Prachtvolle Kunstbuch-Novitäten

Seitenweise große Kunst

22. Dezember 2016
von Börsenblatt
Bewegte Skizzen von van Gogh, leuchtende Glasfenster von Marc Chagall: Diese Kunstbücher setzen Farbtupfer im Wintergrau. Deshalb gehören sie auch gleich im Januar ins Schaufenster.

Ein Sensationsfund
Auf den Seiten eines Kassenbuchs von van Goghs Wirtsleuten in Arles fanden sich 65 Zeichnungen, die seine Exkursionen in die proven­zalische Umgebung dokumentieren. Von den Strichen, Spiralen und Tupfen, die zum Teil sehr detailliert mit der Rohrfeder ausgearbeitet sind, geht eine große Dynamik aus. Die viel diskutierten Fundstücke werden in Beziehung zu Gemälden und alten Fotos gesetzt. Sie zeigen, dass van Gogh Buch über seine zeichnerischen Ideen geführt hat – und offenbar mehr Stillleben schuf als bislang bekannt war.

Bogomila Welsh-Ovcharov: "Vincent van Gogh. Das Skizzenbuch aus Arles"  /  Knesebeck  /  280 S.  /  70 € 

Hingetupfte Versbilder
Armin Mueller-Stahl ist Schauspieler, aber auch Schrift­steller, Musiker, Maler. Vor 50 Jahren entstand sein Gedicht "Die Blaue Kuh". Die schräge Ballade vom Eutertier, das seine eigene Milch austrinkt, steckt voller Wortwitz – und galt zu DDR-Zeiten als Systemkritik. Jetzt gibt es die legendären Liedverse in Buchform, mit hinreißenden Aquarellen, die das Rindvieh am Ende auch bildlich auf Lausgröße schrumpfen lassen.

Armin Mueller-Stahl: "Die Blaue Kuh"  /  Hatje Cantz  /  40 S.  /  19,80 € 

Göttliche Lichtspiele
Ob Mainz oder Reims: Wer einmal in einer Kirche mit Chagall-Fenstern gestanden hat, wird diesen Rausch der Farben und Formen so schnell nicht vergessen. Belser hat jetzt ein Standardwerk zu Chagalls Glaskunst wiederbelebt, das in den 90er Jahren zum ersten Mal erschienen ist. Glasmalerei als lichtdurchflutetes Gotteslob – ein Muss für alle, die Chagalls Werke lieben.

Sylvie Forestier, Nathalie Hazan-Brunet: "Marc Chagall. Die Glasfenster"  /  Belser  /  256 S.  /  78 € 

Ein Spaziergang durch die Epochen
Auch Künstler sind Kinder ihrer Zeit. Dieser Phaidon-Band gießt die Wechselwirkungen zwischen Politik, Gesellschaft und Kunst in knackige Kapitel. Ob Videokunst oder Land Art, Dadaismus oder Romantik: Jeder Kunstrichtung wird eine Doppelseite gewidmet, mit historischem Zeitstrahl und Beispielbild. Tiefenschärfe ist da nicht möglich – aber eine schnelle ­Zusammenschau, die Welt- und Kunstgeschehen verknüpft.

"Kunst im Wandel der Zeiten"  /  Phaidon  /  368 S.  /  59,95 €

Der Zauber vergangener Zeiten
Hätte die Firma Robertson 1840 nicht Ölfarben in Zinntuben herausgebracht, wären die Freilichtmaler nicht so aktiv gewesen – und all die Künstlerkolonien, die Nicole Bröhan hier so äußerst kenntnsreich beschreibt, hätte es nie gegeben. Die Kunsthistorikerin entführt die Betrachter an 22 Orte, stellt Künstler vor und ordnet ihr Werk in die Strömungen der Zeit ein. So spannend, dass man sofort losfahren möchte, um jenem Zauber nachzuspüren.

Nicole Bröhan: "Künstlerkolonien. Ein Führer durch ­Deutschland, die Schweiz, Polen und Litauen"  /  Parthas  /  Januar 2017  /  240 S.  /  24,80 €

Schätze einer Stadt
Nach einer knappen Einführung sind in diesem Buch 2 000 Fresken und Gemälde zu entdecken – ein Prachtband, nach dessen Studium man sich die Werke in Florenz live ansehen möchte. Denn wie der Verlag schon 1968 anmerkte: Man sieht nur, was man weiß.

Ross King, Anja Grebe: "Florenz. Die Gemälde und Fresken 1250 – 1743"  /  DuMont  /  708 S.  /  78 €