Serie: 190 Jahre Börsenverein in 19 Objekten (17/19)

Die Mitgliedsakten des Frankfurter Börsenvereins

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Sie sind eine unverzichtbare Quelle für die Geschichte des Buchhandels: Die 10.000 Mitgliedsakten des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, die im Historischen Archiv des Börsenvereins in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main aufbewahrt werden. Wolfgang Kispert gewährt Einblicke.

Hans Joachim Goltz (1907-1966) war einer der maßgeblich an der Reorganisation des bayerischen Buchhandels nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligten Buchhändler. Im Juni 1963 bedankt er sich bei der Geschäftsstelle des Börsenvereins für die Glückwünsche zum 100jährigen Bestehen seiner Bücherstube am Dom in München. Er werde sich auch weiterhin bemühen, „… aus dem übergroßen Angebot [des Büchermarktes] eine representative [!] Auswahl auf Lager zu halten und den Menschen Werte und Ziele zu zeigen, die uns wichtig und bedeutend erscheinen. In diesem Bestreben fühle ich mich als Mitglied des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels im rechten und würdigen Verband und hoffe, daß mir auch im 2. Jahrhundert unsere gemeinsame Arbeit, sowie die ‚Arbeit am Verdorbenen' unserer Welt ganz allgemein Freude macht."

Nachzulesen sind diese auch für das buchhändlerische Selbstverständnis bedeutsamen Sätze in einer von fast 10.000 Mitgliedsakten des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, die im Historischen Archiv des Börsenvereins in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main aufbewahrt und betreut werden. 1945 war im Westen Deutschlands eine Zweigstelle des Leipziger Börsenvereins gegründet worden, zunächst mit Sitz in Wiesbaden, dann ab 1946 in Frankfurt am Main. In den Nachkriegsjahren bestand der Börsenverein anfangs als Verband der Verbände, seine Mitglieder waren die Landesverbände. Mit der Neugründung des Börsenvereins 1955 traten die Buchhändler und Verleger dem Verband als Einzelmitglieder bei. Gleichzeitig wurde eine Mitgliedsstelle geschaffen, die sich um die Verwaltung der Mitgliedschaften kümmerte. Die Einzelmitgliedschaft wurde nach einer Satzungsänderung 1972 in eine Firmenmitgliedschaft umgewandelt.

Die Mitgliedsakten umfassen den Zeitraum von 1955 bis etwa 2004. Aufnahmeanträge, Nachweise der Rechtsform, Unterlagen und Glückwünsche zu Jubiläen und Auszeichnungen, Materialien zu Inhaberwechseln bzw. Umfirmierungen und allgemeine Korrespondenz sind typische Bestandteile dieses Schriftgutes und eine überaus reiche Quelle für die Historiografie des Buchhandels. Denn obwohl die Mehrzahl der Akten eher geringen Umfangs ist, enthalten sie neben Angaben zur Mitgliedschaft im Börsenverein viele wichtige Informationen zur Geschichte der Unternehmen und zu den handelnden Personen. Besonders interessant sind persönliche Briefe, ergänzende Firmenschriften, Presseartikel und Fotos. Die Akten sind 2013 im Rahmen eines Projekts archivalisch bearbeitet worden. Ihre Benutzbarkeit ist durch die alphabetische Ordnung der Faszikel und eine einfache Verzeichnung gewährleistet, die auch Laufzeiten, Lebensdaten und Hinweise auf besondere Inhalte einschließt. Der umfangreiche Aktenbestand kann derzeit nur vor Ort benutzt werden.

Wolfgang Kisperth (w.kisperth@dnb.de)