Mit der geplanten Regelung zum Geoblocking will die EU verhindern, dass Händler Kunden aus anderen Ländern der EU von ihren Angeboten ausschließen – etwa durch unterschiedliche Preise, Verkaufs- oder Zahlungsbedingungen. Das Ziel der Verordnung, die unter dem Oberthema Digitaler Binnenmarkt steht: EU-Bürger sollen durch eine Öffnung der digitalen Märkte stärker vom Online-Handel profitieren können.
Ein entsprechender Vorschlag der EU-Kommission von Mai 2016 sah vor, E-Books (und andere urheberrechtliche Inhalte) zunächst außen vor zu lassen – zumindest für einige Jahre. Dafür hatte sich auch der Börsenverein mit weiteren europäischen Branchenverbänden eingesetzt (mehr dazu hier). Denn eine generelle Verpflichtung zum grenzüberschreitenden E-Book-Verkauf würde vor allem für kleinere Händler in keinem Verhältnis zum (juristischen, logistischen und mehrwertsteuerrechtlichen) Mehraufwand stehen – und die ohnehin kleine Marge weiter aufzehren.
Doch im Zuge der Parlamentsberatungen wurde die Ausnahmeregelung für "nicht-audiovisuelle, urheberrechtlich geschützte Inhalte" Ende April überraschend gekippt – weil es "zahlreiche Fälle von Diskriminierung in Bezug auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen wie E-Books, E-Musik, Spiele oder Software" gebe, wie der federführende Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des EU-Parlaments befand (zum Ausschuss-Bericht geht es hier). Fortgesetzt werden die Beratungen auf EU-Ebene voraussichtlich im Herbst.
Petition und Erklärvideo mit Jan Orthey
Mit einer Petition und einem Video, in dem auch der deutsche Buchhändler Jan Orthey (Lünebuch, Lüneburg, zugleich Vorsitzender des Sortimenter-Ausschusses im Börsenverein) zu Wort kommt, appelliert der europäische Buchhändlerverband EIBF jetzt an die Politik, die Ausnahme für E-Books beizubehalten. Zur Petition geht es hier, zum Video hier (das sich auch über soziale Netzwerke teilen lässt). Autorin Nina George gehört übrigens zu den ersten Unterzeichnern. Ihre Botschaft: "Mehr Diversität statt Simplizität wagen."
Der Buchhandel unterstütze die Ziele der digitalen Binnenmarktstrategie, heißt es in der Petition – doch die Rentabilität des neuen Marktes müsse sich erst noch erweisen: "Sollten Buchhändler zum jetzigen Zeitpunkt dazu verpflichtet werden, E-Books grenzüberschreitend zu verkaufen, wäre dies schlussendlich zum Nachteil europäischer Verbraucher. Viele Unternehmen könnten sich dazu gewungen sehen, den E-Book-Markt zu verlassen."
Auch deutsche und französische Branchenverbände haben bei den Buchtagen in einer "Berliner Erklärung" zur europäischen Buchpolitik dafür plädiert, E-Books aus der Geoblocking-Verordnung auszunehmen, da die Regelung in dieser Form die Teilnahme kleinerer und mittelständischer Buchhandelsunternehmen am E-Book-Markt zugunsten weniger, großer Plattformen untergrabe: "Nach jetzigem Stand der Verordnung müssten Buchhändler jeden Kunden in Europa gleichermaßen beliefern, was hohe Investitionen erfordern würde, die in Bezug auf die Marktgröße und die grenzüberschreitende Nachfrage nach E-Books unverhältnismäßig wären. Damit würde man letztlich den großen Plattformen das Feld überlassen," heißt es in der Erklärung.
Allein die korrekte Ausweisung der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze für Printbücher und E-Books sei für kleinere Firmen rechtssicher kaum leistbar, erläutert Juristin Jessica Sänger, beim Börsenverein Leiterin der Stabstelle für europäische und internationale Angelegenheiten, die drohenden Probleme: "Ob sich eine Buchhandlung europaweit im E-Book Geschäft engagiert, ist eine unternehmerische Entscheidung – und das sollte auch so bleiben."
Entsprechende Info-Grafiken und weitere Informationen hat der Verband EIBF auf seiner Website zusammengetragen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur geplanten EU-Verordnung finden Sie unter diesem Artikel als Download.