Börsenverein und PEN luden zum Gespräch mit dem Kairoer Verleger Mohamed Hashem

"Ich fühle mich in Ägypten wie in einem Irrenhaus"

17. März 2016
von Börsenblatt
Nur wenige Flugstunden von Mitteleuropa entfernt zählen Freiheitsrechte nichts. Er fühle sich in Ägypten wie in einem „Irrenhaus“, nicht wie in einem Staat, sagte der Kairoer Verleger Mohamed Hashem in einem Pressegespräch, zu dem der Börsenverein und das PEN Zentrum Deutschland auf der Leipziger Messe eingeladen hatten.

Zu Beginn des Gesprächs unterstrich Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, die Notwendigkeit der Meinungsfreiheit als tragender Säule einer freien Gesellschaft: „Ohne Meinungsfreiheit ist eine freie Gesellschaft, ohne Meinungsfreiheit ist ein freier Buchmarkt nicht denkbar.“ Die Beschneidung der Meinungsfreiheit in vielen Ländern betrachte man mit großer Sorge. Wenn Autoren und Verleger verfolgt, gefoltert oder ihre Familien drangsaliert würden, dann sei das ein Alarmsignal. Aber, so Skipis, auch in Deutschland beobachte man „leise“ Einschränkungen der Meinungsfreiheit – etwa, wenn man in Verhandlungen mit der Türkei in der Flüchtlingsfrage eigene Werte über Bord werfe. Er richtete einen Appell an die Bundesregierung, entschieden für die Meinungsfreiheit einzutreten. Diese sei nicht verhandelbar.

Sascha Feuchert, stellvertretender Vorsitzender des deutschen PEN-Zentrums, sagte, die Situation der Meinungsfreiheit habe sich weltweit massiv verschlechtert. Im Jahr 2015 seien weltweit 800 Fälle von Autoren bekannt geworden, die verfolgt, gefoltert oder (zum Tode) verurteilt worden seien.

Wie es um das freie Wort in Ägypten bestellt ist, schilderte Mohamed Hashem, Verleger des Merit Verlags, mit bewegter Stimme. Denunzianten kooperierten mit der Regierung und brächten sogar Kinder in Gefängnisse, weil sie angeblich gegen religiöse Gebote verstoßen hätten oder auf Facebook bekannt hätten, ungläubig zu sein. Er schäme sich für diese sogenannte „Rechtsprechung“, sagte Hashem. Wenn Hunderte von Menschen an einem Tag zum Tode verurteilt würden, dann sei das ein Verbrechen. Ebenso verbrecherisch sei es, wenn Inhaftierten die medizinische Behandlung verweigert werde.

Hashem will sich aber nicht unterkriegen lassen: „Ich werde nicht schweigen und werde den Mund aufmachen. Ich werde dazu sprechen.“ Optimistisch stimmt ihn, dass es gelungen ist, eine Petition für die Freilassung des inhaftierten Autors Ahmed Naji zu initiieren. Etwa 1.000 Menschen hätten die Petition inzwischen unterschrieben, darunter auch fünf ehemalige Kulturminister.

Der Kairoer Verleger ist überzeugt davon, dass Appelle westlicher Regierungen und Organisationen etwas bewirken. So sei etwa das Todesurteil gegen den in Saudi-Arabien verurteilten Dichter Ashraf Fayad in Haft umgewandelt worden. Besonders berührt zeigt sich Hashem von der Aktion gestern Abend im Gewandhaus, als alle Besucher des Festakts ein Plakat hochhielten mit der Aufschrift „Für das Wort und die Freiheit.“

roe