Neue Spielregeln für Webshops - Checkliste der Börsenvereins-Rechtsabteilung

Komplexe Regeln im Netz

12. Mai 2014
von Börsenblatt
Das neue Recht für Webshops bringt zum Stichtag 13. Juni 2014 zahlreiche Änderungen mit sich. Worauf Betreiber achten müssen – eine Checkliste der Börsenvereins-Rechtsabteilung. Die Vorschriften sind komplex und auch für Juristen teilweise nur schwer zu durchdringen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ändert sich im Detail?Die Änderungen betreffen vor allem das den Verbrauchern zustehende Widerrufsrecht. Es gilt eine einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen. Das bisherige Rückgaberecht gibt es nicht mehr. Die unzulässige Vermengung von Widerrufs- und Rückgaberecht durch die Händler war häufig Gegenstand von Abmahnungen. Insofern wird es hier weniger Verwirrung geben.

Außerdem muss der Kunde seinen Widerruf ausdrücklich erklären; bislang reichte die bloße Rücksendung der Ware, ohne eine entsprechende Rücktrittserklärung. Ausdrücklich heißt aber nicht, dass der Kunde – wie bisher – seinen Widerruf nur in Textform aussprechen kann, sondern bedeutet, dass er auch mündlich, etwa im Rahmen eines Telefonats, widerrufen kann. Händler sind zudem verpflichtet, dem Kunden ein einheitliches Widerrufsformular zur Verfügung zu stellen.

Neu ist auch, dass ein Widerrufsrecht für digitale Inhalte, also auch für E-Books, ausdrücklich vorgesehen ist. Dieses kann unter bestimmten Voraussetzungen zum Erlöschen gebracht werden.

Weitere Änderungen betreffen die Versandkosten: Der Händler ist nicht mehr verpflichtet, im Falle des Widerrufs bei den Hinsendekosten solche Kosten zu übernehmen, die über den Standardversand hinausgehen – etwa weil der Kunde eine Expresslieferung gewünscht hat. Die Kosten der Rücksendung der Ware muss der Kunde bei einem Widerruf nun selbst tragen, sofern er über diese Folge ordnungsgemäß belehrt worden ist. Bisher konnten die Rücksende­kosten nur dann dem Kunden auferlegt werden, wenn der Preis der zurückzusendenden Ware mehr als 40 Euro betragen hat.

Wann müssen die Änderungen im Webshop vorgenommen werden?Die Änderungen müssen am 13. Juni 2014 umgesetzt werden. Eine Übergangsfrist gibt es nicht. Händler, die die neue Rechtslage ab diesem Stichtag nicht beachten, müssen mit kostenpflichtigen Abmahnungen rechnen. Das bedeutet, dass die Änderungen am 13. Juni ab 0.00 Uhr erfolgen müssen – keinesfalls früher, denn das neue Recht gilt erst ab dann.

Was müssen Händler bei der Umsetzung der Richtlinie beachten?Auf Händler, deren Webshop bisher den gesetzlichen Vorgaben entsprach, kommen keine größeren technischen Änderungen zu. Der Programmierungsaufwand dürfte dann wohl eher gering sein.

Vor allem müssen Händler die neue (gesetzliche) Widerrufsbelehrung zum Stichtag in ihren Webshop einpflegen. Da es auch das Widerrufsrecht für E-Books gibt, ist hier gegebenenfalls neben der Widerrufsbelehrung für Waren, ­also für gedruckte Bücher, eine ­eigene Widerrufsbelehrung für E-Books bereitzustellen. Möchte der Händler, dass das Widerrufsrecht für E-Books erlischt, wäre eine ­eigene Check-Box auf der abschließenden Bestellseite einzurichten. Mit dieser kann der Kunde seine Zustimmung zum Beginn der Vertragsdurchführung vor Ablauf der Widerrufsfrist erklären und zugleich bestätigen, dass er damit sein Widerrufsrecht verliert.

Auch in den AGB sind teilweise Änderungen erforderlich. So entfällt etwa die bisherige »40-Euro-Klausel«, die man darin zwingend aufzunehmen hatte.

Gibt es umstrittene Punkte, die größeren technischen Aufwand bedeuten können?Nicht alles in den neuen gesetzlichen Regelungen erschließt sich auf Anhieb. Der Gesetzgeber hat etwa angeordnet, dass der Unternehmer dem Verbraucher »den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss«, anzugeben habe. Hierunter kann man einerseits verstehen, dass ein vom Kunden – wie bisher – selbst zu errechnender Termin ausreichend ist. Andererseits kann dies aber auch so verstanden werden, dass ein konkretes Lieferdatum genannt werden muss, zum Beispiel »Lieferung am 25. Juli 2014«.

Folgt man dieser strengen ­Gesetzesauslegung, müsste das Shopsystem so programmiert werden, dass nicht mehr – wie bisher – ein Lieferzeitraum (»Lieferung erfolgt innerhalb von drei Werktagen«) angegeben wird, sondern bei jeder Bestellung und für jeden Artikel ein konkretes Datum genannt wird.

Die bisherigen Stellungnahmen der Juristen dazu sind uneinheitlich. Nach Auffassung der Rechtsabteilung des Börsenvereins sprechen die besseren Gründe dagegen, dass ein konkretes Lieferdatum anzugeben ist und wir gehen davon aus, dass nach wie vor die Angabe eines Lieferzeitraums ausreichend ist. Hier wird man die Entwicklung in der Rechtsprechung im Auge behalten müssen.

Auch das gesetzliche Muster der Widerrufsbelehrung ist nicht einfach zu handhaben. Wie bisher stellt der Gesetzgeber einen Mus­tertext zur Verfügung, den ein Händler auf die spezifischen Belange seines Shops anpassen muss. Hält er sich dabei wortgetreu an das Muster, ist er von Abmahnungen in Sachen Widerrufs­belehrung geschützt.

Die Anpassung des Musters an die individuellen Gegebenheiten eines Shops gestaltet sich allerdings sehr schwierig, weil unterschiedliche Belehrungen zu erteilen sind. Abhängig unter anderem davon, ob eine Bestellung durch mehrere Lieferungen oder durch eine ausgeführt wird, ob der Kunde die Kosten der Rücksendung im Falle des Widerrufs zu tragen hat, ob der Widerruf elektronisch über die Website erklärt werden kann oder ob auch E-Books veräußert werden etc.

Hier sind, grob überschlagen, mindestens 50 unterschiedliche Belehrungen möglich. Manche Shopbetreiber – vor allem diejenigen mit einem großen und unterschiedlichen Warenangebot – werden sicherlich dazu übergehen, hier je nach Bestellung dem Kunden jeweils entsprechend angepasste und damit unterschiedliche Widerrufsbelehrungen anzuzeigen, die Belehrungen also im Bestellprozess dynamisch anzupassen.

Teilweise wird aber wohl auch der gesetzliche Mustertext insofern ­eigenmächtig geändert, als dort in einem Formular mehrere Liefer­modalitäten berücksichtigt werden. Für den Buchhandel gehen wir davon aus, dass dies nicht unbedingt nötig sein wird. Der typische Fall wird eher der sein, dass eine einheitliche Bestellung durch eine Lieferung (also ein Paket) ausgeführt wird. Dementsprechend haben wir unsere Vorschläge für die Widerrufsbelehrung angepasst und differenzieren dabei nur zwischen der Bestellung gedruckter Bücher (im Rahmen einer einheitlichen Bestellung, die durch eine Lieferung ausgeführt wird) und E-Books, für die wir jeweils getrennte Belehrungen empfehlen.

Das Wichtigste auf einen Blick

Widerrufsfrist: Einheitlich 14-tägige Widerrufsfrist.Kein Rückgaberecht mehr: Nach bisherigem Recht konnte das Widerrufsrecht durch ein Rückgaberecht ersetzt werden. Das Rückgaberecht gibt es nicht mehr. Widerrufserklärung: Bloße (kommentarlose) Rücksendung der Ware gilt nicht mehr als Widerruf. Kunde muss seinen Widerruf ausdrücklich erklären. Widerrufserklärung auch mündlich möglich.Widerrufsformular: Ein einheitliches Widerrufsformular muss zur Verfügung gestellt werden.Kosten der Hinsendung: Die regulären Kosten der Hinsendung der Ware zum Kunden ( Standardversand) trägt der Händler, jedoch keine Erstattung mehr von Express-, Nachnahmezuschlägen o. Ä. an den Kunden nach Widerruf.Kosten der Rücksendung: Nach Widerruf trägt der Kunde die Kosten der Rücksendung der Ware an den Händler.Kaufpreis-Rückerstattung: Kaufpreis muss dem Kunden erst erstattet werden, wenn der Händler die Ware zurückerhalten hat beziehungsweise wenn der Kunde die Rücksendung der Ware nachweislich veranlasst hat.Abwicklung des Widerrufs: Kaufpreis und Ware sind jeweils spätestens innerhalb von 14 Tagen zurückzuerstatten beziehungsweise zurückzusenden. Widerrufsrecht für E-Books: Im Gesetz vorgesehen, kann aber unter bestimmten Voraussetzungen zum Erlöschen gebracht werden.

Die Rechtsabteilung des Börsenvereins hat die Gesetzesänderungen aufbereitet und Merkblätter sowie Mustertexte aktualisiert. Alle Unterlagen können von den Mitgliedern heruntergeladen werden unter boersenverein.de oder über die Rechtsabteilung geordert werden (rechtsabteilung@boev.de).