Verhandlungen mit Paragon gescheitert

Droege ist neuer Investor bei Weltbild

16. Juli 2014
von Börsenblatt
Weltbild soll als Ganzes erhalten erhalten bleiben: In einer Betriebsversammlung hat der Insolvenzverwalter der Verlagsgruppe Weltbild, Arndt Geiwitz, heute die Mitarbeiter darüber informiert, dass er die Verhandlungen mit Paragon ohne Einigung beendet hat. Mit der Düsseldorfer Droege Group, nach eigenen Angaben "Spezialist für Restrukturierungen zur Steigerung des Unternehmenswertes", stellte Geiwitz einen neuen Investor vor. Der Gläubigerausschuss hat der übertragenden Sanierung zugestimmt; Weltbild wird eine neue Geschäftsführung erhalten, zudem wird ein Beirat gebildet.

Die Droege International Group AG war laut Patrick Hacker, dem Sprecher von Arndt Geiwitz, einer der zahlreichen Interessenten an Weltbild und ist von Anfang an mit eigenem Konzept im M&A-Prozess gewesen. Geiwitz zufolge wird die Droege Group eine Kapitalerhöhung bei Weltbild zeichnen (die "Augsburger Allgemeine" nennt eine Summe von 20 Millionen Euro, die Droege einbringen wolle) und mit einem Anteil von 60 Prozent die unternehmerische Führung übernehmen. Stellvertretend für die Gläubiger der Verlagsgruppe will Geiwitz die verbleibenden Anteile von 40 Prozent halten. Das Joint Venture zwischen Insolvenzverwalter Geiwitz und dem Familienunternehmen Droege Group soll den Gläubigern "die Chance geben, am Mehrwert der unternehmerischen Leistung zu partizipieren". Über den Kaufpreis wurden auch auf Nachfrage keine Angaben gemacht.

Walter P.J. Droege, Vorstand und Gründer der Droege Group, sieht in Weltbild "mit seinen Marken, dem treuen Kundenstamm und der Präsenz im stationären-, Versand- und Online-Kanal eine gute Basis, um sich zu einem leistungsstarken Multikanal-Anbieter zu entwickeln". Dazu gehört nach Droege "maximale Kundenorientierung und leidenschaftliche Teamarbeit". Droege und Geiwitz verzichteten auf einen Vorvertrag und haben einen Notar-Termin für den finalen Vertragsabschluss vereinbart: "Wir sind uns handelseinig und inhaltlich absolut beieinander", so Droege. Nach Geiwitz-Sprecher Patrick Hacker will sich Droege bei Weltbild "langfristig engagieren". Wie die "Augsburger Allgemeine" wissen will, soll der notarielle Kaufvertrag bis Ende nächster Woche unterzeichnet werden.

Seit April Trendwende beim Umsatz erkenbar
Insolvenzverwalter Geiwitz verteidigte seine im Februar mit Beratern von Roland Berger entwickelte Strategie, Weltbild als Ganzes zu erhalten: "Das Konzept Weltbild 2.0 ist betriebswirtschaftlich sinnvoll, es zeigt erste Erfolge und wird daher konsequent weiter fortgesetzt." Die Anfang Juli kommunizierten Zahlen zum vergangenen Geschäftsjahr hatten Geiwitz darin bestätigt: Zum Ende des Geschäftsjahrs lag der Umsatz mit 610 Millionen Euro über den Planzielen. Das Geschäftsergebnis war noch plangemäß im Minus, allerdings sei seit April 2014 eine nachhaltige Trendwende erkennbar.

Keine Massenentlassungen
Bei der Tochtergesellschaft Weltbild Plus werden die bereits begonnenen Schließungen von 53 Filialen weiter umgesetzt. Über die Zukunft rund 20 weiterer defizitärer Verkaufsstellen wird, wie im Sanierungsplan vorgesehen, aktuell zwischen Management, Sachwalter und Gesamtbetriebsrat von Weltbild Plus verhandelt. Darüber sei keinesfalls etwas entschieden worden, sondern es sei nur als Möglichkeit im Gespräch, sagte Geiwitz während der Pressekonferenz in Augsburg. Sollte es zu Schließungen kommen, würden betroffene Mitarbeiter auf andere Filialen in der Nähe des aufgegebenen Standorts verteilt. Über die Restrukturierung will er in den nächsten Wochen mit Betriebsrat und ver.di verhandeln; einer durchdachten und nachhaltigen Restrukturierung werde weder der Betriebsrat noch die ver.di im Wege stehen, erklärte Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck.

Massenentlassungen seien mit ihm nicht zu machen, betonte Geiwitz, wenn es noch zu Entlassungen kommen sollte, würden sie unter 50 für die gesamte Verlagsgruppe bleiben. Laut ver.di Augsburg war in der Betriebsversammlung bei den rund 1.000 Mitarbeitern große Erleichterung zu spüren, auch schon bei der Ankündigung des neuen Investors gab es spontanen Beifall.

Keine Einigung mit Paragon über die strategische Ausrichtung
Der Betriebsratsvorsitzende Peter Fitz hatte Paragons Forderungen bei den Verhandlungen als zunehmend unverschämter empfunden. Neben einem rein profitorientierten Personalabbau habe Paragon auch ein hohes Misstrauen gegenüber den Weltbild-Führungskräften signalisiert. "Aber wir sind der Meinung, dass es erfahrene und bewährte Leute braucht, um wieder nach vorn zu kommen," sagte Fitz und vermisste eine langfristige Planung: "Paragon wollte uns nach zwei Jahren mit möglichst großem Profit weiterverkaufen, die Belegschaft braucht aber eine Perspektive für die nächsten 20 Jahre."

Insolvenzverwalter Geiwitz und Finanzinvestor Paragon Partners hatten die Verhandlungen über einen gemeinsamen Einstieg als Gesellschafter des Unternehmens ohne Einigung beendet. Geiwitz wollte auf ausufernde Forderungen nicht mehr eingehen, auch der geplante massive Personalabbau war nicht in seinem Sinne. Je weiter die Verhandlungspartner in den Detailplanungen vorankamen, desto deutlicher wurden die Unterschiede, wie Weltbild künftig strategisch, operativ und finanziell aufgestellt werden sollte. Ein vor wenigen Tagen von Paragon vorgelegtes, geändertes Angebot hatte die Situation nicht verändert.

Zur Droege International Group AG
Droege International Group AG (1988 gegründet) ist ein unabhängiges Beratungs- und Investmenthaus, das seit mehr als 25 Jahren als "Spezialist für maßgeschneiderte Restrukturierungs- und Wachstumsprogramme mit dem Ziel der Steigerung des Unternehmenswertes" fungiert. Sie tätigt Direct Investments mit Eigenkapital in Konzerntöchter und mittelständische Unternehmen in „Special Situations“. Ziel ist es laut Droege, die Beteiligungen langfristig im Portfolio zu halten und über Buy & Build-Strategien weiterzuentwickeln.

Das vollständig in Familienbesitz befindliche Unternehmen bietet neben dem Erwerb von Unternehmen das gleiche unternehmerische Spektrum als Dienstleister und "Partner auf Zeit" im Rahmen von Mehrwertbeteiligungen. Es ist in mehr als 30 Ländern operativ aktiv und wird nach eigenen Angaben in diesem Jahr einen Umsatz von rund 8,2 Milliarden Euro generieren.