Interview mit Bernd Adam, Deutsche Fachpresse

Mit der Spezialisierung steigen die Ansprüche

15. Mai 2017
von Börsenblatt
Übermorgen beginnt in Frankfurt am Main der Kongress der Deutschen Fachpresse (17. / 18. Mai), die in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen feiert. Boersenblatt.net hat mit Geschäftsführer Bernd Adam über aktuelle Zahlen, Trends und die Themen des Kongresses gesprochen.            

Die aktuelle Fachpressestatistik zeigt einen interessanten Trend, der bereits seit mehreren Jahren anhält: Die Zahl der Fachzeitschriftentitel steigt kontinuierlich und hat jetzt die 4.000er Marke überschritten. Was sind die Gründe?
Der Schlüssel hier ist die Kundennähe der Fachmedienhäuser. Die verantwortlichen Redakteure und Produktmanager kennen die Bedürfnisse ihrer Kunden und sind in der Lage, hierfür neue Medienangebote zu entwickeln. In Wissenschaft und Wirtschaft ist zu beobachten, dass die Spezialisierung zunimmt und eben auch der Anspruch an die fachmediale Begleitung. Hilfreich ist hier, dass die Fachmedienhäuser in den vergangenen Jahren ihre Organisation verändert und dynamisiert haben. Da können Produkte schneller auf den Markt gebracht werden. Wir haben auf unseren Fachpresse-Kongress hierzu beispielsweise Vorträge zu agilen Methoden und Innovationsmanagement.

Fachbücher sind nach wie vor auf dem Rückzug. Wann werden sie verschwinden?
Es kommt darauf an, wie man die Gattung in Zukunft definiert. Was wird in Zukunft ein Fachbuch sein oder ausmachen? Welche Funktionalitäten wird es haben? Hierzu machen sich die Fachverlage aktuell Gedanken. Der Börsenverein hatte angesichts der Digitalisierung schon vor über fünf Jahren ganz allgemein die Diskussion zum "Prinzip Buch" angestoßen. In gedruckter Form sind Fachbücher seit einiger Zeit rückläufig, in digitaler Form ist das nicht der Fall. Digitale Fachbücher sind als Einzelexemplare erhältlich, oder eben im Kontext breiter Datenbankangebote, die sich die Kunden individuell nach Bedarf zusammenstellen können. Fachbücher wird es auch weiterhin geben, nur eventuell nicht so, wie wir sie heute kennen.

Wachstumsmotor im Fachmediengeschäft sind digitale Angebote. Wird dieser Trend anhalten?
Davon gehe ich fest aus. Wir sehen, dass gedruckte Fachmedien immer mehr auch digital verfügbar sind. Das war mehr oder weniger die erste Phase der Digitalisierung. Heute ist so, dass immer mehr Produkte ausschließlich digital auf den Markt kommen.  Seien es Zeitschriften, Webseiten, Software-Produkte oder Datenbanken. Vieles wird in Zukunft in Richtung mobile Nutzung optimiert werden. Darüber hinaus haben wir kürzlich auf unserer London-Tour von den dortigen Verlagskollegen gelernt, dass die Digitalisierung auch in der Aus- und Weiterbildung rapide Tempo aufnimmt. So realisiert beispielsweise Wilmington schon über die Hälfte seiner Firmentrainings mit digitalen Medien.

Funktionieren digitale Angebote am besten im Verbund mit einer (traditionellen) Printmarke?
Das kann ganz hervorragend funktionieren, insbesondere dann, wenn man auf eine starke Medienmarke aufbauen kann. Gute Beispiele sind hier unter anderem die Gewinner unseres Fachmedien-Awards in der Kategorie "Beste integrierte Markenführung" wie NWB, top agrar oder Feuertrutz aus den vergangenen drei Jahren. Bewertet wird in dieser Kategorie, wie durchgängig und crossmedial vernetzt die Fachmedienmarken umgesetzt und am Markt angeboten werden.

Gibt es Erfolgsstorys für reine Digital-Plattformen?
Die gibt es natürlich auch, beispielsweise das Online-Architekturmagazin Baunetz, ein rein digitales Angebot, das bereits seit vielen Jahren erfolgreich ist. Ein weiteres Beispiel ist die Plattform "Industry of Things" von Vogel Business Media, die eng mit XING kooperiert und allein dort über 15.000 Follower hat. Darüber hinaus können das auch Datenangebote sein wie das Statistik-Portal Statista. Generell ist es aber auch im digitalen B2B-Raum hilfreich, wenn schon auf bekannte Marken, seien es Produkt- oder Unternehmensmarken, aufgebaut werden kann.

"Neue Horizonte erschließen – die Zukunft aktiv gestalten" lautet das Kongress-Motto. Welche Horizonte meinen Sie?
Damit meine ich neue Markthorizonte. Fachmedienhäuser agieren nicht mehr in einem Markt der Fachverlagsangebote, sondern im B2B-Medien- und Informationsmarkt in Deutschland. Hier werden laut unserer gleichnamigen Marktstudie aus dem vergangenen Jahr über 28 Milliarden Euro umgesetzt. Das ist ein sehr großer Markt also, mit viel Entwicklungspotenzial für Fachmedienhäuser. Und das sind die neuen Horizonte, die es zu erschließen gilt.

Künstliche Intelligenz und Fachinformation – das "Next Big Thing" der Fachmedienhäuser?
Künstliche Intelligenz, Virtual Reality, Spracheingabe und Chatbots, das sind alles Themen, die Fachmedienangebote in Zukunft sicher beeinflussen werden. Ganz einfach auch deshalb, weil die Technologien im Consumer-Markt Einzug halten und auch die beruflichen Nutzer den Umgang damit lernen und entsprechende Ansprüche stellen werden. Wichtig bleibt aber, die Angebote immer nah an den Bedürfnissen der Kunden auszurichten. Und wenn der Kunde weiterhin eine gedruckte Fachzeitschrift möchte, wird er genau diese auch bekommen.

Die Fachpresse feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Was ist in diesem Vierteljahrhundert gelungen, was bleibt zu tun?
Die Motivation zur Gründung der Deutsche Fachpresse erfolgte aus der Überzeugung, dass die Fachmedienhäuser aus Börsenverein und VDZ nur gemeinsam bundesweit erfolgreich für die Sache der Fachmedien eintreten können. Diese Bündelung der Kräfte hat sich bewährt. Wir haben der Fachmedienbranche mit der Deutschen Fachpresse eine Heimat gegeben, ein gemeinsames Auftreten in der Öffentlichkeit und beispielsweise mit der "Leistungsanalyse Fachmedien" sehr früh eine ganze Reihe sehr prominenter Gattungsstudien gestartet. Unsere Mitglieder sind hervorragend vernetzt. Auch über unsere 11 Kommissionen und mit zahlreichen Touren im In- und Ausland fördern wir intensiv den Know-how-Transfer. Die digitale Transformation wird uns in Zukunft weiter begleiten, aber auch die Frage nach dem Selbstverständnis von Fachmedienhäusern und der damit verbundenen Frage nach den Märkten der Zukunft.

Welche weiteren Höhepunkte (außer dem Kongress) bietet das Jubiläumsjahr?
Wir setzen im Jubiläumsjahr nicht die Interessenvertretung, sondern die Leistung der Fachmedien selbst ins Rampenlicht. Erst kürzlich haben wir unseren Jubiläumsclaim "Fachmedien: Power für mein Wissen" kommuniziert. Fachmedien, so die Botschaft, steigern das Know-how ihrer Nutzer, unterstützen sie bei beruflichen Entscheidungen und machen sie erfolgreicher – kurz: Sie geben ihnen Power! Damit Medienhäuser die Jubiläumsbotschaft auch an ihre Kunden und Leser tragen können haben wir drei Anzeigenmotive entwickelt, die kostenlos zur Nutzung zur Verfügung stehen. Das große Highlight ist eine Feier mit einem anschließenden Science Slam am 20. Juni im Spreespeicher Berlin, zu der Vertreter aus den Mitgliedsunternehmen der Deutschen Fachpresse, sowie aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft eingeladen werden.