Protest vor Augsburger Arbeitsgericht

"Droege fährt Weltbild gegen die Wand"

16. April 2015
von Börsenblatt
Bei der gestrigen Verhandlung im eskalierten Streit zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung um die künftige Ausrichtung von Weltbild protestierten rund 60 Mitarbeiter lautstark und mit Transparenten vor dem Augsburger Arbeitsgericht gegen den Investor Droege. Sie werfen dem Investor vor, bei Weltbild Retail und der Logistik-Sparte Also rund 400 Arbeitsstellen streichen zu wollen. Ob es zur Einigungsstelle kommt, will das Gericht am kommenden Mittwoch entscheiden.

Am Ende der Entlassungsrunde sollen 593 Beschäftigte (von derzeit rund 1.000 bei Weltbild Retail und der Logistik-Sparte Also) übrig bleiben. An einem weiteren Stellenabbau führe kein Weg vorbei, argumentierten laut "Augsburger Allgemeine", die den öffentlichen Prozess begleitet hat, die Unternehmensjuristen. Nach Angaben des Betriebsrats will Droege sogar 600 Stellen streichen. Die Verkaufszahlen bei Weltbild sollen laut Unternehmen "deutlich hinter den Erwartungen" liegen. Mehr als 40 Prozent weniger Artikel als ursprünglich kalkuliert, sollen über Also ausgeliefert werden.

Schuld am schlechten Umsatz soll laut Gewerkschaft Verdi und Weltbild- Betriebsrat der Investor Droege sein − die Entwicklung sei "hausgemacht" und erkläre sich nicht zuletzt mit einer Kürzung des Werbeetats um fast 40 Prozent. Vor allem im Weihnachtsgeschäft soll Flaute geherrscht haben. Darum demonstrierten 60 Mitarbeiter mit Transparenten und Plakaten gegen die geplanten Entlassungen. Sie fordern stattdessen Investitionen. Droege wolle das Unternehmen durch das radikale "Abrasieren" von großen Teilen des Personalstamms "sanieren" – die Mitarbeiter trauen dem Unternehmen aber zu, auch mit einer größeren Belegschaft rentabel arbeiten zu können und werfen dem Unternehmen vor, eine "kontrollierte Krise" absichtlich strategisch herbeizuführen.

Warum sollte Droege einen Personalschnitt wollen?

Der Investor Droege hat bei der Übernahme der insolventen Buchhandelskette eine Bestandsgarantie für bestehende Arbeitsplätze unterschrieben. Kündigungen sind damit schwer durchzusetzen. Vor dem Arbeitsgericht argumentierten die Weltbild-Anwälte, die Verhandlungen über die Ausrichtung des Unternehmens seien gescheitert.

Im Zuge der Weltbild-Insolvenz zu Beginn letzten Jahres mussten rund 1.200 Mitarbeiter in Augsburg ihre Arbeitsplätze aufgeben. Der Investor Droege hatte über einen weiteren Investor an Buchhändler Wenk 85 Weltbild-plus-Filialen übergeben, die aber rote Zahlen schreiben sollen. Marktbeobachter befürchten, die Filialen sollen über einen "Strohmann" abgewickelt werden – dieser Darstellung widerspricht das Unternehmen scharf.

Entscheidung am Mittwoch

Laut "Augsburger Allgemeine" wollen die Richter am kommenden Mittwoch entscheiden, ob eine Einigungsstelle eingesetzt wird. Prozessbeobachter gehen davon aus. Der Betriebsrat hat angekündigt, in diesem Fall das Urteil auf höherer Instanz angreifen zu wollen und argumentiert, dass die Geschäftsführung bislang kein schriftliches Sanierungskonzept vorgelegt haben soll.