Jahresbilanz 14: Documenta-Geschäftsführerin Annette Kulenkampff

"Wir benötigen noch 60.000 Bücher für den Parthenon"

15. Dezember 2016
von Börsenblatt
Bis zum 31. Dezember kommt auf boersenblatt.net jeden Tag eine Branchenpersönlichkeit zu Wort. Unsere kleine Jahresbilanz, verbunden mit einem Ausblick auf 2017. Heute: Annette Kulenkampff, ehemalige Hatje Cantz-Verlegerin und seit zwei Jahren Geschäftsführerin der documenta und der Museum Fridericianum gGmbH in Kassel.

Was ist leichter – die Geschäfte der documenta oder die eines Verlages zu führen?
Mit beiden Aufgaben steht man als Geschäftsführerin vor ganz speziellen Herausforderungen, die nur mit großem Engagement, viel Erfahrung und vor allem Leidenschaft für die Sache zu lösen sind. Die documenta erfindet sich von Ausgabe zu Ausgabe neu und entwickelt sich innerhalb von fünf Jahren zu einem Unternehmen, das am Ende knapp 1.000 Mitarbeiter beschäftigt. Der Verlag hat da eine größere Kontinuität, muss allerdings jedes halbe Jahr ein neues, spannendes Programm vorlegen. Schwer oder leicht kann ich nicht sagen – aufregend und unerwartet, täglich neu und flexibel und ganz nah an der Aktualität, das sind Stichwörter die mir zu beiden Bereichen einfallen.

Worüber haben Sie sich 2016 besonders gefreut?
Dass wir gemeinsam mit der Frankfurter Buchmesse den Startschuss für eines der aufsehenerregendsten Projekte der documenta 14, den "Parthenon der Bücher" der Argentinischen Künstlerin Marta Minujín, geben konnten. So war ich, als langjährige Teilnehmerin der Frankfurter Buchmesse, auch in diesem Jahr aktiv dabei. Das hat mich besonders gefreut.

Was ist Ihnen im vergangenen Jahr missglückt?
Für den Nachbau des Parthenon von der Akropolis in Athen im Maßstab 1:1 (70 x 30 x 20 m) auf dem Friedrichsplatz in Kassel benötigen wir 100.000 ehemals verbotene, heute wieder lieferbare Bücher. Bisher haben wir, trotz großartiger Unterstützung auch von vielen Verlagen, das für dieses Jahr gesetzte Ziel von 40.000 Büchern noch nicht erreicht. Da ist noch Luft nach oben.

Warum darf man die documenta 2017 nicht verpassen?
Besonders für Büchermenschen: um den Tempel von der Akropolis in Athen, aufgebaut aus Büchern auf dem Friedrichsplatz in Kassel im Original zu sehen, sollte man die documenta 14 besuchen. Darüber hinaus natürlich auch, um viele andere anregende Kunstwerke zu entdecken und um Athen einmal von einer ganz anderen Seite kennenzulernen.

Was müssen Sie bis zum Starttermin unbedingt noch regeln?
Neben vielen anderen Aufgaben: die restlichen 60.000 Bücher sammeln.

Wir alle arbeiten immer mehr. Ihr Tipp für eine perfekte Work-Life-Balance?
Das Hobby zum Beruf machen, Familie, Freunde und ein Hund für lange Spaziergänge.

Bald gibt es Geschenke. Was wünschen Sie sich?
Aus gegebenem Anlass − die documenta findet vom 8. April bis 16. Juli in Athen und vom 10. Juni bis 17. September 2017 in Kassel statt − eine hoffnungsvollere Zukunft für die Menschen in Griechenland.