Helena Bommersheim über neue Führungsstrategien

"Even Batman needs a Wingman"

7. Juli 2016
von Börsenblatt
Kommunikation und Empathie: Die Personalberaterin Helena Bommersheim erklärt, wie modernes Führen funktioniert. Und warum auch die Leader einen Sparringspartner brauchen.

Verlangt wird heute mehr denn je der Unternehmer im Unternehmen, der als Ziel- und Integrationsfigur Innovationen und Veränderungsprozesse steuert, das bestehende Geschäft sichert und es gleichzeitig weiterentwickelt. Mitarbeiter, Vorstände und Gesellschafter und nicht zuletzt der Kunde haben gleichermaßen hohe Erwartungen an die Führungskraft.

Balance halten  Das Anforderungsprofil oszilliert zwischen Experimentierfreudigkeit und Risikominimierung, zwischen Sicherung des bestehenden Geschäfts und "Think Tank"-Sein für zukunftsfähige Geschäftsfelder. Es gilt, die Balance zu halten zwischen Stabilisierung und Wachstum, zwischen Investition und Restrukturierung, zwischen Aufbruch und Abbau. Nie war die Welt komplexer als heute: Globale Herausforderungen sind Teil des täglichen Geschäfts geworden.

Dabei geraten vor allem die bisherigen Prozesse und Strukturen der Organisation unter Druck. Und spricht man von der Organisation, so spricht man selbstverständlich von den Mitarbeitern, die damit ganz unterschiedlich umgehen. Eine weitere Führungsherausforderung: verunsicherte Mitarbeiter, die auch bei unbequemen Entscheidungen auf dem gemeinsamen Weg mitzunehmen sind. Es geht um das Aushalten ihrer Verunsicherung und natürlich darum, in ungewissen Zeiten Orientierung zu geben. Souveränität, sich selbst nicht verunsichern lassen – das gehört ebenso dazu wie der Mut, sich Menschen an Bord zu holen, die manche Zukunftsthemen besser durchdringen als man selbst. Darin zeigen sich die Größe und die Fähigkeit der Führungskraft.

Wie gelingt es ihr, mit der hohen Dynamik, die in diesen Veränderungen steckt, umzugehen? Mit den eigenen Erwartungshaltungen, aber auch mit denen der anderen? Moderne Leadership bedeutet deshalb auch, die zentrale Schlüsselrolle der Kommunikationsfähigkeit und der Empathie zu erkennen und zu leben. Kommunikation hat sich durch die sozialen Medien bereits rasant verändert und wird im modernen Unternehmertum neben allen fachlichen, strategischen und analytischen Fähigkeiten die Schlüsselfunktion sein. Empathie wiederum ist der Schlüssel dazu, die Qualitäten der Mitarbeiter jenseits der messbaren Qualifikationen zu erkennen. Gleichermaßen wichtig ist es, bei allen Mitarbeitern Wissen aufzubauen, die analytischen Fähigkeiten zu entwickeln, um im Rahmen der Digitalisierung – sei es im Produkt, im Marketing, Vertrieb oder auch im Content selbst – bestehen zu können.

Wir kommen noch zu großen Teilen aus einer Zeit, in der Weisung und Kontrolle die Zusammenarbeit bestimmten. Das hat sich längst verändert – die Währung heute heißt Vertrauen und Verantwortung übertragen. Es geht darum, die Potenziale der Menschen zu sehen, aber auch ihre Limitationen anzuerkennen, sie zu fordern, aber nicht unangemessen zu überfordern. Denn dann gehen sie in die innere Emigration, die Leistungsbereitschaft sinkt und häufig entsteht eine "Schattenorganisation", die sich verselbstständigt.

Weniger Hierarchie bedeutet nicht unklare Entscheidungsstrukturen und unklare Verantwortung; bei aller Teil­habe der Mitarbeiter braucht es Klarheit über die Zielsetzung der Unternehmung, Transparenz bei der Entscheidung und Konsequenz in der Umsetzung. Um dieser komplexen Herausforderung gewachsen zu sein, benötigen auch die Leader mehr als nur die Rendite-Anforderung der Gesellschafter. Auch sie benötigen Sparringspartner – "even batman needs a wingman".