Lesemarathon Stadt Land Buch

Theaterbühne und Boxring

16. Juli 2015
von Holger Heimann
Am vergangenen Sonntag begann der Lesemarathon Stadt Land Buch in Berlin-Brandenburg − bis zum 23. November gibt es 140 Veranstaltungen. Gestern Abend fand der Debütantensalon statt, einer der Höhepunkte des Lesefests.

Der schillernde Held in Sabine Krays Debütroman ist ein Gauner. Juwelen und Pelze sind sein Spezialgebiet, sein Spitzname: Diamanten-Eddy. In der Nachkriegszeit geht er in ganz Europa auf unglaubliche Beutezüge, in Berlin feiert er anschließend seine Coups mit großem Gefolge. Doch der Mann ist kein gewöhnlicher Ganove, von den Nazis als 15jähriger nach Deutschland verschleppt, muss er als Zwangsarbeiter für die deutsche Industrie schuften. Ausgedacht hat sich die Wahl-Berlinerin Sabine Kray wenig in ihrem Roman; "Diamanten Eddie" – die Hauptfigur ist nach ihrem Großvater geformt. Die Recherche hat die 30-Jährige ins Milieu von Zuhältern und Berufsverbrechern geführt und ihr auch darüber hinaus einiges abverlangt, wie sie gestern beim Debütantensalon des Berlin Brandenburgischen Lesemarathons "Stadt Land Buch" verriet. Trinkfestigkeit galt es etwa zu beweisen, wenn sie die Kneipen aufsuchte, in denen ihr Großvater einmal Stammgast war. Hier traf die Autorin frühere Weggefährten ihres Helden und wurde überdies gern als Attraktion vorgestellt: "Das ist die Enkelin von Diamanten-Eddie".

Der Debütantensalon ist Jahr für Jahr einer der Höhepunkte von "Stadt Land Buch", das unter diesem Namen jetzt zum fünften Mal stattfindet (zählt man die Vorgängerveranstaltung, die "Berlin Brandenburgischen Buchwochen" hinzu, ist es bereits die 24. Ausgabe). Neben Kray lasen diesmal an dem von RadioEins-Moderator Knut Elstermann unterhaltsam moderierten Abend im gut gefüllten TAK Theater im Aufbau Haus Christine Koschmieder ("Schweinesystem"), Verena Güntner ("Es bringen") und Alexandra Friedmann ("Besserland").

Eine Woche lang (16. bis 23. November) lädt der Landesverband des Börsenvereins seine Mitglieder dazu ein, Bücher und Autoren und so auch das eigene Unternehmen dem Publikum in der Hauptstadt und in Brandenburg zu präsentieren. Eberswalde ist nach Potsdam, Cottbus und Frankfurt an der Oder diesmal neben Berlin zentraler Veranstaltungsort. "Das ist unser wichtigstes, größtes Veranstaltungsformat, kein Literaturfestival, sondern ein Festival des Buches in all seinen Erscheinungsformen", sagt Detlef Bluhm, Geschäftsführer beim Landesverband.

Eine weitere Debütantin erhält dabei in diesem Jahr eine eigene, besondere Bühne. Weder im Theater noch in einer Buchhandlung, sondern vielmehr im Boxring stellt Stephanie Bart ihren Roman "Deutscher Meister" vor. Nicht von ungefähr: Bart erzählt in ihrem Buch die Geschichte eines Mannes, Johann Rukelie Trollmann, der wegen seines unkonventionellen Boxstils zum Publikumsliebling avanciert, als Sinto aber im nationalsozialistischen Deutschland bald an unüberwindliche Grenzen stößt. Passenderweise liest Barth im Johann Trollmann-Boxcamp in Kreuzberg (21. November) und spricht dort mit dem Sportreporter Andreas Ulrich.

Erstmals kooperiert der Landesverband in diesem Jahr mit dem Krimimarathon Berlin-Brandenburg. Außerdem reicht die Woche unabhängiger Buchhandlungen mit der Verleihung des "Indie – Preis für unabhängige Buchhandlungen" am heutigen Dienstagabend an den Heidelberger Literaturwissenschaftler Roland Reuß teilweise in Stadt Land Buch hinein. 140 Veranstaltungen sind insgesamt geplant, erwartet werden 7.000 Besucher.

Programm unter: www.berlinerbuchhandel.de