Jahrestagung des AK Hörbuchverlage

Preisfragen

12. Juni 2015
von Börsenblatt
Audiobooks auf allen Kanälen – das ist gut. Billig hergeben wollen die Produzenten ihren kostbaren Content aber nicht. Beim Treffen der Hörbuchverleger in Leipzig ging es am gestrigen Donnerstag um Multichannel-Strategien, die Preisbindungsfrage wurde heute intern diskutiert. Update: In Sachen Preisbindung gab es bei den Hörbuchverlegern kein einheitliches Meinungsbild.

In Sachen Streaming ist Deutschland Entwicklungsland: Nur acht Prozent der Umsätze im Musikgeschäft entfallen auf Spotify und Co., Schweden kommt auf 75 Prozent. Für die meisten Hörbuchverlage sind die Streaming-Umsätze schlicht zu vernachlässigen, manche verzichten gleich ganz auf das winzige Zubrot. Das wird nicht so bleiben. Allgemeiner Tenor in Leipzig: In fünf Jahren wird sich Streaming als Nutzungsform durchgesetzt haben.

Gerade hat Apple seinen Streaming-Dienst Apple Music vorgestellt. Ob Hörbücher dort eine Rolle spielen werden, ist noch nicht bekannt. Seit Mitte 2014 hat der Musikstreamer Deezer Hörbücher und Hörspiele in sein Angebot integriert, die Auswahl ist noch überschaubar. Dabei scheint die Wortkunst Michael Krause, Geschäftsführer von Deezer in Deutschland, am Herzen zu liegen: Er könne sich sehr gut auch eigene Hörbuchproduktionen vorstellen, sagte er auf der Tagung der Hörbuchverleger.

Content von Audible

Die Amazon-Tochter  Audible, die den Hörbuch-Downloadin Deutschland mit einem Anteil von geschätzten 90 Prozent haushoch dominiert, ist da weiter: Seit 2012 erscheinen bei Audible eigenproduzierte Hörspiele, wie z.B. “ Das Kind” von Sebastian Fitzek, die Hörspiel-Serie „Glashaus“ oder die „Jonah“-Trilogie von Rebecca Gablé. Für den 19. Juni kündigte die Plattform nun „Das Starling-Projekt“ an, ein Hörspiel-Thriller mit sechs Stunden Laufzeit von Bestseller-Autor Jeffery Deaver, exklusiv für Audible. Stolze 70 Sprecherrollen wurden untergebracht, darunter Dietmar Wunder, Dennis Schmidt-Foß, Norman Matt und Oliver Rohrbeck, in dessen Berliner Hörspielstudio die Aufnahmen stattfanden.

Schön für die Audible-Kunden. Seinen Content-Lieferanten macht die Vertriebsplattform das Leben schwer: Wie auf boersenblatt.net berichtet, will sie ihre Verlagspartner in ein neues Flatrate-Modell zwingen. Die Konditionen halten viele der überwiegend kleinen Verlage für unannehmbar, Alternativen aber sind praktisch nicht vorhanden. Friss oder stirb? Ein Fall fürs Kartellamt? Der Börsenverein, prüfe die rechtliche Situation, was die Erwägung einschließe, klagende Verlage zu unterstützen, so Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis.

Beinahe hätte sich in Leipzig die Möglichkeit ergeben, mit den Hörbuchverlagen über Audibles Pläne ins Gespräch zu kommen, doch die Zusage einer Audible-Vertreterin für das Podium „Kostbarer Content oder flüchtiges Vergnügen? Das Hörbuch im Netz“ wurde wieder zurückgenommen. So blieben Michael Krause von Deezer, Felix Crispino-Rohman (DigitalD2C Music Marketing), der sich besonders für das differenzierte Kuratieren der Inhalte einsetzte, und Daniel Kinat, Leiter der Oetinger-Tochter Tiger Books Media, unter sich. Daniel Kinat kündigte in Leipzig übrigens ein weiteres Flatrate-Modell an: Tigerbooks (32 Partnerverlage) werde ab Herbst auch Hörbücher und Hörspiele anbieten, vorgesehen ist eine Mischform von Einzeldownloads und Flatrate (9,99 Euro).

 

Wünsche aus dem Handel

Die spannende Frage wird sein, ob die Streaming-Angebote die Umsätze der übrigen Formate kannibalisieren. Ein Format, das immer noch zulegt, ist die CD. Mit 14,3 Millionen verkauften Hörbüchern auf CD wurde 2014 der Absatzrekord des Vorjahres noch einmal übertroffen (GfK Entertainment). Und weil für die physischen CD-Verkäufe das Sortiment der Lieblingsvertriebspartner der Hörbuchverlage ist, erklärten Ulrike Romeike, seit 2002 Inhaberin der Hörbuchhandlung in Düsseldorf, Martina Michels, Leiterin Lehmanns Media Leipzig, und Katja Kemnitz, Einkäuferin bei Hugendubelin Erfurt, den Produzenten einmal ihre Sicht der Dinge. Ihr Fazit:

  • das Angebot der Hörbuchverlage stimmt soweit
  • Einsatz fürs Hörbuch macht sich bezahlt: Kassennähe, Erdgeschoß, kompetente Betreuung, konsequent Präsentation des Hörbuchs mit dem Buch zusammen
  • Hörproben sind super, besonders auf mp3-CD (auch zum Format-Test für die Kunden)
  • Preisunterschied zwischen Hörbuch und Taschenbuch ist problematisch
  • Hörbücher werden zu schnell verramscht
  • Jewel-Cases sind besonders bei umfangreichen Titeln problematisch: Ware kommt schon beschädigt in den Laden; viele Kundenreklamationen
  • bei Buchverlagen mit Hörbüchern sollten beide Medien in den Vorschauen zusammen vorgestellt werden
  • Vertreter sollten die entsprechenden Hörbücher mitvorstellen (Sprecher!)

  • Hörbuchseminare für Verkäufer fehlen

 

Preisbindung für Hörbücher!?

Völlig einig waren sich die Buchhändlerinnen über die Preisbindungsfrage: Alle drei befürworteten ein Bemühen des Börsenvereins, die Preisbindung für Hörbücher bei der Politik anzustoßen.  Das sei nur fair (Michels), überfällig (Kemnitz) und würde außerdem den Verlagen helfen, ihre Hörbücher noch besser in den Buchhandel zu bringen (Romeike). Nicht nur Pros dürfte es dagegen bei den Verlagen geben, die sich heute gemeinsam mit Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang im internen Kreis zum Thema aussprechen wollen (Ergebnis folgt).

Doch vorher konnten  die Hörbuchverleger noch staunen: Kay Herget, Leiter des Marketings und des Business Developments von Bosch SoftTec, einer Bosch Car Multimedia-Tocher, hatte nämlich sein Auto zum gemeinsamen Abendessen mitgebracht. Wer wollte, konnte einen Blick auf die  Zukunft des „Infotainments im Auto von morgen“ werfen, die Herget bei der Tagung bereits eindrucksvoll in Bild und Ton vorgestellt hatte: im Verbund mit dem Smartphone wird die Mittelkonsole zur Schaltzentrale für das Internet im Auto. Fehlt nur noch die Hörbuch-App. 

Update zur Preisbindung für Hörbücher: Bei einer ausführlichen Diskussion kamen heute alle Argumente für und gegen die Bindung der Ladenpreise beim Hörbuch auf den Tisch. Für beide Seiten habe es gute Argumente gegeben, so Christian Sprang, am Ende der sachlich und auf hohem Niveau geführten Aussprache gab es kein einheitliches Meinungsbild, weshalb nicht das eindeutige Mandat pro Buchpreisbindung für Hörbücher vermittelt werden konnte. Gewichtige Gegenargumente: der Aufwand der Umstellung insbesondere in den Nebenmärkten wäre erheblich und für Abo-Modelle im Internet - auf die die Verlage nicht verzichten wollen - könnte es schwierig werden. Der Börsenverein wird das Thema also nicht weiter verfolgen.