Wieder Streiks bei Amazon

Drei Tage Kampf an fünf Standorten

15. Dezember 2014
von Börsenblatt
Die Gewerkschaft ver.di hat die Beschäftigten der fünf Amazon-Versandhandelszentren Bad Hersfeld (Hessen), Leipzig (Sachsen), Graben (Bayern), Rheinberg und Werne (beide NRW) zu einem dreitägigen Ausstand aufgerufen. Die Streiks haben mit der Nachtschicht von Sonntag auf Montag in Bad Hersfeld begonnen, die anderen Standorte steigen am Montag mit Beginn der Frühschicht in die Streiks ein. Die Arbeitsniederlegungen sollen bis zum Ende der Spätschicht am kommenden Mittwoch andauern.

"Amazon weigert sich weiterhin kategorisch, das Recht der Beschäftigten auf einen Tarifvertrag anzuerkennen und hält Gewerkschaften für überflüssig. Das Unternehmen will willkürlich die Arbeitsbedingungen diktieren, das ist der einzige Grund für Amazons Blockadehaltung. Dagegen wehren sich die Beschäftigten und auch Kunden und Bürger sollten sie darin unterstützen", sagt Stefanie Nutzenberger, Ver.di-Bundesvorstandsmitglied und zuständig für den Handel. Es handle um einen Grundsatzkonflikt: "Lassen wir zu, dass ein weltweit agierender Konzern die Rechte von Beschäftigten missachtet oder sorgen wir gemeinsam dafür, dass sich auch Amazon an Regeln halten muss?", so Nutzenberger. Der Druck der Beschäftigten für existenzsichernde Einkommen und gute Arbeitsbedingungen werde nicht nachlassen. Amazon selbst habe es in der Hand, die Streiks im Weihnachtsgeschäft zu beenden, wenn das Unternehmen dazu bereit sei, einen Tarifvertrag abzuschließen.

Seit Mai 2013 wehren sich Amazon-Beschäftigte mit Streiks und anderen Protestaktionen gegen ihre Arbeitsbedingungen. Sie verlangen unter anderem:

eine durch Tarifvertrag abgesicherte Bezahlungbessere Arbeitsbedingungen, um den hohen Krankenstand von teilweise bis zu 25 Prozent der Belegschaft zu senken (wie ver.di vergangene Woche mitteilte, ist der Krankenstand bei Amazon viel höher als bei Konkurrenzunternehmen im Versandhandel und Logistikbereich)und ein "Ende der ausufernden Befristungspraxis"

Amazon betreibt in Deutschland acht Versandhandelsstandorte (in Bad Hersfeld gibt es zwei Versandzentren, die zusammengezählt werden).

Ver.di hat eingesehen, dass nur öffentlicher Druck dass Unternehmen dazu bringen könnte, sich in Sachen Tarifvertrag zu bewegen und ruft inzwischen auch Kunden dazu auf, im Konflikt mit Amazon Stellung zu beziehen: Auf www.change.org/amazon-sei-fair sollen sie eine Petition unterzeichnen, in der Amazon-Chef Jeff Bezos aufgefordert wird, für faire Arbeitsbedingungen zu sorgen. Beim Zurücksenden von Ware an Amazon können sie zudem einen Retourenaufkleber benutzen, der sich für Tarifbindung ausspricht. Der Aufkleber kann unter der Ver.di-Seite ausgedruckt werden.

"Die Streiks richten sich nicht gegen die Kundinnen und Kunden, sondern gegen die Arbeitsbedingungen bei Amazon", so Nutzenberger. Das Unternehmen selbst lasse die Verbraucher für seine Blockadehaltung bezahlen. Lieferverzögerungen könnten wegen der Streiks nicht ausgeschlossen werden, und Kundinnen und Kunden sollten Bestellungen nicht allzu kurzfristig aufgeben, rät Nutzenberger. Währenddessen zeigt sich Amazon unbeeindruckt und wirbt weiter u.a. mit Radiospots für Onlinekäufe auf die letzte Minute vor Weihnachten.