Umfrage zum Umgang mit der Backlist

"Idealismustitel" dürfen bleiben

23. Juni 2015
von Börsenblatt
Die Herbst-Vorschauen sind da, das neue Programm steht vor der Tür. Bald wird es eng in den Regalen. Muss die Backlist weichen? Nach welchen Prinzipien schaffen Buchhändler Platz für Neues? boersenblatt.net-Mitarbeiter Stephan Eppinger hat nachgefragt.

Ariane Roth, Carolus-Buchhandlung, Frankfurt:

"Wir haben den Anspruch, eine gut sortierte Buchhandlung zu sein und deshalb pflegen wir die Backlist sehr und sortieren nicht jedes Halbjahr radikal aus. Jeder von uns hat sein Lieblingsbuch und so mancher Backlist-Titel verkauft sich bei uns auch noch im Stapel – das gilt vor allem für den Taschenbuch-Bereich. Es gibt auch Titel, die für unser Profil einfach wichtig sind, und die deshalb länger im Regal bleiben."

Markus Felsmann, Buchladen Neusser Straße, Köln:

"Die Backlist ist für uns ganz wichtig, da sie zu unserer Kernkompetenz als Buchhändler gehört. Natürlich sortieren wir auch aus und schaffen so Platz für Neues, aber Titel, die wir gerne gelesen haben und die uns wichtig sind, werden weiter bestellt und nachhaltig weiter verkauft. Es gibt auch Titel, die unsere Kunden mögen, und von denen sie erwarten, dass wir sie vorrätig haben. Für mich zeichnet es eine gute Buchhandlung aus, auch ein Sortiment zu haben, das in die Tiefe geht." 

Mechthild Heinen, Buchhandlung Lehmkuhl, München:

"In der Regel behalten wir in der Belletristik Titel eine Saison, das heißt die Bücher vom letzten Herbst werden für das neue Herbstprogramm aussortiert. Das macht Sinn, weil das neue Herbstprogramm die Regale ja nicht auf einen Schlag füllt. Aussortiert werden allerdings Frühjahrstitel, die überhaupt nicht gelaufen sind. Andere wirklich gute Titel bleiben auch länger als ein Jahr im Regal und werden bei Bedarf nachbestellt."

Patrick Blauschek, Buchhandlung im Schanzenviertel, Hamburg:

"Mit Büchern der Backlist gehen wir ganz unterschiedlich um. Bei den Taschenbüchern warten wir etwa ein Jahr und wenn sich ein Titel dann nicht bewegt hat, wird er aussortiert. Bei Krimis ist die Frist manchmal noch kürzer. Es gibt aber auch Bücher, die uns wichtig sind, und die zu unserem Profil gehören, die durchaus als 'Idealismustitel' auch länger im Regal stehen. Und manchmal verkauft sich so ein Titel auch nach zwei Jahren noch."

Peter Kolling, Wörter + Töne, Essen:

"Bei uns wird die Backlist ziemlich stiefmütterlich behandelt, da wir uns auf Neuerscheinungen spezialisiert haben. Es gibt einige Renner des letzten halben Jahres und einige Standards in unserem Verkauf, die in den Regalen bleiben. Der Anteil dieser Bücher ist alleine aus Platzgründen sehr gering. Ein Grund hierfür ist sicher auch das verändere Käuferverhalten, denn der Anteil der Kunden, die ans Regal gehen und Backlist-Titel suchen, ist stetig zurückgegangen."

Jörg Engelbrecht, Tucholsky-Buchhandlung, Berlin:

"Wir spielen bei solchen Dingen in der Regel nicht mit, da unsere Kunden nicht unbedingt Wert darauflegen, immer nur die neusten Titel zu kaufen. Manche Titel stehen auch mal acht oder neun Jahre und manche neue Titel kommen erste zwei oder drei Monate nach dem Erscheinen ins Regal. Natürlich durchforsten auch wir die Regale, aber Lieblingstitel, die zu uns gehören, haben ein Bleiberecht." 

Katharina Hoppe, Connewitzer Verlagsbuchhandlung, Leipzig:

"Wir sind eine kleine, unabhängige belletristische Buchhandlung, bei uns gibt es reichlich Backlist. Das gilt beispielsweise für Klassiker wie die Manns, Camus und Hesse – da können sich die Kunden darauf verlassen, dass sie bei uns alles zu diesen Autoren bekommen, was bei vielen Filialisten mittlerweile nicht mehr der Fall ist. Platz für Neues schaffen wir beispielsweise, indem wir gebundene Bücher aussortieren, wenn die Taschenbuchausgabe erscheint. Aber gute Titel behalten ihren Platz und haben einen wichtigen Teil an unserem Umsatz."