Voland & Quist will Berufung im „Wanderhurenstreit“ einlegen

Kriegskasse per Crowdfunding

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Der Independent-Verlag Voland & Quist gibt sich nicht geschlagen: Der Verlag will ab nächster Woche per Crowdfunding Geld für den Prozess einsammeln und kündigt an, im „Wanderhurenstreit“ in Berufung gehen zu wollen.

Voland & Quist will gegen die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf Berufung einlegen, die dem Verlag verbietet, in einem Buchtitel das Wort „Wanderhure" zu verwenden. Ab dem 14. April will Voland & Quist im Internet Geld einsammeln: Die mit der Berufung verbundenen Kosten kann der Independent-Verlag alleine nicht stemmen, darum soll über eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext die Kriegskasse gefüllt werden.

 

Teuer Streitfall Die Kosten des Rechtsstreits mit Droemer Knaur belaufen sich für Voland & Quist nach eigener Aussage bislang auf über 10.000 Euro. Die zusätzlichen Kosten für die zweite Instanz beziffert der Verlag mit rund 12.500 Euro. „Zahlreiche Kollegen aus der Buchbranche, befreundete Autoren und Leser haben bereits ihre Unterstützung zugesagt", zeigt sich der Indie-Verlag selbstbewusst.

Der Verlag Droemer Knaur hatte gegen den Titel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure" am 27. März eine einstweilige Verfügung erwirkt. Der mit diesem Titel versehene satirische Kurzgeschichtenband von Julius Fischer darf nach Abverkauf der ersten Auflage nicht weiter vertrieben werden.

Urteilsbegründung mit Schwächen?Dem Landgericht Düsseldorf erschien es in der Urteilsbegründung „nicht fernliegend, dass der Verkehr, der sich nicht mit dem Inhalt des Werks beschäftigt hat, den Titel wörtlich nimmt und tatsächlich davon ausgeht, er diene der Kennzeichnung eines Werks, welches sich auf der Grundlage der bei Droemer verlegten Romane mit der Beschreibung von Wanderwegen befasse, zumal die Titelfigur als ‚Wanderhure' umherzieht." Das Gericht befand weiter, „die Freiheit der Kunst [habe] hinter das durch das Eigentumsgrundrecht und einfachgesetzlich durch §§5,15 MarkenG geschützte Recht der Antragstellerin an ihren Werktiteln [zurückzutreten]".

Voland & Quist-Anwalts Raphael Thomas sagte: „Die Begründung des Urteils ist eine Zumutung, da sie die sich stellenden Fragen nur oberflächlich anreißt und auf zentrale Fragen keine fundierten Antworten gibt. Das Landgericht Düsseldorf verlangt für dieses Urteil über 3.078 Euro Gerichtskosten. Für diesen Betrag hätte ich mir wenigstens eine vernünftige Begründung eines für die gesamte Verlagsbranche nicht unbedeutenden Urteils gewünscht. Ich hoffe, dass wir – sollten wir auch in der Berufung keinen Erfolg mit unserer Rechtsposition erringen – wenigstens eine brauchbare Begründung für das gerichtlich angeordnete Satireverbot erhalten. Wenn das Gericht schon keinen Spaß versteht, dann möge es bitte wenigstens das nächste Urteil mit der gebotenen Ernsthaftigkeit verfassen. Schließlich zahlt Voland & Quist allein dafür weitere 4.104 Euro Gerichtskosten an das Oberlandesgericht Düsseldorf."

Die Verlagsleiter Leif Greinus und Sebastian Wolter haben in der Urteilsbegründung eine Schwachstelle entdeckt: Den Titel „Die Wanderhure" sollen nicht die Autoren Iny Lorentz erfunden haben: Schon im Jahr 1759 sei in Italien ein Buch mit dem Titel „La Puttana Errante" erschienen sein - zu Deutsch: „Die Wanderhure".

Update: Auf Antrag des Börsenblatts wurde das Urteil am Landgericht Düsseldorf vom 27. März im Wanderhurenstreit nun veröffentlicht.