Börsenverein: Das Forum Zukunft auf der Frankfurter Buchmesse

"Wir wollen neue Denkräume öffnen"

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Wie lassen sich E-Books in Szene setzen? Dazu hat der Börsenverein einen Ideenwettbewerb ausgelobt. Die Ergebnisse sind auf der Buchmesse zu besichtigen - auf einer Fläche in Halle 3.1. Dorothee Werner vom Forum Zukunft über die neue Arena fürs Digitale.
Einen Ideenwettbewerb über die Crowdsourcing-Plattform Jovoto auszuloben war für das Forum Zukunft vom Börsenverein ein Experiment. Hat es sich gelohnt, auf diesem Weg nach neuen Ideen zur Sichtbarkeit des Digitalen zu suchen?

Werner: Es hat sich mehr als gelohnt. Wir sind überwältigt von dem Ergebnis: 132 Einreichungen aus über 20 Ländern – damit liegen wir über dem Durchschnittswert bei solchen öffentlichen, komplexen Projekten. Es sind viele Ideen dabei, die man als Verlag oder Buchhändler, als Messe- oder Ladenbauer weiterentwickeln kann. Und genau das war unser Ziel: Input von außen aus dem Bereich Design, Architektur und Kommunikation. Der Wettbewerb hat sogar über die Plattform hinaus viele aus der Branche angeregt, sich über das Thema Gedanken zu machen. Dazu gehört zum Beispiel Kai Wels mit seiner Idee "rebookr“ , die er am Messe-Mittwoch auch bei uns am Stand vorstellen wird. Das Team vom Forum Zukunft freut sich sehr, dass der Wettbewerb Denkräume und Labore öffnet, in denen die Branche gemeinsam an Fragestellungen der Zukunft arbeiten kann. Denn genau das ist unsere originäre Aufgabe.

Börsenvereinsmitglieder haben ein Vorkaufsrecht auf die Wettbewerbsideen, die haptische Erlebnisräume rund um digitale Inhalte kreieren. Wird es genutzt?
Werner: Ja, es gab bereits ein paar Anfragen. Daher möchten wir einen Ausschnitt aus den vielen Ideen auch noch bei anderen Branchen­events zeigen, damit möglichst viele Mitglieder vom Wettbewerb profitieren.

An der englischsprachigen Ausschreibung haben sich manche gestoßen. Muss sich die Branche künftig auf mehr Globalisierung bei der Verbandsarbeit einstellen?
Werner: Uns war es sehr wichtig, dass Projekt international auszuschreiben, denn die Herausforderung, intelligente und monetarisiebare Symbiosemodelle zwischen analog und digital zu finden, beschäftigt viele Menschen in und außerhalb der Buchbranche weltweit. Das wollten wir in die Branche tragen.  

Haben Sie einen persönlichen Favoriten unter den Beiträgen?
Werner: Mir gefällt vieles sehr gut, besonders spannend finde ich natürlich Lösungen, die vielseitig einsetzbar sind wie zum Beispiel book()browser. Das Modell visualisiert das Durchstöbern von Büchern auf gute Weise. Es ist ein interaktives Display, das schon morgen umsetzbar wäre und ein Kundengespräch über Digitales erleichtern würde - ob auf der Messe oder im Laden. Aber auch futuristische Ansätze wie In-Character, die den Kunden über eine Bilderkennungssoftware im analogen Raum zum Online-Content bringen, gefallen mir. Jeder kann die Ideen selbst erkunden: Entweder am Stand in Halle 3.1, K 15 - oder auf der Website.

Warum präsentiert sich der Wettbewerb auf einer eigenen Standfläche in Halle 3.1 – und nicht im Forum Börsenverein in Halle 4.0?

Werner: Zum einen möchten wir innovative Themen nicht nur an einem Standort auf der Buchmesse spielen. Die Branche hat hier viel zu bieten. Zum anderen möchten wir dem Innovationsthema genug Raum geben – den uns die Buchmesse dankenswerterweise in Halle 3.1 zur Verfügung stellt.

Neben einer Ausstellung mit Wettbewerbsbeiträgen schnürt das Forum Zukunft ein Programmpaket zur digitalen Sichtbarkeit. Warum sollten Fachbesucher hingehen?
Werner: Weil wir neue Ansätze und Trends vorstellen, die sich mit Digitalität beschäftigen. Der Begriff ist für mich viel weiter gefasst als das Wort Digitalisierung. Denn Digitalität bezeichnet mehr als bloß digitalisierten Content. Es geht um eine strukturell andere DNA. Diese Strukturveränderungen wollen wir auf der Buchmesse greifbar machen.

Welche Gäste lädt das Forum Zukunft dazu ein?
Werner: Wir freuen uns zum Beispiel auf das Team der Electric Book Fair, die dieses Jahr erstmals in Berlin stattgefunden hat. Am Samstag gibt es Veranstaltungen zu universitären Projekten, die sich mit der Literaturwissenschaft im Zeitalter der Digitalisierung befassen. Und es ist immer handfester Input der Zuhörer gefragt, etwa bei Sascha Lobos Workshop zu seiner Plattform sobooks. In der Forum Zukunft Arena Digital wird über die Hausaufgaben von morgen diskutiert. Dabei geht es uns auch um die Treiber dieser Themen. Wir möchten die Köpfe zeigen, die sich viele Gedanken um die neuen Fragestellungen machen. Und zu guter Letzt:. Wir bieten an jedem Fachbesuchertage um 13:30 Uhr eine Führung durch die Ausstellung durch Experten an, das ist sicherlich auch ein spannendes Highlight für den Fachbesucher. Das gesamte Programm gibt es hier.

Digitale Sichtbarkeit war das Jahresthema 2014. Welche Aufgabe aus der branchenweiten To-do-Liste nimmt sich das Forum Zukunft für 2015 vor?
Werner: Wir planen immer erst nach der Frankfurter Buchmesse unser Jahresthema, weil wir viele neue Eindrücke an den Messetagen sammeln. Aber für unser zwölfköpfiges, übergreifendes Forum-Zukunft-Team in der Börsenvereinsgruppe hat sich schon ein wichtiges Thema herauskristallisiert: Kooperation – über Sparten hinweg und mit anderen Branchen. Viele Herausforderungen kann man im rasanten Wandel nicht (mehr) allein gestalten. Welche Potenziale hebt Kooperation? Wie sehen Lösungsansätze aus? Wo sind Hindernisse? Dazu möchten wir ein Format anbieten, bei dem weniger diskutiert als vielmehr ganz konkret gearbeitet wird.

Wann geht es los mit der konkreten Arbeit am neuen Thema?
Werner: Wir bieten auf der E-Publish am 7. November in Berlin einen Workshop an, der das Sichtbarkeitsthema mit dem Koopera­tionsthema zusammenbringt. Schon die Workshopgestaltung entsteht kooperativ mit einem Teilnehmer des Wettbewerbs und zwei Kollegen von Piper und Ars Edition. Anfang 2015 planen wir einen Workshop mit dem Litera­turarchiv Marbach, um die Inszenierung von Digitalem aus einer ganz anderen Perspektive zu beleuchten – der des Museums­kurators. Auch wollen wir mit professioneller Unterstützung folgender Frage nachgehen: Wenn der eigentliche Wettbewerbsdruck von außen kommt – welche neuen, kollaborativen Formen von Innovationsmanagement sind dann in der Buchbranche vorstellbar und sinnvoll? Wir möchten aber auch die Branche dazu aufrufen, Themen einzubringen. Ideen, Formatwünsche und Vorschläge jederzeit gern an: forumzukunft@boev.de.