Steckbrief: Buchmarkt China

Digitalisierung als Megatrend

7. August 2015
von Börsenblatt
Sieben Buchmärkte unter der Lupe: Am Vortag der Frankfurter Buchmesse gewähren am 13. Oktober bei der Veranstaltung "The Markets – Global Publishing Summit" Branchenexperten aus sieben Ländern Einblicke in ihre Buch- und Medienmärkte. Die Buchmesse veröffentlicht vorab Steckbriefe zu den ausgewählten Märkten − aktuell zu China.

Vorgestellt werden bei "The Markets" die Buchmärkte von Deutschland, China, Mexiko, Indonesien, Südkorea, Türkei und die USA. "Mit dieser Konferenz unterstützen wir unsere Kunden dabei, Businesspotenziale zu erschließen, neue Geschäftsfelder zu erkennen und persönliche Kontakte zu machen", sagt Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse. Aus jedem Buchmarkt wird jeweils ein Segment unter die Lupe genommen.

Bis zur Veranstaltung am 13. Oktober will die Frankfurter Buchmesse in loser Reihenfolge Steckbriefe zu den ausgewählten Märkten veröffentlichen. Aktuell liegt der Steckbrief China vor:

China: Möglichkeiten für die internationale Zusammenarbeit

Der Steckbrief China der Frankfurter Buchmesse basiert unter anderem auf dem aktuellen Bericht des Buchinformationszentrums (BIZ) Peking "Buchmarkt China (2015)". Der chinesische Buchmarkt hat danach 2014 im Einzelhandel einen Gesamtumsatz von geschätzt rund 56 Milliarden RMB (circa 8,3 Milliarden Euro) erwirtschaftet − das waren 11 Prozent mehr als im Vorjahr. Der chinesische Buchmarkt insgesamt setzte 2013 nach anderer Quelle, die der BIZ-Bericht zitiert, rund 77 Milliarden RMB um, plus 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Das BIZ weist jedoch darauf hin, das China bislang noch nicht über eine vollständige und zuverlässige Datenerhebung für den Buchmarkt verfügt − insbesondere die Umsatzahlen seien daher mit Vorsicht zu betrachten.

In den vergangenen Jahren habe sich die chinesische Buchbranche weiter geöffnet, so die Einschätzung des BIZ. Eine Reihe von internationalen Verlagsgruppen sei über Tochtergesellschaften und Repräsentanzen unterschiedlicher Größenordnung auf dem chinesischen Buchmarkt aktiv − darunter Pearson, Reed Elsevier, Thomson, Wolters Kluwer, Bertelsmann, McGraw-Hill, Harper Collins, Springer, Oxford University Press. Trotzdem bleibe die Verlagsindustrie einer der vom Staat am stärksten kontrollierten Industriezweige, die Bereiche Vertrieb und Druck sind für ausländische Investoren nur beschränkt zugänglich.

Andererseits eröffen sich laut Steckbrief immer mehr Möglichkeiten für die internationale Zusammenarbeit, etwa bei Koproduktionen und Ko-Editionen einzelner Titel oder über Joint Ventures. Auch deutsche Verlage erweitern ihren Handelsradius: Im März 2015 eröffnete Bastei Lübbe eine Repräsentanz in China, im Februar 2014 startete die deutsche Mediengruppe MairDumont mit BPG MairDumont Media Ltd. ein Joint Venture mit der Beijing Publishing Group.

Wichtiger Lizenzpartner

Als Lizenzpartner für internationale Verlage spielt China dem Bericht zufolge eine zentrale Rolle: In den vergangenen Jahren seien die Lizenzverkäufe nach China gestiegen. 2013 erwarb China insgesamt 16.625 Buchtitel aus dem Ausland. Davon stammten 5.489 aus den USA, 2.521 aus Großbritannien, 1.852 aus Japan, 1.472 aus Südkorea (Quelle: China Publisher's Yearbook 2014) und 998 Titel aus Deutschland. 2014 waren es 938 Titel aus Deutschland (Quelle für Deutschland: Buch und Buchhandel in Zahlen; aktualisiert nach der gerade erschienen Ausgabe 2015).

Als Lizenznehmer auf dem deutschen Buchmarkt nimmt China den ersten Platz ein. Das Hauptinteresse der chinesischen Verlage lag 2013 nach wie vor im Kinder- und Jugendbuchbereich (548 Titel), gefolgt von Fachbüchern (286 Titel). Zudem wachse das Interesse der Leser an Unterhaltungsliteratur. Der Weg zum chinesischen Endverbraucher sei allerdings nicht frei von Hindernissen: Ausländische Verlage müssen mit chinesischen Import- und Exportunternehmen sowie Vertriebspartnern zusammenarbeiten.

Megatrend Digitalisierung

Eine Umfrage der Chinesischen Akademie für Presse und Publikationen für das Jahr 2014 hat ergeben, dass digitale Medien in China Bücher als das meistgelesene Medium überholt haben, berichtet das BIZ.

Danach lesen 58,1 Prozent der chinesischen Erwachsenen digital (zum Vergleich 2008: 24,5 Prozent). Offenbar auch eine Kostenfrage: Die meisten E-Books kosten weniger als 10 Prozent des Preises des gedruckten Buches. Insgesamt konsumierten Chinas Leser 2014 1,4 Milliarden digitale Titel. Dabei waren 36,5 Prozent der Leser 19 bis 25 Jahre alt und 24,5 Prozent 26 bis 30 Jahre. Bevorzugtes Lesegerät ist das Mobiltelefon (51,8 Prozent), E-Book-Reader (5,3 Prozent) bleiben ein Nischen-Produkt. Förderlich sei das enorme Wachstum an Social-Media-Angeboten. So verzeichne die App WeChat mittlerweile 600 Millionen registrierte Nutzer. Bereits 115 Verlage nutzen die App, um gezielt Produktinformationen durch ihre öffentlichen Accounts zu verbreiten. Ein weiterer Trend wurde laut BIZ-Bericht in den vergangenen Jahren sichtbar: Chinas Internet-Giganten wie Alibaba, Tencent, Baidu, Xiaomi und people.cn drängten in den umkämpften Online-Buchmarkt, um ihre Entertainment-Paletten zu vervollständigen. Content heiße das neue Zauberwort, IP (Intellectual Property) gelte als neue "Goldgrube".

Bei "The Markets" am 13. Oktober wird Managerin Helen Sun, die Vorstandsvorsitzende der Firma Beijing Ingenta Digital Publishing Technology Limited, über Trends und Spezifika des Online-Booms auf dem chinesischen Buchmarkt Auskunft geben.

Buchmarkt China im Überblick:

Zweitgrößter Buchmarkt der Welt (nach den USA) 440.000 Titel (2013), davon 57 Prozent Neuerscheinungen Umsatz 2013: 77 Milliarden Yuan (12,8 Milliarden USD) 582 staatliche Verlage Mehr als 40 Prozent der Verlage haben ihren Sitz in Peking in China gibt es keine Buchpreisbindung

Der komplette Bericht "Buchmarkt China (2015)" kann hier kostenlos angefordert werden: www.buchmesse.de/chinareport2015