Der Sortimenter-Ausschuss erachtet es als notwendig, dass die verwendeten Daten (auch Auftragsdaten) über eine entsprechende Schnittstelle sowohl in die Warenwirtschaftssysteme der Buchhandlungen als auch der Verlage / Verlagsauslieferungen eingebunden werden.

Die Diskussion im Sortimenter-Ausschuss

Im Vorfeld dieser Stellungnahme debattierte der Ausschuss besonders intensiv über die Bewertungsdatenbank für den unabhängigen Buchhandel, die zusammen mit der Metadatenbank aufgebaut werden soll. MVB-Geschäftsführer Ronald Schild beschrieb in einer ausführlichen Präsentation des gesamten Metadatenbankprojekts die Bedingungen für eine solche Datenbank, die Buchrezensionen von Buchhändlern und ihren Kunden bündeln und für alle Teilnehmer zugänglich machen soll:

  • Das Projekt sei nur sinnvoll, wenn eine nennenswerte Zahl von Besprechungen vorliege. Als Maßgabe nannte Schild 50 neue Rezensionen pro Tag und etwa 350 Buchhandlungen, die sich in einem ersten Schritt beteiligen müssten.
  • Der Buchhandel müsse die Kosten für eine solche Bewertungsdatenbank stemmen können und wollen. In den Empfehlungen der Taskforce ruht die Finanzierung dieses Metadatenbank-Bausteins auf den Schultern des Sortiments.


Der Sortimenter-Ausschuss allerdings sah bei der Finanzierung durchaus auch die Verlage in der Pflicht – etwa, wenn sie auf den Bewertungspool zugreifen möchten. Verlage, die Rezensionen aus der Datenbank nutzen wollten, könnten dann einen bestimmten Betrag pro Bewertung zahlen, schlug Börsenvereinsvorsteher und Osiander-Chef Heinrich Riethmüller vor.

Einig war sich die Runde außerdem darin, dass die Bewertungsdatenbank mit der Menge der Rezensionen steht und fällt. Selbst 18.000 Bewertungen im Jahr würden bei der Masse der im VLB gemeldeten Titel kaum ins Gewicht fallen – erst recht nicht im Vergleich zum großen Konkurrenten Amazon, gab nicht nur René Kohl (Kohlibri) zu bedenken.

Harmut Falter (Mayersche) berichtete, dass es nach seinen Erfahrungen schwer sei, Kundenrezensionen einzuwerben. Die Mayersche bringe die Bewertungen, die sie von Buchhändlern und Kunden habe, jedoch gern in das Projekt ein. "Um wahrgenommen zu werden, müssten wir uns alle zusammentun. Damit stehen wir im Grunde genommen vor der selben Frage wie beim Thalia/Weltbild-Reader Tolino", so Falter. Ähnlich argumentierte der Vorsitzende des Sortimenter-Ausschusses, Thomas Wrensch (Buchhandlung Graff, Braunschweig): "Letztlich müssen wir alle über unseren Schatten springen, sonst kriegen wir die Bewertungsdatenbank nicht".

Ebenfalls ein wichtiges Thema im Ausschuss: Die digitale Vorschau als weiteres Teilprojekt der Metadatenbank. Sie soll von den Verlagen finanziert werden und dem Buchhandel die Neuerscheinungen beispielsweise warengruppenübergreifend oder nach ABC-Verlagen sortiert anzeigen, mit integrierter Bestellfunktion und vielen weiteren Zusatzelementen wie Videos oder aktuellen Lesereise-Terminen.

Über die blätterbaren PDF-Dateien, die viele Verlage bereits anbieten würden, gehe ein solches Projekt weit hinaus, erläuterte MVB-Chef Ronald Schild bei der Sitzung. Manfred Keiper (die andere buchhandlung, Rostock) formulierte seine Anforderung an das Projekt so: „Ich will 80 Prozent meines Einkaufs in 20 Prozent der Zeit erledigen“. Für den Buchhandel gehe es auch darum, effizienter zu arbeiten und damit seine wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Klare Schnittstellen-Absprachen mit den Warenwirtschaftssystemen im Handel sind für den Sortimenter-Ausschuss deshalb eine zentrale Anforderung an den digitalen Vorschauservice. „Wir brauchen ein System, das einen lückenlosen Datenfluss zwischen Buchhandlung und Verlag sicherstellt“, betonte Detlef Büttner (Lehmanns Media). Sandra Schüssel, die das Metadatenbankprojekt als Produktmanagerin der MVB mitsteuert, signalisierte, dass bereits Gespräche mit großen Verlagsgruppen, aber auch mit den buchhändlerischen Verbünden über die Anforderungen an das Projekt und die Schnittstellen geplant seien.

Aufmerksamkeitsschub fürs stationäre Sortiment

Weitere Themen der Ausschuss-Sitzung waren die Pläne der Kulturstaatsministerin, den unabhängigen Buchhandel mit Förderprogrammen zu unterstützen – und ein Imagewandel des Sortimentsbuchhandels, den Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis in der Berichterstattung der Medien ausgemacht hat. Nicht zuletzt die Presse- und TV-Berichte rund um die Leipziger Buchmesse hätten gezeigt, dass die positive Aufmerksamkeit für das stationäre Sortiment noch nie so groß gewesen sei wie derzeit, so Skipis. Auf dieses Phänomen zahle auch die "Vorsicht Buch!"-Kampagne ein.

Nicht von ungefähr schneide das Sortiment seit Monaten bei der Umsatzentwicklung besser ab als der gesamte Vertriebsweg Buchhandel – während Amazon für Negativschlagzeilen sorge. Skipis' Appell an die Buchhändler: Die Lokalpresse für die eigenen Themen sensibilisieren und die Gunst der Stunde nutzen. "Wir sollten auf der Welle surfen – dann wird sie auch noch größer".