Hauptversammlung des Landesverbands SaSaThü

Nachwuchs dringend gesucht!

26. Mai 2016
von Nils Kahlefendt
Sorgen um die Ausbildung, die vertrackte Lage vieler Verlage nach dem VG-Wort-Urteil und Blicke hinter die Kulissen des Deutschen Buchhandlungspreises – nur einige Themen der 26. Hauptversammlung des Landesverbands Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In der Umbruchsituation der Branche erwartet den neugewählten Vorstand jede Menge Arbeit.

Als Leif Greinus (Voland & Quist) seine Buchhändlerlehre absolvierte und Susanne Dagen (Buchhaus Loschwitz) in Leipzig ihren Mann fürs Leben kennenlernte, war die Ausbildung an der Leipziger Gutenbergschule noch dreizügig. Heute kommt mit Mühe gerade eine Klasse zusammen, die Prognosen für die Zukunft sind eher düster.

Wenn die Zahl der im Börsenverein zusammengeschlossenen Buchhandlungen Mitteldeutschlands (2016: 231, plus 128 assoziierte Mitglieder) in den letzten drei Jahren um 30 Firmen schrumpfte, hat das auch mit dem fehlenden Nachwuchs zu tun; Ausbildungsbetriebe werden händeringend gesucht.

Die Ehrung der Ausbilder der prüfungsbesten Azubis, traditionell zur Hauptversammlung des Dreiländerverbands in Leipzig vorgenommen, mutet da eher wie das Pfeifen im Walde an. "Wir brauchen mehr Dynamik in der Ausbildung", wünscht sich denn auch der SaSaThü-Vorsitzende Helmut Stadeler.

Derzeit wertet der Landesverband eine Umfrage von Studentinnen der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur zur Ausbildung im Buchhandel aus; befragt wurden Sortimenter, Schüler vorm Berufsstart und Buchhandels-Azubis. Auch der Bundesverband hat eine Kampagne zur Nachwuchs-Gewinnung in der Pipeline. Studien her, PR-Arbeit hin: Aktiv werden müssen die Mitglieder selbst.

Kaum Luft für Risiko-Titel

Dass deren Alltag nicht unbedingt leichter wird, zeigte die Fachgruppenversammlung des herstellenden Buchhandels: Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang informierte die versammelten Verleger über den aktuellen Entwicklungsstand nach dem VG-Wort-Urteil. Die Lage ist nicht hoffnungslos, aber vertrackt, fällige Nachzahlungen verhageln auch vielen mitteldeutschen Verlagen die Bilanz. "Für Risiko-Titel", meint ein Verleger am Rande der Diskussion, "fehlt uns gerade schlicht die Luft". Fazit in den Worten Stadelers: "Das Stoßgebet ‚Es wird schon alles gut werden!’ hilft längst nicht mehr."

Dämpfer von der Steuerberaterin

Und wo, bitte, bleibt das Positive? In der Fachgruppenversammlung des verbreitenden Buchhandels drehte sich alles um den im letzten Jahr erstmals vergebenen Deutschen Buchhandlungspreis. Leif Greinus, Vorstandsmitglied der Kurt-Wolff-Stiftung, und Susanne Dagen, mit dem Buchhaus Loschwitz eine von 108 Ausgezeichneten, warteten mit durchaus spannenden Insider-Sichten auf.

Dagen etwa räumte mit dem Gerücht auf, dass man sich nur einmal bewerben dürfe (sie tut es gerade wieder), berichtete vom Einsatz des Preisgeldes (neue Bürofenster fürs denkmalgeschützte Buchhaus-Domizil, ein "kleiner Puffer" für die rund 100 Veranstaltungen übers Jahr) und einem Dämpfer der Steuerberaterin: Die 15.000 Euro Preisgeld sind nach deren Einschätzung zu versteuern, sie gehen zu hundert Prozent in den Gewinn ein.

Eine muntere Diskussion schloss sich an: Raimund Müller (Jacobi & Müller, Halle/Saale) etwa wäre es lieber, wenn die Politik, statt Preise auszureichen, darauf achten würde, „dass die öffentliche Hand das Geld in der jeweiligen Kommune lässt“. Peter Peterknecht (Peterknecht, Erfurt) wünscht sich, dass auch größere inhabergeführte Firmen, die kulturpolitisch wertvolle Arbeit leisten, vom Geldsegen profitieren könnten.

Darüber kann man trefflich streiten, über eines indes nicht: Wer jetzt noch zögert, sich für die zweite Auflage des Preises zu bewerben, sollte sich sputen – die Ausschreibung läuft noch bis Ende Mai.

Neue Köpfe im Vorstand

Mit großem Applaus wählte die Hauptversammlung Regine Lemke, die vor zwei Jahren verabschiedete langjährige Geschäftsführerin des Landesverbands, die heute die Geschäfte des Sozialwerks führt, zum Ehrenmitglied. Mit Wilfried Bengsch navigierte ein weiteres Ehrenmitglied gewohnt lässig durch die turnusmäßig anstehenden Wahlen des Vorstands für die Amtszeit 2016 bis 2019.  Neben Routiniers wie Helmut Stadeler, der für die dritte Amtszeit an der Verbandsspitze bestätigt wurde, rückten auch neue Köpfe nach. Das Ergebnis im Überblick:

Vorsitzender:

  • Helmut Stadeler, Verlag Bussert & Stadeler, Jena

Verleger:

  • Peter Gerlach, Hasenverlag, Halle/Saale (Schatzmeister)
  • Katharina Salomo, Salomo Publishing, Dresden (Schriftführerin)

Buchhändler

  • Daniela Berthelmann, Linden-Buchhandlung, Leipzig
  • Juliane Bleis, Buchhandlung Die Eule, Weimar
  • Silvia Hengmith, Buchhandlung Goerke, Meerane
  • Klaus Kowalke, Lessing & Kompanie, Chemnitz
  • Peter Peterknecht, Buchhandlung Peterknecht, Erfurt (stellvertr. Vorsitzender)

Leitung der Fachgruppe herstellender Buchhandel:

  • Frank Stübner, Lusatia Verlag, Bautzen (Vorsitzender)
  • Mark Lehmstedt, Lehmstedt Verlag, Leipzig (Stellvertreter)

Leitung der Fachgruppe verbreitender Buchhandel:

  • Susann Krahl, Buchhandlung Molsberger, Halle/Saale (Vorsitzende)
  • Alexandra Messerschmidt, Buchandlung am Markt, Hildburghausen (Stellvertreterin)

Gemeinsam sichtbarer werden

Dass mit Katharina Salomo, der Mitbegründerin der Dresdner Messe "Schriftgut", eine Kritikerin an der Organisation des 2015 parallel gestarteten Verbandsprojekts "Sächsische Bücherschau" nun Vorstandsverantwortung übernimmt, ist mutig. Und lässt hoffen, dass die für Anfang November anstehenden Neuauflagen von "Sächsischer Bücherschau" und "Schriftgut" auf Synergien setzen – und damit beide an Zugkraft gewinnen.

Fürs Restjahr hat sich der Verband auch sonst einiges vorgenommen: Die Thüringer Buchtage werden heuer erstmals in die Landeshauptstadt Erfurt ziehen; nach dem Muster des Thüringer Gemeinschaftsstands auf der Frankfurter Buchmesse (seit 2011) wird es im Oktober am Main erstmals einen Sächsischen Gemeinschaftsstand mit 14 Verlagen aus dem Freistaat geben.

Das letzte Wort, der letzte Song gehörte in Leipzig dem Liedermacher Gerhard Schöne, dessen Konzertlesung einen langen Hauptversammlungs-Mittwoch beschloss.  "Vielleicht wird’s nie wieder so schön" sang der Mann zur Akustik-Gitarre; sicher kein Motto für die Verleger und Buchhändler in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Weiter geht’s!