Die London Book Fair geht heute zu Ende

Flugnotizen von Nick Cave

16. Juli 2015
von Nicola Bardola
Musikbücher mit Vinyl-Covern, ein Faksimile mit Nick Caves Notizen auf Plastikbeuteln und 3-D-Stereoskope des Queen-Gitarristen Brian May: Auf der Londoner Buchmesse wird um die unterschiedlichsten Lizenzen gefeilscht. Ein zweiter Rundgang durch die Olympia-Messehallen.

"Es läuft sehr gut hier auf der Londoner Buchmesse. Wir werden trotzdem in diesem Herbst erstmals auch an der Frankfurter Buchmesse teilnehmen", sagt Paul Eccles, Lizenzmanager des kanadischen Verlags Ruckus Books. Bisher halten sich die kontinentaleuropäischen Verlage zurück, wenn es um seine verblüffend originell gestalteten Bücher geht. "Bücher zu Musik-Themen mit Umschlägen aus echtem Vinyl im Schallplattendesign sind der Renner in den USA und Kanada", freut sich Eccles. Rechtzeitig zur Herbstmesse wird "Classic Country" in dieser Ausstattung erscheinen und dann vielleicht auch die Neugier deutscher Verlage wecken.

Jamie Byng, Gründer und Verlagsleiter von Cannongate und "Trainspotting"-Entdecker, weckt mit einem besonderen Projekt das Interesse internationaler Verleger. Stolz stellt Byng an seinem Verlagsstand eines der ersten Exemplare des neuen Buches von Nick Cave vor. "The Sick Bag Song" enthält Faksimiles von Plastikbeuteln aus Flugzeugen, die Cave auf seiner 2014er US-Tour nicht nutzte, weil ihm schlecht war, sondern zu Notizzetteln umfunktionierte, die jetzt ein weiteres Zeugnis seiner überbordenden Kreativität ablegen. Die neuen Gedichte, Songtexte und Tagebuchaufzeichnungen Caves erscheinen in England in Buchform für 30 Pfund und als limitierte Luxus-Edition im Schuber für 750 Pfund. Die Verschiedenen Ausgaben enthalten einen Downloadcode, um Cave als Sprecher seiner Texte zu hören. Da kann auch Heyne Hardcore-Programmleiter Markus Naegele nicht widerstehen. Auf der Messe gibt er ein Angebot ab. Aber er ist nicht der einzige Interessent aus Deutschland.

Ein weiterer Musiker belebt die Verlagslandschaft: Brian May, legendärer Gitarrist von Queen, entdeckte schon als Kind die Faszination von 3-D-Bildern. Seither beschäftigt sich May mit dieser Technik und stellt als Verleger, Autor, Fotograf und Entwickler eines neuen Stereoskops Neuerscheinungen der von ihm wieder belebten altehrwürdigen London Stereoscopic Company vor. Die Präsentation passt perfekt auf das Messegelände, das Alt und Neu verbindet. 2016 wird der Prachtband "Queen in 3-D" erscheinen, der viele bisher unveröffentlichte Fotos der Band enthalten wird. Die auf der Messe von May gezeigten Beispiele begeistern das Publikum. Freddie Mercury auf der Bühne oder privat scheint plötzlich wieder ganz nah: "Wirkt Freddie nicht wieder ganz lebendig? Ist es nicht, als wäre er hier bei uns?", fragt May und lässt die Bilder wirken.

Ohnehin punktet die Messe dieses Jahr mit Promi-Auftritten, sei es mit solchen der ruhig-tiefgründigen Art wie von Valeria Luiselli ("Die Schwerelosen" und "Falsche Papiere. Essays" sind beide bei Antje Kunstmann erschienen), sei es mit solchen der schrillen Art (Conchita Wurst kommt im internationalen Vergleich beim britischen Publikum besonders gut an) oder der erotisch-sinnlichen Art - das Ex-Model Caprice ist in Großbritannienein Superstar. "Auf der LBF herrscht in vielerlei Hinsicht eine besondere Atmosphäre", sagt Murielle Rousseau, die mit ihrer Agentur Buch Contact  die PR Arbeit für die LBF in Deutschland übernommen hat. Die Agentur ist auch im Auftrag von Verlagen, Autoren, Museen oder Buchpreisen deutschsprachig wie international unterwegs. Mit zwei Büros in Freiburg und Berlin beschäftigt Buch Contact rund um Murielle Rousseau und Ulrike Plessow an die 20 festangestellten Mitarbeiter und feiert dieses Jahr ihr zwanzigjähriges Bestehen.

Denkbar ist, dass sich künftig mehr deutsche Verlage mit einem eigenen Stand hier präsentieren. S.Fischer zum Beispiel ist mit mehreren umherziehenden Mitarbeitern, aber nur im "International Rights Center" mit einem Tisch zu finden, das seinerseits zu Beginn der Messe für viele fast unauffindbar schien. "Mich stört die etwas abgelegene und vom Rest der Messe isolierte Lage des IRC nicht", sagt Katrin Meerkamp, die für Auslandsrechte bei S. Fischer zuständig ist. "Bei einigen Kolleginnen sind aber am ersten Tag Termine geplatzt. Das hat sich inzwischen gelegt. Genau genommen sind hier die Wege viel kürzer als auf der Frankfurter Buchmesse", meint Meerkamp.

Bärbel Becker, Leiterin Internationale Projekte bei der Frankfurter Buchmesse, ist mit dem Gemeinschaftstand der deutschen Verlage mittendrin im Erdgeschoss der Grand Hall sehr zufrieden. Begeistert präsentiert sie die neue Initiative "Books from Germany. 50 Books that travel". "Die Zeit ist reif, dass neben den deutschen Originalen aktueller Bücher von nun an in aller Welt auch die englischen Übersetzungen gezeigt werden", sagt Becker. "Das animiert Verleger vieler Nationen, die Übersetzung in ihre Sprachen in Erwägung zu ziehen. Die Brückensprache Englisch fördert weitere Übersetzungen."

Um das Entdecken und sichtbar machen von Büchern geht es auch nur wenige Schritte davon entfernt beim Nielsen Stand, die Basis für Ralph Möllers auf der London Book Fair. Nielsen BookData vertritt exklusiv in Großbritannien Möllers Book2Look: "Die große Verlagsgruppe Taylor und Francis wird in UK ab sofort Book2Look einsetzen. Das sind etwa drei- viertausend Neuerscheinungen im Jahr. Zudem ist soeben die neueste HTML Version mit neuem Design speziell für mobile Geräte freigeschaltet worden. Außerdem hatten wir eine Explosion von Shopping Klicks und Views bei nur gering gestiegener Titelzahl", freut sich Möllers. Davon seien eine Million Views auf neue Aktionen im Lebensmitteleinzelhandel zurückzuführen.