Nachwuchs-Umfrage der Jungen Verlagsmenschen

"Schluss mit dem Lohndumping!"

14. März 2015
von Börsenblatt
Beim Karrieretag auf der Leipziger Buchmesse feilten Nachwuchskräfte nicht nur an ihrem Jobeinstieg - es wurde auch über die Situation der Young Professionals diskutiert. Die Jungen Verlagsmenschen legten erschütternde Ergebnisse einer Umfrage unter Nachwuchskräften vor. Die wichtigsten Ergebnisse erfahren Sie hier. Von Kai Mühleck

Der Nachwuchsverein Junge Verlagsmenschen hat von Dezember 2014 bis Januar 2015 eine Umfrage unter Nachwuchskräften der Buchbranche durchgeführt (die Umfrage läuft immer noch und wird weiter ausgewertet).  An der Onlineumfrage beteiligten sich bislang 862 Personen, 430 Teilnehmer gaben an, mindestens ein Volontariat absolviert zu haben.


Die Ergebnisse sind ernüchternd
Die überwältigende Mehrheit der Befragten sagte aus, im Praktikum oder Volontariat nicht ordentlich ausgebildet worden zu sein.

Nur 40 Prozent der Volontäre würden ihr Unternehmen anderen Personen für ein Volontariat weiterempfehlen. Das liegt vor allem an der Unzufriedenheit in Sachen Bezahlung (siehe unten). 

39 Prozent der Volontäre konnten sogar »keinerlei Ausbildungs­charakter« in ihrem Volontariat erkennen.

30 Prozent der befragten Volontäre hatten die Möglichkeit, an externen Fortbildungen teilzunehmen (interne Fortbildung: 39 Prozent laut Studie)

90,5 %
der Volontäre hatten den Eindruck, dass sie nach einer kurzen Einarbeitungsphase als Ersatz für eine reguläre Fachkraft eingesetzt wurden

»Gute« 3
Im Schnitt stellten Exvolontäre ihrem Volontariat eine Gesamtnote von 2,7 aus (in Schulnoten: eine 3+). Für das Verhältnis von Gehalt und geleisteter Arbeit gab es eine 4–

97 %
der Nachwuchskräfte wünschen sich mehr Engagement von Interessenverbänden beim Thema Nachwuchsrechte

1117 Euro
brutto verdienen Volontäre laut Umfrage im Schnitt; das macht für das Gros der Volontäre einen Nettolohn von 850 Euro. Nach Abzug der Miete bleiben durchschnittlich 450 Euro übrig: für ­Lebensmittel, Kleidung und zum Leben

Nur 19 % 
der Volontäre bekamen einen Ausbildungsplan vorgelegt, eigentlich Pflicht (auch bei Praktika). Sogar dann wurde der Plan nur in 63 % der Fälle eingehalten

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Interview mit Dennis Schmolk, 2. Vorsitzender der Junge Verlagesmenschen

 
Ihr Fazit der Nachwuchsumfrage der Jungen Verlagsmenschen?
Wir freuen uns über die große Resonanz und die ehrlichen Antworten von über 800 Teilnehmern, die in der Buchbranche arbeiten. Die Ergebnisse sind ein klares Signal, dass sich die jungen Menschen im Publishing Veränderung wünschen, dass sie Volontariate nicht als Ausbildungsstellen wahrnehmen, sondern als Lohndumping. Dass die Diskussion um Arbeitsbedingungen bei Amazon heuchlerisch ist, weil bei vielen Häusern der Buchbranche weitaus mehr Ausbeutung passiert als beim Versandriesen.

Was können, was wollen die Jungen Verlagsmenschen tun, um die Bedingungen für den Nachwuchs zu verbessern?
Das wird sehr schwer. Arbeitskampf ist in der Verlagsbranche kaum verbreitet; wer sich als Volontär mit befristetem Vertrag für die eigenen Rechte auf gute Ausbildung und faire Entlohnung einsetzt, hat wenig Hoffnung auf Erfolg. Mit deutlich unter 1000 Mitgliedern können auch die JVM wohl auch keinen Lobbydruck ausüben. Es wird wohl zunächst darauf hinauslaufen, dass wir das Thema präsent halten. Und dass wir Arbeitgebern immer wieder erklären, dass sie es auf diese Weise sicher nicht schaffen werden, fähigen und guten Nachwuchs an sich zu binden.

Wie schätzen Sie die konfrontative Behauptung ein, dass der Mindestlohn Einstiegsstellen wie Langzeitpraktika und Volontariate  verhindert?
Langzeitpraktika, die den Rahmen des "Hineinschnupperns" deutlich sprengen, sind ein Problem: Das sind meist verkappte Einstiegsstellen. Zu den Volontariaten: Zumindest in der Wahrnehmung der Volontäre sind die meisten dieser Stellen billigerer Ersatz für reguläre Stellen. Es ist nicht zu vermitteln, weshalb die Arbeitskräfte auf diesen Stellen keinen Mindestlohn erhalten sollten - Einstiegsstellen anderer Branchen sind häufig sogar weit besser entlohnt. Wer seinen Volontären allerdings wirklich keinen Mindestlohn zahlen kann, der hat vermutlich größere wirtschaftliche Probleme, als keine Volontariate anbieten zu können ...