Deutsches Literaturarchiv Marbach

Nachlass von Peter Urban erhalten

24. Januar 2017
von Börsenblatt
Der Nachlass des Übersetzers, Schriftstellers und Herausgebers Peter Urban (1941−2013) wurde als Stiftung an das Deutsche Literaturarchiv Marbach übergeben.

Wie das Deutsche Literaturarchiv Marbach mitteilt, umfasst der Bestand circa 700 Bände seiner umfangreichen Bibliothek sowie rund 110 Ordner mit Manuskripten und Materialien zu Urbans Übersetzungsprojekten und Korrespondenzen. Die wichtigsten Bücher, die Peter Urban für seine Arbeit benutzt hat, u. a. die von ihm mit Glossen versehenen Anton Tschechow-, Aleksander Puschkin- und Daniil Charms-Ausgaben, gehören ebenfalls zu dem Archiv. Weiter eigene Publikationen, in die Urban nach der Veröffentlichung zahlreiche Korrekturen und Vorschläge für Strichfassungen eingetragen hat.

Umfangreiches Briefkonvolut

Urban unterhielt intensive Briefwechsel mit Autoren, Journalisten, Übersetzern und Verlegern − darunter Walter Boehlich, Karl Heinz Bohrer, Bora Ćosić, Tankred Dorst, Gerd Haffmans, Helmut Heißenbüttel, Ernst Jandl, Daniel Keel, Danilo Kiš, Michael Krüger, Friederike Mayröcker, Peter Michalzik, Oskar Pastior, Friederike Roth, Siegfried Unseld, Hasko Weber, Norbert Wehr und Ror Wolf. Dokumente zur Werkausgabe des russischen Dichters Welimir Chlebnikow, die 1972 bei Rowohlt veröffentlicht wurde, sind im Nachlass ebenso enthalten wie einige besonders wertvolle Briefe von Paul Celan und ein Manuskript seiner Chlebnikow-Übersetzung.

Peter Urban (1941−2013) gilt als einer der bedeutendsten Übersetzer der Gegenwartsliteratur. Nach seinem Studium der Slawistik, Germanistik und Geschichte in Würzburg und Belgrad wirkte er von 1966 bis 1968 als Lektor im Frankfurter Suhrkamp Verlag. Er verließ den Verlag im Zuge des "Lektorenaufstands" und wurde zu einem der Mitbegründer des Verlags der Autoren (1969). Zwischenzeitlich war er in der Dramaturgie der Hörspielredaktion beim Westdeutschen Rundfunk tätig (1974−1977). Vom Verlag der Autoren machte er sich 1989 unabhängig, getragen vom anhaltenden Erfolg seiner Tschechow-Übersetzungen, die Maßstäbe gesetzt haben und als sein Hauptwerk angesehen werden können. Seither lebte er in einem circa 300 Jahre alten Bauernhaus in Weidmoos (Vogelsbergkreis).

Für seine Arbeiten wurde Urban etwa mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis (1974), dem Hessischen Kulturpreis (1984), dem Anerkennungspreis zum Leipziger Buchpreis (2000), dem Jane Scatcherd-Preis der Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt-Stiftung (2003) sowie dem Iwan-Turgenjew-Preis der Boris-Jelzin-Stiftung (2004) ausgezeichnet. Er wurde zudem 1998 Ehrendoktor der Universität Regensburg. Peter Urban war Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.