Elsevier informiert über Nationallizenz-Gespräche mit HRK

Nach Pause gehen DEAL-Verhandlungen 2017 weiter

5. Dezember 2016
von Börsenblatt
In der Diskussion um eine Nationallizenz für elektronische Wissenschaftszeitschriften hat sich der Verlag Elsevier zu Wort gemeldet. In einem Statement bestätigt das Unternehmen die laufenden Verhandlungen mit der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) sowie mehr als 600 Institutionen und kündigt an, die Gespräche nach einer Pause 2017 fortsetzen zu wollen.

In der Stellungnahme von Elsevier heißt es:

"Elsevier wurde von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) darum gebeten, an vertraulichen Verhandlungen teilzunehmen, um erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine landesweite Vertragsvereinbarung für wissenschaftliche Literatur zu entwickeln. Wir sind diesem Ansinnen nachgekommen und haben Vorschläge für eine Abonnement-Lizenz und separat für Open-Access-Publikationen für deutsche Forscher gemacht.

Da solche Verhandlungen für mehr als 600 Institutionen komplex sind, haben sich beide Seiten in der zweiten Hälfte dieses Jahres regelmäßig getroffen und vor kurzem gemeinsam beschlossen, die Gespräche bis Anfang des neuen Jahres zu pausieren.

Elsevier wurde auch darum gebeten, einen Vorschlag zu machen, der landesweit mehr Inhaltsvolumen sowie bedeutend mehr Institutionen umfasst, als es momentan über individuelle Verträge der Fall ist. Dies erhöht die Komplexität und das Gesamtvolumen des zu verhandelnden Vertrages."

Als Grund für die Verschiebung nennt der Verlag nicht nur die Komplexität der Verhandlungen, sondern auch den Wunsch des Verhandlungspartners – dabei handelt es sich um das Projektteam "DEAL", das im Auftrag der Hochschulrektorenkonferenz mit Elsevier verhandelt –, weitere Institutionen und Inhalte in die Lizenzgespräche einzubeziehen. Gegenstand der Verhandlungen sind auch Open-Access-Publikationen. Dazu heißt es weiter:

"Als weltweit drittgrößter Open-Access-Verleger unterstützt Elsevier die Open-Access-Bemühungen der Deutschen Bundesregierung. Im Zuge dessen hat Elsevier der HRK Vorschläge für einen Weg hin zu einem Veröffentlichungssystem unter dem Open-Access-Model in Deutschland unterbreitet."

Im letzten Abschnitt der Stellungnahme verwahrt sich Elsevier gegen Anschuldigungen von Seiten der Wissenschaftsorganisationen, der Verlag wolle ihnen den Zugang abschalten: [die frühere Aussage "... habe den Zugang zu lizenzierten Inhalten gesperrt" haben wir korrigiert; d. Red.]

"Wir sind über die Anschuldigung überrascht, wir würden Wissenschaftsorganisationen damit drohen, ihren Zugang abzuschalten. Vielmehr waren es diese Institutionen selbst, die uns über ihre Absicht informiert haben – basierend auf der Annahme, dass eine Nationallizenz bis Ende des Jahres 2016 erzielt würde – ihre auslaufenden individuellen Vereinbarungen nicht automatisch erneuern zu wollen. Selbstverständlich werden alle Institutionen, auch wenn sie ihre Verträge gekündigt haben, mit Zugang versorgt, so sie dies wünschen."

Hintergrund ist, dass die HRK die Wissenschaftsbibliotheken dazu aufgefordert hatte, im Hinblick auf den Abschluss einer Nationallizenz die individuell mit Elsevier abgeschlossenen Lizenzvereinbarungen zu kündigen. Die HRK war in ihrem "Zeiplan" davon ausgegangen, dass die Verhandlungen mit Elsevier bis zum Jahresende abgeschlossen sein würden. Dies ist nun, wie Elsevier mitteilt, nicht der Fall. Man freue sich aber darauf, "die Gespräche mit der HRK im Jahr 2017 fortzuführen".

Kritik aus der Branche
Elsevier und zwei weiteren Wissenschaftsverlagen (Springer Nature und Wiley) war aus Sortiments- und Verlagskreisen vorgeworfen worden, durch die Verhandlungen über E-Lizenzen für Wissenschaftsjournale der Konzentration im Markt der Wissenschaftsverlage Vorschub zu leisten und den Buchhandel vom Geschäft mit Lizenzinhalten abzuschneiden. Die Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher Sortimente (AWS) hatte deshalb einen Protestbrief veröffentlicht, in dem auch die drei großen Verlage kritisiert wurden.