Neues Mitglied im Stifterrat

Stiftung Lesen berät Aldi Süd bei Buchaktionen

11. August 2015
von Börsenblatt
Die Buchhändler zeigen sich not amused: Künftig berät die Stiftung Lesen Aldi Süd bei der Auswahl und inhaltlichen Gestaltung ihres Buchangebots. Die Buchaktionen des Unternehmens, das seit 1. Juni Mitglied im Stifterrat ist, sollen über mehrere Jahre von der Stiftung qualitativ betreut werden.

Bei der Betreuung der Buchaktionen soll unter anderem ein Kriterienkatalog zum Einsatz kommen, anhand dessen die Qualität von Büchern beurteilt werden soll. Wie die Stiftung hervorhebt, handele "es sich nicht um eine einzelne Aktion, sondern um eine mehrjährige qualitative Betreuung der Aldi Süd-Buchaktionen durch die Stiftung Lesen". Der Kriterienkatalog umfasst:

  • gestalterische Kriterien (ansprechende Covergestaltung, Textgestaltung / Layout unter besonderer Berücksichtigung der Lesefreundlichkeit und Zielgruppeneignung, typographische Aspekte wie Schriftgröße und Schriftbild),
  • inhaltliche Kriterien (etwa Eignung des Textumfangs hinsichtlich der Vorlesedauer und des Inhalts für Kleinkinder, ob der Textumfang für Erstleser zu bewältigen ist etc., altersgerechte Themenwahl, Berücksichtigung von Genderaspekten, Vermeidung von Klischees und Stereotypen, Aufbau und Schlüssigkeit der Geschichte oder bei Sachtiteln Auswahl, Qualität und Aufbereitung der Sachinformation)
  • sprachliche Kriterien (Verständlichkeit, altersgerechter Wortschatz, korrekte Orthographie und Grammatik)
  • illustratorische Kriterien (Stimmigkeit, nachvollziehbarer Text-Bild-Bezug, Originalität und Kreativität bei Cover und Inhalt)
  • lesedidaktische Kriterien (lesemotivatorischer Ansatz, Ansprache auch von leseungewohnten Zielgruppen, Potenzial der Titel für Anschlusskommunikation, Bezug zu anderen Medien, Vorlesepotenzial etc.)
  • herstellerische Kriterien (Einbandqualität, besondere Ansprüche an Pappbilderbücher für Kleinkinder etc., Buchumfang und -format, Papier- und Druckqualität)

Am 22. Oktober wird es dann exklusiv bei Aldi Süd eine neue Buchreihe geben: "Die Bloggerbande", bei der ein Detektiv-Team mit Kamera, Computer etc. spannende Fälle löst. Die vier Helden der Bloggerbande (Antonia, Tarik, Celina und Finn) haben zudem einen eigenen Blog im Internet, auf dem sie regelmäßig über ihre Abenteuer berichten, Neues aus ihrem Alltag posten, Ereignisse kommentieren und Fragen beantworten. Kurz vor dem bundesweiten Vorlesetag am 20. November wird Aldi Süd am 12. November "Vorlesegeschichten" anbieten.

Stiftung Lesen will mit Aldi Süd "weite Teile der Bevölkerung erreichen"

Hintergrund der Zusammenarbeit ist, dass die Stiftung Lesen zum 1. Juni ihren Stifterrat erweitert hat: "Die Unternehmensgruppe Aldi Süd ist das erste Stifterratsmitglied aus dem Lebensmitteleinzelhandel, das sich für die Leseförderung engagiert", erläutert Hans Georg Selge, Senior PR-Manager der Stiftung Lesen. "Wir freuen uns besonders, die Unternehmensgruppe Aldi Süd in unserem Stifterrat begrüßen zu können, mit der wir weite Teile der Bevölkerung erreichen und neue Zugänge zum Lesen eröffnen können", sagte Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen, und betonte: "Leseförderung ist nur dann erfolgreich, wenn sich alle gesellschaftlichen Gruppen gemeinsam dafür einsetzen." Generell ermöglichen die Mitglieder des Stifterrats – Verbände, Organisationen und Unternehmen – durch ihre Unterstützung, dass die Stiftung Lesen neue Leseförderprojekte entwickeln und umzusetzen kann.

Ralf-Thomas Reichrath, Stellvertreter des Geschäftsführers im Bereich Qualitätswesen bei Aldi Süd, erklärt das Engagement der Unternehmensgruppe bei der Stiftung Lesen: "Wir freuen uns, wenn wir mit unseren Buchangeboten bei Kindern und ihren Eltern den Spaß am Lesen und Vorlesen wecken. Die Förderung der Lesekompetenz ist der Schlüssel für den Zugang zur Sprache und damit auch zur Bildung. Mit der Stiftung Lesen haben wir nun einen inhaltlich versierten Partner, der uns bei qualitativen Fragestellungen bestmöglich beraten kann."

Kritik aus dem BuchhandelUnmittelbar nach Bekanntwerden des Vorgangs tauschten sich in den Sozialen Medien Buchhändler kritisch zum Vorgang aus: Für Teile des Buchhandels scheint die eigene Kooperation mit der Stiftung Lesen auf der Kippe zu stehen. Auch auf der Seite der Stiftung Lesen gingen zahlreiche kritische Kommentare ein: Vor allem die Verbindung eines "zweifelhaften Discounters" (so mehrere Kommentatoren) mit der Institution, die für Leseförderung stehen solle, stößt auf auf Unverständnis. Eine Aufwertung von Aldi Süd zum Büchernahversorger mit preiswerten Büchern oder günstigen Lizenzausgaben in Kombination mit einem Ritterschlag durch die Stiftung Lesen gegen Gebühr - das scheint vielen Buchhändlern zu weit zu gehen.