Serie: 190 Jahre Börsenverein in 19 Objekten (10/19)

Post von den Klassikern

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Bause, Klopstock, Wieland: Im zehnten Teil unserer Serie zur Börsenvereinsgeschichte zeichnet Bibliothekarin Carola Staniek den Weg einer exklusiven Briefsammlung in die Börsenvereinsbibliothek in Leipzig nach: die Korrespondenz des Verlegers Georg Joachim Göschen.

„Daß mir, laut vorstehender Rechnung, die Summe von Rth. (Reichsthaler) 6099, 14 gl. (Groschen), …, von Herrn Buchhändler Göschen in Leipzig an dem Contractmäßigen Honorar für Meine Sämmtl. Werke abschlägig richtig ausgezahlt …", bestätigt Christoph Martin Wieland (1733-1815) am 12. August 1796 unter einem Kontoauszug seines Verlegers Georg Joachim Göschen (1752-1828).

Der Leipziger Verleger und Typograph war begeistert von dem Erfolgsschriftsteller Wieland und bemühte sich seit 1786, ihn, der noch an die Weidmannsche Buchhandlung und seinen Inhaber Philipp Erasmus Reich gebunden war, als Autor zu gewinnen. Gleich nach dem Tod von Philipp Erasmus Reich im Dezember 1787 schloss er mit Wieland einen Vorvertrag für seine „Sämmtlichen Werke". Göschen plante vier, in Ausstattung und Preis, unterschiedliche Ausgaben:

eine Fürstenausgabe in Quart auf geglättetem Velinpapier für 250 Taler eine Ausgabe in Großoktav auf Velinpapier zweiter Sorte für 150 Taler eine Ausgabe im Taschenformat zu 112 ½ Taler eine wohlfeile Kleinoktavausgabe auf einfachem Druckpapier für 27 Taler.

Damit konnte sich auch der Kaufmannsdiener und unbemittelte Student den Bestseller leisten. Als Autorenhonorar waren 10.000 Taler vereinbart. 1795 erschienen die ersten Bände und ein Jahr später erhielt Wieland bereits eine Vorauszahlung von 6.099 Talern und 14 Groschen, wie dem Kontoauszug zu entnehmen ist.

 

Die Verlagskorrespondenz Göschen, zu der dieses Dokument gehört, umfasst 865 Autographen und über 1.000 handschriftliche Briefkopien von 190 Autoren und Illustratoren aus dem Zeitraum 1785 bis 1827. Zusammengetragen wurde die Sammlung vom englischen Minister Viscount George Joachim Goschen (1831-1907), dem Enkel des Verlegers, für die Vorbereitung der Biographie über seinen Großvater. Im Jahr 1913 konnte die damals schon hoch geschätzte Briefsammlung vom Börsenverein der Deutschen Buchhändler für seine Bibliothek vom englischen Auktionshaus Henry Sotheran & Co. angekauft werden.

Die zahlreichen Briefe, wie von Johann Friedrich Bause, Rudolph Zacharias Becker, August Wilhelm Iffland, Friedrich Gottlieb Klopstock, Moritz August von Thümmel und Christoph Martin Wieland, geben einen detaillierten Einblick in die verlegerische Arbeit und auch in teils freundschaftliche Beziehungen, die der Verleger zu seinen Autoren pflegte.

Die Briefe sind im Online-Katalog des Kalliope-Verbundes nachgewiesen.