Interview mit Anette Philippen

"Nicht jeder Bestseller-Kalender funktioniert überall"

17. Mai 2017
von Börsenblatt
Vor welchen Herausforderungen stehen die Kalenderverlage? Welche Strategien verfolgen sie und welchen Anteil hat inzwischen das Online-Geschäft? Ein Interview mit Anette Philippen, Geschäftsführerin des DuMont Kalenderverlags. Mehr über den Kalendermarkt und die Novitäten erfahren Sie morgen im Börsenblatt-Spezial "Kalender.

Mit welchen Herausforderungen setzen Sie sich derzeit im Kalendermarkt auseinander?

Nach wie vor ist für uns die größte Herausforderung: Wie erreiche ich meinen Kunden, also den eigentlichen Kalenderkäufer? Kalender sind zwar immer noch ein stabiler Umsatzbringer mit einer großen und zudem festen Stammkundschaft und wir haben, trotz eines schwachen Dezembers und Frühjahrs, die letzte Saison gut abgeschlossen. Aber gerade Kalender müssen betrachtet werden und leben auch zusätzlich vom Spontankauf.

Also mehr Sichtbarkeit?

Kalender sind haptische Produkte, die man anfassen und durchblättern möchte. Auch die Formatgrößen und Bildmotive wirken oft nur, wenn man den Kalender live in der Buchhandlung sieht. War in den vergangenen Jahren der Platz für die Kalenderpräsentation durch die massiv schwindenden Flächen des stationären Handels das Problem, so sind es aktuell die Fragen: Wie erreichen wir die Menschen, die wegen der geringeren Frequenz im Handel nicht mehr stationär einkaufen? In welchen Kanälen erreichen wir welche Zielgruppen für unsere Produkte? Und wie locken wir die Menschen zurück zum atmosphärischen Einkaufserlebnis, zu dem auch das Blättern eines hochwertigen Kalenders gehört.

Welche Strategien verfolgen Sie, um im Buchhandel mit Kalendern anzukommen? 

Sowohl selbst als auch mit unserem Außendienst versuchen wir so nah wie möglich am Buchhandel dran zu sein. Dort ist der DuMont Kalenderverlag zu Hause, und uns sind regelmäßige Gespräche und Kontakte sehr wichtig. Die jeweilige Situation vor Ort ist unterschiedlich und sollte, wenn möglich, individuell betrachtet werden: Es gibt leider nicht nur Bestseller, die fast überall funktionieren. Daher versuchen wir immer, gemeinsam mit dem Händler das Bestmögliche für seine Situation herauszuholen; wir bieten zudem die passenden Kalendermöbel zur optimalen Präsentation.  

Als Verlag geben wir regelmäßig Schulungen in den Buchhandlungen vor Ort über die Warengruppe Kalender und ihre Besonderheiten. Auch in Berufsschulen oder am Mediacampus versuchen wir, den Branchennachwuchs für die Warengruppe zu begeistern. Was im Übrigen sehr gut gelingt: Auch junge Menschen mögen und nutzen Kalender; die Käufer sterben uns also zum Glück nicht aus.

Auf der diesjährigen gemeinsamen Jahrestagung der LG Buch mit der IG unabhängige Sortimente wird es einen Tagungspunkt geben, wo wir und weitere Kalenderverlagen mit dem inhabergeführten Buchhandel über die Chancen der Warengruppen sprechen.

Welche Rolle spielt das Online-Geschäft für Sie?

Der stationäre Buchhandel bleibt für uns der wichtigste Handelspartner. Online kann ein Kalendercover häufig nur in Briefmarkengröße abgebildet  werden und die endlose Flut der angezeigten Titel überfordert die Kunden oft bei der Auswahl. Hier kann der Buchhandel durch eine ausgewogene Vorauswahl Orientierungshilfe bieten.

Dennoch ist das Online-Geschäft in den vergangenen Jahren zu einer festen Größe gewachsen, obwohl die Anteile am Gesamtumsatz deutlich unter den bekannten Durchschnittszahlen für die Warengruppe Buch liegen. Mit ein Grund, warum wir dem Buchhandel Kalender so ans Herz legen.

Werden bestimmte Themen eher online gekauft?

Zum Teil beobachten wir, dass sich gewisse Kalenderthemen, die sich beim Einverkauf in den Buchhandel schwer getan haben, über Online-Kanäle sehr gut verkaufen und somit die Nachfrage des Endkunden nach bestimmten Themen und Produkten vorhanden ist. Hier würden wir uns wünschen, dass sich der Buchhandel etwas offener bei neuen Themen oder Formaten zeigt und nicht nur auf die bekannten Bestseller setzt. Ansonsten geht dem  stationären Buchhandel in diesen Fällen wichtiger Umsatz verloren.

Welche Kalenderthemen sind aktuell erfolgreich?

Es ist kein Geheimnis: Top-Titel unseres Hauses ist seit 29 Jahren „DuMonts neuer Küchenkalender“ – der meistverkaufte Küchenkalender Deutschlands. Was unsere brandaktuellen Bestseller angeht, freuen wir uns über den Erfolg des von Lars van de Goor atmosphärisch stark fotografierten Wandkalenders „Waldspaziergang“. Sehr gut abverkauft haben sich auch der Posterkalender „Flora“ mit Tan Kadams filigranen Pflanzenporträts und Werner Pawloks Fotografien aus Kuba in „Spuren der Zeit“. Besonderen Spaß macht unsere „Funi Smart Art“-Kalenderkollektion, weshalb es die Typokunst mit Schmunzelfaktor für 2018 als Posterkalender, im Quadratformat, als Taschen- sowie als Notizkalender geben wird.