Der Sortimenter-Ausschuss hat bei Dieter Dausien das Ruder übernommen

Ein Tag in Hanau im Buchladen am Freiheitsplatz

6. Juli 2015
von Andrea Pollmeier
Am Montag, 2. Februar, hatten Dieter Dausien und sein Team frei. Der Buchladen am Freiheitsplatz wurde nämlich von der Geschäftsstelle des Sortimener-Ausschusses betreut. Vorne dabei: SoA-Chefin Kyra Dreher, Birgit Koch, Mario Como, Alexander Kleine und Lothar Sand.

"Buchhandlungen haben einen besonderen Duft." Diese Erinnerung ist sofort wieder da, als Birgit Koch am Morgen in Hanau den Buchladen am Freiheitsplatz betritt. Nach 30 Jahren steht sie zum ersten Mal wieder hinter einer Ladentheke. Sonst kümmert sie sich als Referentin im Sortimenter-Ausschuss des Börsenvereins um Buchmessen-Projekte und Leseförderaktionen. Heute jedoch beteiligt sie sich an einem Experiment. Zusammen mit vier Kollegen, die hauptamtlich in der Geschäftsstelle des Sortimenter-Ausschusses arbeiten, hat sie die Regie über die Hanauer Buchhandlung übernommen. Inhaber Dieter Dausien und sein Team haben Zeit für einen Betriebsausflug.

Der Buchladen liegt am Rand des zentralen Busbahnhofplatzes. Die Umgebung ist karg. Wer sich nicht auskennt, ahnt nicht, dass im Erdgeschoss des DGB-Hauses eine willkommen heißende, anregende Bücherwelt zuhause ist. Die Eingangstür führt sogleich auf die Ladentheke zu. Hier steht normalerweise Dieter Dausien. Stammkunden sind erkennbar überrascht. "Mehrfach wurde ich angesprochen, eine Kundin meinte direkt: Ihr Gesicht kenne ich nicht", erzählt Kyra Dreher, Geschäftsführerin des Sortimenter-Ausschusses. Wie wichtig persönlicher Kontakt und Verbundenheit sind, spüren alle fünf Vertreter an diesem Tag. Selten werden reine Routinevorgänge abgefragt. Immer wieder suchen Kunden auch einen persönlichen Rat. Das ist für das improvisierte Team nicht immer leicht. "Eine Kunde wollte von mir wissen, welche Biografie über Dietrich Bonhoeffer die beste sei", berichtet Kyra Dreher. „Da musste ich passen und auf morgen verweisen."

Ein großer Teil der Beratung findet auch per Telefon statt. Nicht selten sind die zwei Leitungen gleichzeitig besetzt. Parallel arbeitet Mario Como, im Ausschuss für E-Business und digitale Medien zuständig, am Computer und dokumentiert den veränderten Warenbestand. Es galt, lange Schulbuchlisten abzuarbeiten. Viele Institutionen, mit denen die Buchhandlung zusammenarbeitet, melden ihre Bestellung direkt. Die Bearbeitung erfordert Konzentration, die inmitten der Kundenbesuche nicht oft möglich ist. Nicht selten ist das Fünfer-Team in der kleinen Buchhandlung darum gleichzeitig im Einsatz.

Lothar Sand hat in den neunziger Jahren während des Studiums bereits in einer Buchhandlung gejobbt. Inzwischen kümmert er sich im Ausschuss u.a. um die inhabergeführten unabhängigen Buchhändler. Der Buchladen am Freiheitsplatz zählt auch dazu. "Ich habe heute vor allem technisch viel Neues gelernt", erzählt er am Abend. In seiner Studienzeit gab es noch keine Computer. Mit Buchlaufkarten wurden die Verkäufe damals nachvollzogen. Inzwischen erleichtern jedoch Scanner diese Arbeit. Eine vorbereitete Listenbestellung kann so mit einem einzigen Scan-Streich erledigt sein.

Der Einzug der Moderne hat den „Duft" und die besondere Atmosphäre, die für Buchhandlungen von alters her so charakteristisch ist, nicht verscheuchen können. "Hier ist es wie in einer Lesestube familiär und kuschelig", bestätigt Klaus Knöss, der als Kunde die Buchhandlung betreten hat. Diese Wirkung hat Dieter Dausien erkennbar gefördert. Umgeben von grünen Pflanzen steht am Fenster ein gemütliches Sofa. Heizung und Leselampe sind nah, Kaffee darf man sich kostenlos zubereiten. Wer neue Welten entdecken möchte, kann hier ohne in den Bus zu steigen, damit beginnen.