Sachbücher für junge Leser

Das bessere Leben

30. Juni 2016
von Nicola Bardola
Menschen, die die Welt verändert haben, oder solche, die sie hoffentlich nicht verändern: Viele Sachbücher für junge Leser greifen Themen der aktuellen Weltpolitik auf oder porträtieren Personen der Zeitgeschichte. Eine Auswahl.

Ein demokratisches Bewusstsein wird nicht nur in Elternhäusern und Schulen gefördert, sondern generell auch durch das Lesen von Büchern. Anschaulich erzählte Schicksale, die Empathie ermöglichen, sind dabei meist von größerer Wirkung als das abstrakte Studium von Quellen. Und so gibt es eine Reihe von Sachbüchern für Kinder und Jugend­liche, die einen unmittelbaren Bezug zu Personen der Zeit­geschichte haben. Zum Beispiel "Die Präsidentin" (Jacoby & Stuart, August, 104 S. 19,95 Euro), eine Graphic Novel, die François Durpaire erdacht und Farid Boudjellal illustriert hat. In dem Buch wird sehr realistisch imaginiert, was passieren könnte, wenn die ra­dikale Rechte mit Marine Le Pen im Mai 2017 die Präsidentschaftswahlen in Frankreich gewinnen würde. "Zuerst werden Sie die ganzen Europafahnen wegnehmen", befiehlt Le Pen nach der Amtseinführung im Elyseepalast und bereitet wenig später den Ausstieg aus dem Euro vor. "Macht die Augen auf, will dieses Buch sagen", schreibt Ulrich Wickert im Vorwort, "Sinn dieser politischen Fiktion ist es, den Leser erschaudern zu lassen."

Viele Sachkenntnisse werden mitgeliefert, eine umfassen­dere Kenntnis bietet dagegen der Band "Europa" aus der Was-ist-was-Reihe von Tessloff (48 S., 9,95 Euro). Mit einem guten Gespür für die Gewichtung der Themen führen die Verfasser in das äußerst komplexe Gebilde Europa ein. Alle wesentlichen Aspekte der EU werden leicht verständlich dargestellt, ein guter Einstieg für politisch aufgeweckte Kinder.

Die Mittel der Graphic Novel werden immer beliebter, um komplexe Themen oder Persönlichkeiten der Zeitgeschichte darzustellen. Um technische Fiktionen geht es in "Steve Jobs. Das wahnsinnig geniale Leben des iPhone-Erfinders" (Fischer KJB, 240 S., 16,99 Euro) von Jessie Hartland. "Wir müssen wissen, was der Verbraucher will, bevor er es selber weiß", war einer von Jobs' Kernsätzen. Da Fragen des sich rasch wandelnden Designs von Handys und Computern und anderen technischen Geräten für den Gründer von Apple sehr wichtig waren, eignet sich die bildgestützte Erzählweise hier besonders gut. Hartlands kritzelige Bilder vereinfachen den vielschichtigen Charakter des Protagonisten, ohne ihm seine Aura zu nehmen. Im Gegenteil: Geschickt gewählte Informationsblöcke vermitteln, was Steve Jobs' Visionen und sein großes Anliegen waren: kindliche Logik und höchste Benutzerfreundlichkeit. Hier werden nicht nur die wichtigen Jahrzehnte der digitalen Revolution gut zusammengefasst, sondern auch das entsprechende Lebensgefühl.

Dass es nicht nur technische Konzepte für ein besseres Leben gibt, zeigt Bettina von Clause­witz mit dem Buch "Wer, wenn nicht wir! Weltverbesserer und Querdenker im Gespräch" (Peter Hammer Verlag, August, 160 S., ca. 19,90 Euro). Die Journalistin hat sich mit zwölf Aktivisten unterhalten, um deren Reaktionen auf Missstände zu zeigen. Es kommen unter anderen eine Öko-Unternehmerin, eine Frauenrechtlerin, ein Lebensmittelretter und ein Umweltaktivist zu Wort. Wie bei der Lektüre der Jobs-Biografie bekommt man auch hier sofort Lust, ähnliche Ideen zu entwickeln und sich zu engagieren. Bettina von Clausewitz macht deutlich, wie aus der Erkenntnis von Missständen der Wille wachsen kann, etwas dagegen zu unternehmen, indem man beispielsweise als Clown in Kliniken arbeitet. Es ist interessant zu sehen, wie verschie­dene Persönlichkeiten auf negative, oft Jahrzehnte zurück­reichende Entwicklungen reagieren und es sich zur Lebensaufgabe machen, den schädlichen Prozess umzukehren. Das positive ­Fazit für die jungen Leser: Man kann ja doch etwas tun.

Das könnte auch ein Motto für Gudrun Pausewangs Leben sein. In "So war es, als ich klein war. Erinnerungen an meine Kindheit" (Ravensburger, August, 128 S., 6,99 Euro) nimmt eine der erfolgreichsten Jugendbuchautorinnen Deutschlands ("Die Wolke") ihre Leser mit auf eine Zeitreise. Die engagierte, 1928 geborene Autorin berichtet detailreich und lebhaft von den sich wandelnden Lebensumständen. Die Erinnerungen zeigen, warum und wie Pausewang begann, sich für soziale Gerechtigkeit, für die Umwelt und für den Frieden zu engagieren.