Siegfried Lenz ist tot

"Ein Schriftsteller, der über den Kreis der Literaturinteressierten hinaus geliebt wurde"

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Siegfried Lenz, einer der bedeutendsten und meistgelesenen Schriftsteller der deutschsprachigen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur, ist am 7. Oktober im Alter von 88 Jahren gestorben. Daniel Kampa, Programm-Geschäftsführer Hoffmann und Campe: "Siegfried Lenz war einer dieser Menschen, die es heute eigentlich nicht mehr gibt, ein Schriftsteller, der über den Kreis der Literaturinteressierten hinaus geliebt wurde".

Für sein Werk, das 14 Romane, 120 Erzählungen, zahlreiche Novellen, Hörspiele und Dramen umfasst – darunter Welterfolge wie "Deutschstunde" (1968), "So zärtlich war Suleyken" (1955), "Heimatmuseum" (1978) und "Schweigeminute" (2008) –, wurde er mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und mit dem Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte.

Siegfried Lenz wurde am 17. März 1926 im ostpreußischen Lyck geboren, war 1944−45 bei der Kriegsmarine, desertierte Ende April 1945 und kam für kurze Zeit in Kriegsgefangenschaft; danach Umzug nach Hamburg, wo er Philosophie, Anglistik und Literaturwissenschaft studierte. 1951 erschien sein erster Roman "Es waren Habichte in der Luft" im Hoffmann und Campe Verlag, der in der Folge jedes Buch von Lenz veröffentlichte. 1999 erschien eine Werkausgabe in 20 Bänden, eine überarbeitete Werkausgabe ist in Planung. Die Bücher von Siegfried Lenz wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt und sind in einer Auflage von mehr als 25 Millionen Exemplaren erschienen. Zahlreiche seiner Bücher wurden verfilmt. Die Taschenbuchausgaben der Werke von Siegfried Lenz erscheinen bei dtv in München.

Im Juni 2014 wurde die Siegfried Lenz Stiftung in Hamburg gegründet, die sich um die wissenschaftliche Aufarbeitung des schriftstellerischen und publizistischen Werks kümmert und alle zwei Jahre einen Siegfried Lenz Preis verleiht. Der erste Preisträger, der am 14. November 2014 ausgezeichnet wird, ist Amos Oz. Sein persönliches Archiv übergab Siegfried Lenz dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach.

Thomas Ganske, der Verleger von Siegfried Lenz und langjährige Freund: "Wir sind zusammen fischen gegangen und haben über seine Bücher und seine Pläne gesprochen. Er hat mich mit seinem Rat für Hoffmann und Campe, der immer sein Verlag war, ein Leben lang begleitet. Jetzt bleibt die Erinnerung an eine einzigartige Freundschaft, an einen großen Menschen und als Zeugnis dafür seine Bücher."

Daniel Kampa, Programm-Geschäftsführer des Hoffmann und Campe Verlags: "Siegfried Lenz war einer dieser Menschen, die es heute eigentlich nicht mehr gibt, ein Schriftsteller, der über den Kreis der Literaturinteressierten hinaus geliebt wurde. Er war ein Klassiker zu Lebzeiten, dem die Rolle des schriftstellerischen Grand-Seigneurs nicht behagte. Er war ein Großschriftsteller, der sich dem kleinen Mann von der Straße (oder besser vom Meer) verbunden fühlte. Siegfried Lenz war ein Künstler, der sein Schreiben auch als moralische Verpflichtung betrachtete und sich engagiert mit dem Zeitgeschehen auseinandersetzte. Als wahrer Humanist war er ein Moralist, der nie den Zeigefinder erhob. Und Siegfried Lenz war vor allem eines: ein leidenschaftlicher, ein großartiger, ein großer Erzähler. Seine unsterblichen Geschichten werden auch künftigen Generationen dabei helfen, die Welt und sich selbst besser zu verstehen."

Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels trauert um Siegfried Lenz, Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1988: Vorsteher Heinrich Riethmüller sagte: "Mit Siegfried Lenz verliert die Welt einen großen Schriftsteller, der mit seinem Werk wichtige Zeichen der Versöhnung und Verständigung gesetzt hat. Er hat Geschichte durch Geschichten lebendig werden lassen und durch die klare Menschlichkeit und Wahrhaftigkeit seiner Prosa überzeugt. Wir werden ihn sehr vermissen."

Alle Veröffentlichungen von Siegfried Lenz bei HOFFMANN UND CAMPE