Ingeborg-Bachmann-Preis

Sharon Dodua Otoo überzeugt aus der Ei-Perspektive

4. Juli 2016
von Börsenblatt
Überraschung in Klagenfurt: Nach langen, hitzigen Diskussionen vergab die Jury den diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Preis an die in Berlin lebende Britin Sharon Dodua Otoo.

Die 1972 in London geborene Autorin überzeugte die Juroren mit einem Auszug aus ihrem großartigen Buch "Herr Göttrup setzt sich hin". Die Handlung beginnt mit einer Frühstücksszene "wie von Loriot inszeniert", schreibt Kathleen Hildebrand in der "SZ", "schwenkt dann aber um und erzählt aus der Perspektive eines Frühstückseis, das sich seinem Auftrag verweigert, hart zu werden." Um eine Identität, die sich weigert, festgelegt zu werden, kreisen auch die folgenden Abschnitte der Erzählung.  Der Hauptpreis ist mit 25.000 Euro dotiert.

Sharon Dodua Otoo ist nicht nur literarisch produktiv, sondern auch politisch engagiert: Die Britin mit ghanaischen Wurzeln, die heute in Berlin lebt, arbeitet als Aktivistin und setzt sich für die Rechte von Frauen, Schwarzen und Flüchtlingen ein. Otoo nahm auf Einladung von Jurorin Sandra Kegel (F.A.Z.) am Wettbewerb teil. 

Mit dem Kelag-Preis (10.000 Euro)  wurde der Schweizer Dieter Zwicky für den Text „Los Alamos ist winzig“ ausgezeichnet. Zwicky hatte bereits 2007 schon einmal am Wettbewerb teilgenommen und war in diesem Jahr von Juror Juri Steiner eingeladen worden. 

Jurysprecher Hubert Winkels hatte die deutsche Autorin Julia Wolf eingeladen; sie gewann den 3sat-Preis (7.500 Euro) für den Text „Walter Nowak bleibt liegen“. Der Text beschreibt, wie ein alter Mann nach einem Sturz im Schwimmbad verletzt auf Hilfe wartet und währenddessen über sein Leben nachdenkt. 

Die Wienerin Stefanie Sargnagel, die ebenfalls von Jurorin Sandra Kegel nach Klagenfurt eingeladen worden war, errang den BKS-Bank-Publikumspreis (dotiert mit 7.000 Euro und einem Stadtschreiberstipendium in Klagenfurt). Der Publikumspreis ist Ergebnis einer öffentlichen Online-Abstimmung. 

Die Originaltexte der Autoren und die Jurydiskussionen dazu hält die Website des ORF vor.