Kurt Wolff Stiftung zum EuGH-Urteil

"Horrorszenario statt Adventsüberraschung"

2. Dezember 2015
von Börsenblatt
Vom einem "Horrorszenario statt Adventsüberraschung" spricht die Kurt Wolff Stiftung in einer Stellungnahme angesichts der drohenden Rückforderungen von VG Wort und VG Bild-Kunst als Folge des Reprobel-Urteils des Europäischen Gerichtshofs. Die kleinen, unabhängigen Verlage seien in ihrer Existenz bedroht.

"Heute trafen bereits die ersten Rückforderungsschreiben der Verwertungsgesellschaften bei den Verlagen ein", schreibt die Kurt Wolff Stiftung in ihrer Mitteilung vom 1. Dezember. Welche Folgen könnte das EuGH-Urteil für die unabhängigen Verlage haben, was würde ein drohender Wegfall der Ausschüttungen bewirken? Dazu schreibt die Kurt Wolff Stiftung:

"Die Ausschüttungen der VG Wort und VG Bild-Kunst stellten stets eine verlässliche Einnahme bei der Programmkalkulation dar, ohne die es für viele kleinere unabhängige Verlage kaum möglich war, den ökonomischen Überlebenskampf erfolgreich zu bestreiten. Wenn diese Gelder wegfallen, leidet darunter die Programmvielfalt: vor allem besonders aufwändige, ungewöhnliche und riskante Buchprojekte, die zumeist von kleineren unabhängigen Verlagen unternommen werden, müssen gestrichen, Autorenhonorare gekürzt werden."

Die Auswirkungen der Rückforderungen von VG Wort und VG Bild-Kunst seien jedoch noch viel gravierender: "Sie entsprechen bei einigen Verlagen einem durchschnittlichen Jahresgewinn, bilden eine existentielle Bedrohung und stellen deren Fortbestand massiv in Frage."

Hinter dem EuGH-Urteil stehe jedoch auch eine völlige Missachtung dessen, was von Verlagen geleistet wird, so die Stiftung. Und fährt fort: "Wir unabhängigen Verlage initiieren und entwickeln Buchprojekte für und mit den Autorinnen und Autoren, lektorieren Manuskripte sorgfältig – je nach Bearbeitungsgrad bis zur Miturheberschaft – und gestalten sie liebevoll, damit aus einem Manuskript ein Buch werden kann, ganz abgesehen von der Verbreitung desselben im Buchhandel wie in der Presse. Die Vorstellung, dass Verlage einfach nur fertige, von Urhebern perfekt verfasste Texte drucken, entspricht keinesfalls dem Engagement und Enthusiasmus dessen, was unabhängige Verlage für ihre Autorinnen und Autoren leisten."

Das Fazit der Kurt Wolff Stiftung: "Sollte das EuGH-Urteil unwidersprochen bleiben, ist die Vielfalt der Verlags- und Literaturszene und die Existenz kleinerer unabhängiger Verlage in Deutschland stark bedroht."