Arbeitsbedingungen bei Amazon in der Kritik

Gewerkschafter aus fünf Ländern beraten sich in Berlin

3. Juli 2014
von Börsenblatt
Vertreter von Gewerkschaften aus Deutschland, Polen, Tschechien, Großbritannien und den USA tagen derzeit in Berlin, um gemeinsam zu beraten, wie der Kampf für höhere Einkommen und bessere Arbeitsbedingungen beim Versandhändler Amazon grenzübergreifend koordiniert werden kann.

Die Tagung ist nicht öffentlich. Zur Sprache kommen dürfte die Ausweitung von Streiks nach deutschem Muster auf mehrere europäische Standorte. Das Treffen findet auf Einladung der internationalen Gewerkschaftsdachverbände UNI Global Union und der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) statt.

„Amazon expandiert weltweit und die Konflikte gleichen sich", sagt Alke Bössiger, Abteilungsleiterin UNI Handel. Das Unternehmen verweigere seinen Beschäftigten die Anerkennung von Tarifrechten, zahle niedrige und willkürlich festgesetzte Löhne, biete stark gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und weigere sich grundsätzlich, Gewerkschaften als Verhandlungspartner anzuerkennen.

Die internationale Solidarität und grenzübergreifende Vernetzung von Gewerkschaften sei ein „wichtiges Signal an Amazon" und eine wesentliche Voraussetzung, um für die Beschäftigten in Deutschland und an anderen Standorten bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen, so Stefanie Nutzenberger, Verdi-Bundesvorstandsmitglied für den Handel. Mehrfach hat es bereits Besuche von Verdi bei den Kollegen im Ausland gegeben, etwa in Polen, den USA und Frankreich.

In Deutschland kämpfen Beschäftigte, die sich in ver.di organisiert haben, seit Frühjahr 2013 für Tarifbindung und damit existenzsichernde Einkommens- und bessere Arbeitsbedingungen. Amazon weigert sich bisher, Tarifverhandlungen aufzunehmen, bietet nur „Gespräche" an und orientiert sich bei der Höhe der Löhne an der Logistikbranche. An den Amazon-Standorten Leipzig (Sachsen), Bad Hersfeld (Hessen), Graben (Bayern) und Rheinberg (NRW) haben darum mehrfach Hunderte von Beschäftigten gestreikt, zuletzt gleichzeitig an bis zu drei Standorten. Amazon unterhält in Deutschland acht Versandzentren mit rund 9.000 Arbeitnehmern.

Mit dem Verweis darauf, man sei ein Logistikunternehmen und kein Unternehmen des Einzel- und Versandhandels, versucht Amazon laut Verdi in Deutschland die Zahlung von geringeren Einkommen zu rechtfertigen. Dass es anders geht, zeige Italien: Dort wende Amazon an einem Standort in Piacenza (Emilia Romagna) den Tarifvertrag des Einzelhandels an. Das Unternehmen ist in Italien dazu verpflichtet, einen der existierenden Branchen-Tarifverträge anzuerkennen – und hat sich explizit für den Tarifvertrag des Einzelhandels entschieden, der eine höhere Entlohnung als in der Logistik vorsieht.