AKEP-Expertenumfrage

Digitale Transformation und Mobile Commerce

23. Juni 2016
von Börsenblatt
Zwei steile Thesen – und was sechs Experten dazu sagen: Im Vorfeld der AKEP-Jahrestagung am 22. Juni in Berlin haben wir der Branche den digitalen Puls gemessen. Das Ergebnis lesen Sie hier.

Claudia Güner, Bereichsleiterin Produktionsmanagement, Thieme Verlagsgruppe

"These 1: Produkte wie E-Books, Datenbanken oder digitale Newsletter haben mittlerweile ihren festen Platz im Angebot der Verlage. Außerdem gibt es immer mehr komplexe Lösungsangebote, die Zielgruppen in einer bestimmten Lebens- oder Arbeitssituation Unterstützung bieten. Innerhalb der Unternehmen sind mit der Entwicklung dieser Angebote große Herausforderungen in Bezug auf Kultur, Strategie, Struktur und Prozesse verbunden. Doch zu einem wesentlichen Teil ist es sicherlich gerade dieser stete Weg der Veränderung – und weniger das Ankommen –, der die Basis schafft, um die Zukunft in den Verlagen innovativ, bereichernd und erfolgreich zu gestalten.

These 2: Der Mensch lebt von jeher mobil, doch was bedeutet 'mobil' in Ansprache und Geschäftsmodell? Was wir brauchen, um in Zukunft erfolgreich zu bleiben, ist Vernetzung von individuell passenden und geeigneten, 'intelligenten' Inhalten, von und mit verschiedenen Geräten und virtuellen Realitäten; gesteuert mit Sprache oder Profil-­Informationen."

Dorothea Redeker, Beraterin, Vanishing the Borders

"These 1: In dieser Pauschalität lässt sich die Aussage sicher nicht halten. Denn die Veränderungen in der Branche finden auf mehreren, unterschiedlich zu wertenden Ebenen statt. Bei Transformation sprechen wir ja nicht nur von digital aufbereiteten Inhalten und neuen Präsentationsformen oder Verkaufskanälen, sondern auch von der Zusammenarbeit zwischen den Branchenteilnehmern und – aus meiner Sicht besonders wichtig – von einer sich wandelnden Kommunikation zwischen den Akteuren. Letzteres führt zu gesellschaftlichen Umbrüchen, deren Tragweite wir heute noch nicht absehen können, die uns aber jenseits von Geschäftsmodellen und technischen Lösungen vor neue Herausforderungen stellt.   

These 2: Mobile Angebote werden eine wichtige Rolle spielen – für wen und in welchem Ausmaß, wird vom Handlungsumfeld abhängen. Der Publikumsmarkt unterliegt anderen Anforderungen als der Fachbuch- und Wissenschaftsmarkt. In einer klugen Differenzierung, einer genauen Betrachtung der Situa­tionen, in denen Mobiles gefragt ist, liegen die Antworten. Die Zeit der unreflektierten App-Entwicklung scheint mir vorbei zu sein."

Ralf Tornow, Geschäftsleitung Marketing und Vertrieb, Klett-Cotta

"These 1: Digitale Transformation ist kein Zielzustand, den wir irgendwann erreicht haben werden, um uns dann gemütlich zurück­zulehnen, sondern wird uns noch viele Jahre begleiten. Sie ist vor allem eine Chance für uns Verlage, Geschäftsmodelle und Arbeitsabläufe infrage zu stellen, zu überprüfen und uns kreativ und mit Augenmaß zu modernisieren.

These 2: Ein moderner Marketing-Mix beinhaltet heute selbstverständlich mobile Komponenten. Allerdings nur dort, wo eine Zielgruppenansprache auf diesem Weg sinnvoll erscheint. Mobile-Commerce-Geschäftsmodelle sind für Publikumsverlage bisher eher eine Abrundung bereits etablierter Modelle. Selbstverständlich sollten wir sie im Blick behalten. Es gibt aus unserer Sicht aber keinen Anlass, in hektische Betriebsamkeit zu verfallen. Ob die bisher bekannten Geschäftsmodelle ähnlich disruptive Kräfte entfalten können wie vor einigen Jahren die Einführung der E-Books, darf bezweifelt werden."

Steffen Meier, Leitung Projektinnovation und -marketing, Readbox

"These 1: Im Moment scheint sich eine Kluft aufzutun zwischen Verlagen, die sich in der Vergangenheit im Digitalen zurückgehalten haben und nun das leichte Erodieren des Kernprodukts Print bemerken, und anderen, die sehr weit vorn dabei waren und nun ihre Aktivitäten unter Ertragsaspekten kritisch auf den Prüfstand stellen. Mit Sicherheit ein normaler Vorgang, der nur wieder branchentypisch aufgeheizt wird im Sinne einer lustvoll selbstzerfleischenden digitalen Pro-und-Kontra-Diskussion. Alles ist oder wird digital. Punkt. Damit muss sich die Buchbranche auseinandersetzen.

These 2: Es ist bezeichnend, dass es der temporäre Ausfall eines Mobilfunknetzes sogar in die Tagesschau schafft. Ein stärkeres Signal, dass mobile Kommunikation und Verfügbarkeit in den letzten Jahren alle Gesellschaftsschichten durchdrungen haben, braucht man wohl kaum. Dies gilt aber nicht in gleichem ­Umfang für alle Wirtschaftsbereiche, besonders für den lokalen Buchhandel. Hier wird es sicher innovative Modelle geben, aber nicht in der Breite – und das ist hier auch gar nicht nötig. Das Thema Mobile allein wird wohl kaum für ein Verschwinden in den nächsten fünf Jahren verantwortlich sein – da gibt es andere Faktoren."

Petra Steinfeld, Direktorin, Klopotek & Partner

"These 1: In Teilen ja, denn die wirklichen Möglichkeiten und echten Revolutionen stehen noch bevor und sind in vielen Bereichen noch gar nicht richtig an den Start gebracht worden. Stichworte dazu sind: digitale Lernplattformen, die nicht nur Print durch Digital ersetzen, sondern auch gedanklich komplett anders funktionieren und zum Erfolg führen als Print. Zudem ist die digitale Transformation in den Arbeitsprozessen noch gar nicht wirklich angekommen und daher haben insbesondere die Mitarbeiter in den Verlagen bei der nötigen Weiterentwicklung und Neuausrichtung ihrer Skills noch einen langen Weg vor sich.

These 2: Kommt auf die Zielgruppe an: Endkundenansprache funktioniert ohne mobile Geräte / Mobile Commerce gar nicht mehr, selbst bei so konservativen Kundengruppen wie dem Leser. Selbst Leser der Altersgruppe 60 plus suchen ­mobil nach ihrer nächsten Lektüre und erwarten von ihrer örtlichen Buchhandlung mobile Präsenz."

Oliver Pux, Leiter Digital, Aufbau Verlag

"These 1: Die Buchbranche ist noch ganz am Anfang und wir können uns diese Bedächtigkeit auch nur wegen der Preisbindung und eines recht konservativen Markts erlauben. Die Umsätze haben sich noch nicht so weit verschoben, dass Verlage und Handel wirklich tief­greifende Veränderungen durchmachen mussten. Doch wir nähern uns, wenn auch langsam, der kritischen Masse. Neue Formate, neue Kaufangebote, neue Kundenansprache und nicht zuletzt neue Produkte, Produktionsabläufe und Vermarktungsformen werden bestimmen, wer das Rennen macht und wer auf der Strecke bleiben wird.

These 2: Die große Herausforderung der kommenden Jahre wird es sein, sich immer wieder die Frage zu stellen: Wie erreiche ich meine Kunden, wie neue Kunden, wie Multiplikatoren? Vor dem Hintergrund von Flächenreduktionen im Handel, einem stetigen Wachstum im Online- und Direkthandel, einer abnehmenden Leselust und der Konkurrenz von Mediennutzungsarten um die Zeit der Nutzer wird es immer wichtiger, kompetent und neugierig auf innovative und effektive Formen der Kundenansprache zu sein. Mobile Marketing muss daher ebenso zum Marketing-Mix gehören, wie zu wissen und zu akzeptieren, wo der Leser einkaufen möchte."

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Annette Beetz, Geschäftsführung Marketing und Vertrieb, Verlagsgruppe Random House

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