Neue Literaturverfilmungen auf DVD

Shakespeare, Sherlock und Satire

21. April 2016
von Guido Heyn
Bei diesen DVDs stand die Literatur Pate: Geniale Ermittler, konfliktreiche Paarbeziehungen und außerirdische Angreifer liefern besten Filmstoff fürs Heimkino.

New York in der 1950er Jahren:  Carol (Cate Blanchett) lernt die junge Verkäuferin Therese (Rooney Mara) kennen. Die beiden Frauen verlieben sich ineinander und beginnen ein leidenschaftliches Verhältnis. Carols Mann, mit dem sie in Scheidung lebt, lässt sie überwachen, denn er will die skandalöse, verbotene Beziehung der beiden Frauen für seine Zwecke im Sorgerechtsstreit um die Tochter nutzen. Todd Haynes’ für sechs Oscars nominiertes Drama bietet nicht nur wunderschöne Bilder, sondern ist auch eine faszinierende Zeitreise. Patricia Highsmith schrieb in den 50er Jahren die Vorlage zu dieser beeindruckenden Verfilmung, allerdings unter Pseudonym. Erst Jahrzehnte später bekannte sie sich dazu. "Carol" (DCM / Universum, 113 Min., 12,99 Euro, Blu-ray 14,99 Euro) wurde von der Frankfurter Buchmesse als beste internationale Literaturverfilmung 2015 ausgezeichnet.

Ebenfalls von einer Selbstfindung handelt "The Danish Girl" (Universal, 115 Min., 14,99 Euro) nach dem Roman von David Ebershoff. Einar Wegener lebt mit seiner Frau Gerda, einer erfolglosen Malerin, im Kopenhagen der 20er Jahre. Gerda bittet ihn, als weibliches Modell zu posieren. Die Porträts finden beim Publikum Anklang – und Einar fängt an, sich in seiner weiblichen Rolle wohlzufühlen. In ihm wächst die Sehnsucht danach, als Frau zu leben – auch körperlich. Aber welche Folgen hätte das für seine Ehe? Grandios, wie Eddie Redmayne die ambivalenten Gefühle dieses Mannes spielt, der eine Frau sein möchte.

"Betty Blue. 37,2 Grad am Morgen" war vor 30 Jahren ein Kassenschlager ­(Capelight / Alive, 178 Min., 17,99 Euro, ­Directors Cut 18,99 Euro). Die Roman­vorlage machte den Autor Philippe Djian weltberühmt, Hauptdarstellerin Béatrice Dalle wurde zum Sexsymbol und Weltstar. Auch heute fasziniert die bildgewaltige Geschichte von der dramatischen Beziehung zwischen dem geerdeten Zorg und der leidenschaftlich-wilden Betty ungemein. Der moderne Klassiker wurde jetzt aufwendig ausgestattet und in zwei Fassungen neu aufgelegt.

Ein Tipp, nicht nur für ausgesprochene Shakespeare-Fans: "Macbeth" (Studio­canal, 109 Min., 14,99 Euro, Blu-ray 16,99 Euro). Auch wenn der Kinoerfolg der Neuverfilmung ausblieb, so ist der Streifen mit Hollywoodstar Michael Fassbender absolut sehenswert. Neben den bemerkenswerten Schauspielerleistungen ist die Königsmord-Tragödie auch visuell beeindruckend.

Der schwedische Schauspieler Rolf Lassgard ("Kommissar Wallander") ist in Skandinavien ein Star, hat sich aber auch hierzu­lande einen Namen gemacht. Und selbst wenn er einen egoistischen, depressiven Kriminalpsychologen spielt, wirkt er einfach sympathisch. In dieser Rolle bekommt er es in "Sebastian Bergmann – Spuren des Todes II" (Edel Motion, Mai, 200 Min., 20,99 Euro) mit zwei neuen Fällen zu tun, darunter ein vermeintlicher Gruppenselbstmord von drei jungen Frauen. Die Vorlagen lieferten die Bestsellerautoren Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt, die im Bonusmaterial zu Wort kommen.

Fans der erfolgreichen BBC-Serie "Sherlock" warten schon ungeduldig auf die Ausstrahlung der vierten Staffel, können sich aber mit "Sherlock – Die Braut des Grauens" (Polyband, ca. 90 Min., 12,99 Eu­ro, Blu-ray 14,99 Euro) die Wartezeit verkürzen – ein opulent ausgestattetes ­Special in Spielfilmlänge. Während die Serie in der Gegenwart spielt, müssen die neu adaptierten Ermittler Sherlock Holmes (Benedict Cumberbatch) und Dr. Watson (Martin Freeman) diesmal im viktorianischen London ein mysteriöses Rätsel lösen: Eine Frau im Hochzeitskleid begeht Selbstmord, wird aber abends gesehen, wie sie ihren Ehemann tötet. Ist sie womöglich als Geist zurückgekehrt?

Dystopien stehen – besonders bei Jugendlichen – hoch im Kurs. Und da reiht sich "Die 5. Welle" (Sony, 113 Min., 14,99 Euro, Blu-ray 16,99 Euro) nahtlos bei Erfolgen wie "Die Bestimmung" oder "Die Tribute von Panem" ein. Der Film nach dem Bestseller von Rick Yancey erzählt von einer Menschheit am Abgrund: Aliens greifen die Erde an und selbst das Militär kann ihnen kaum etwas entgegensetzen. In­mitten dieses Wahnsinns versucht die junge Cassie, ihren kleinen Bruder zu finden, der in der Gewalt der Aliens ist. Doch die fünfte Angriffswelle der Aliens droht alles menschliche Leben zu vernichten.

Wie weit Satire gehen darf, ist nicht erst seit Charlie Hebdo oder Jan Böhmermann wieder ein heiß diskutiertes Thema. Auch die Frage, ob Adolf Hitler als Komödien­figur taugt, war strittig. Charlie Chaplins Klassiker "Der große Diktator" ist wohl die beste Antwort darauf. Mit dem kann sich "Er ist wieder da" (Constantin, 110 Min., 12,99 Euro, Blu-ray 14,99 Euro) zwar nicht messen, doch die Idee, den Führer in die Gegenwart zu transferieren und episodenhaft auf Kleintierzüchter, Journalisten und Neonazis treffen zu lassen, die ihn für einen politisch unkorrekten Comedian halten, ist schon sehr witzig – und bietet, wenn auch kein nachhaltiges, so doch kurzweiliges Vergnügen. "Pointierte Gesellschaftssatire, bei der einem das Lachen im Halse steckenbleibt", urteilte "Der Tagesspiegel" dann auch.