Bundesgerichtshof entscheidet im Fall Vogel gegen VG Wort

Keine Verlegerbeteiligung: VG Wort erleidet Niederlage in Karlsruhe

21. April 2016
von Börsenblatt
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat heute Morgen die mit Spannung erwartete Entscheidung im Verfahren zwischen dem Autor Martin Vogel und der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) verkündet: Die VG Wort ist nicht berechtigt, einen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage auszuzahlen. Damit sei die jahrelang geübte Praxis der VG Wort, Verleger zu beteiligen, hinfällig, so der Vorsitzende Richter Büscher.

Mit dem heutigen Urteil wies das Gericht die Rechtsmittel beider Parteien zurück: die Revision der VG Wort ebenso wie die Anschlussrevision des Klägers Vogel, der erreichen wollte, dass seiner Klage in vollem Umfang stattgegeben wird.

Ein Schlag gegen kleine Verlage?
Im Vorfeld der Entscheidung hätten zahlreiche kleinere und mittelständische Verlage in Veröffentlichungen und Briefen vor den möglicherweise existenzgefährdenden Folgen einer ablehnenden Entscheidung gewarnt, sagte Büscher bei der Verkündung. Dies habe das Gericht nicht interessieren dürfen, da es "ausschließlich um die Prüfung der Rechtslage" gegangen sei. Er gab aber zu bedenken, "ob sich die Urheber einen Gefallen tun, wenn sie sich auf diese Weise von den Verlagen trennen". Den Verlagen stehe es frei, den Gesetzgeber zu bewegen, ihnen ein eigenständiges Leistungsschutzrecht zu verschaffen.

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob die Beteiligung von Verlagen an Ausschüttungen der VG Wort mit der aktuellen Rechtslage in Deutschland und in der Europäischen Union vereinbar ist. Dies hat der I. Zivilsenat des BGH nun ausdrücklich verneint: "Die Beklagte ist nicht berechtigt, einen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage auszuschütten." Eine Verwertungsgesellschaft habe die Einnahmen aus der Wahrnehmung der ihr anvertrauten Rechte und Ansprüche auschließlich an die Inhaber dieser Rechte und Ansprüche auszukehren. Den Verlegern stünden aber, so die Begründung des Gerichts, keine eigenen Rechte oder Ansprüche nach dem Urheberrechtsgesetz zu, die von der VG Wort wahrgenommen werden könnten. "Verleger sind - von den im Streitfall nicht in Rede stehenden Presseverlegern abgesehen - nicht Inhaber eines Leistungsschutzrechts. Die gesetzlichen Vergütungsansprüche für die Nutzung verlegter Werke stehen kraft Gesetzes originär den Urhebern zu."

Die VG Wort nehme auch keine von Urheberseite eingeräumten Rechte in einem Umfang wahr, die eine Beteiligung der Verleger an der Hälfte der Einnahmen begründen könnte, so das Gericht. Eine Beteiligung bestimmter Urheberorganisationen durch die VG Wort sei jedoch erlaubt, soweit die Autoren diesen Organisationen ihre bereits entstandenen gesetzlichen Vergütungsansprüche abgetreten hatten.

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