Bezogen auf die Gesamtumsätze liegt der durchschnittliche Anteil der Media-Umsätze bei 29 Prozent. 66 Prozent entfallen auf Elektronik und andere Handelswaren, und fünf Prozent auf Sonstiges. Im internationalen Geschäft von Amazon (außerhalb Nordamerikas) sieht der Umsatz-Mix jedoch deutlich anders aus: Hier machen die Media-Umsätze rund 36,6 Prozent der Gesamtumsätze aus. Ermittelt man auf dieser Grundlage den Media-Anteil für Deutschland, kommt man geschätzt auf 3,86 Milliarden Dollar – das entspricht rund 2,8 Milliarden Euro. Auf rund 1,9 Milliarden Euro (so die Zahl des Versandbuchhändler-Verbands) käme man, wenn man einen Buchhandelsanteil von etwa zwei Dritteln zugrunde legt. Ob diese Annahme aber noch zutrifft, ist fraglich, wenn man bedenkt, dass Amazon sein buchfernes Mediengeschäft (Video-on-Demand, Videostreaming, Musik-Downloads usw.) ausgebaut hat.
Eine weitere Grundlage für die Umsatzschätzungen der Versandbuchhändler sind Befragungen der Mitgliedsverlage, die zum Teil relevante Umsätze über Amazon.de generieren. Wie Christian Russ, Geschäftsführer des Bundesverbands, erläutert, seien die Umsätze der Verlage über Amazon auch 2013 gestiegen, allerdings nicht mehr in dem Maße wie 2012. Die Einschätzung anderer Unternehmen, dass die Umsätze stagnierten, teilen viele Mitgliedsverlage jedoch nicht. „Die von uns befragten Verlage schätzen, dass ihr Umsatz mit Amazon 2013 zwischen sechs und acht Prozent gestiegen ist“, sagt Russ.
Auffällig in der Versandbuchhandels-Bilanz ist, dass laut Bundesverband der Anteil des übrigen Online-Buchhandels gesunken sein soll (von 550 Millionen Euro 2012 auf 400 Millionen Euro 2013), obwohl ausdrücklich die Umsätze der „Marktplätze“ auf Amazon.de einbezogen wurden. Diese fallen allerdings nur zum Teil unter die Kategorie „Buchhandel“. Denn viele Angebote auf dem Market Place stammen von Privatverkäufern, die per se nicht unter die Kategorie „buchhändlerisches Unternehmen“ fallen. Zudem werden die Umsätze auf den Marktplätzen, unabhängig davon, wer sie generiert, aufgeteilt: 30 Prozent der Verkaufserlöse fließen an Amazon, 70 Prozent an der Verkäufer. Nimmt also der Buchumschlag auf den Marktplätzen zu, steigen die Provisionseinnahmen bei Amazon – unter Umständen stärker als die „reinen“ Amazon-Umsätze, die an die Verlage gemeldet werden.
Wie valide also die Schätzung des Bundesverbands der Versandbuchhändler ist, lässt sich nicht abschließend beantworten. Die Frage ist, auf welcher Datenbasis man die Umsätze ermittelt, und welche Annahmen diesem Vorgehen zugrunde liegen.
Auch die Schätzung, dass der Anteil des übrigen Online-Versandbuchhandels deutlich zurückgegangen sei, hätte nur insoweit Aussagekraft, als sie den gesamten E-Commerce-Anteil des deutschen Sortiments abbildet.
Was nach dieser Analyse bleibt, ist immerhin die Vermutung, dass der Online-Buchhändler Amazon den unmittelbar konkurrierenden Online-Buchhandelsplattformen das Leben schwer macht und ihnen möglicherweise Marktanteile abgenommen hat.
Michael Roesler-Graichen