Italienischer Bürgermeister will unliebsame Bücher aus Bibliotheken entfernen

IPA fordert Verzicht auf Zensur

10. Juli 2017
von Börsenblatt
Er will Bücher aus öffentlichen Einrichtungen entfernen, die nicht seinem Weltbild entsprechen: Das hat der am 25. Juni gewählte Bürgermeister von Verona, Federico Sboarina, in einer Grundsatzerklärung angekündigt. Die International Publishers Association (IPA) fordert Sboarina auf, dieses Manifest zurückzunehmen.

Bei den Büchern, die der Bürgermeister aus Bibliotheken und öffenlichen Schulen der Stadt entfernen will, handelt es sich um solche, die traditionelle Familien und gleichgeschlechtliche Partnerschaften gleichstellen, berichtet die IPA.  Der Rechtsanwalt Sboarina war bei der Bürgermeisterwahl als Kandidat des Mitte-Rechts-Lagers angetreten (Forza Italia, Lega Nord, Fratelli d'Italia - Alleanza Nazionale, Partito Pensionato sowie der bürgerlichen Listen VR Domani, Verona Più Sicura und Indipendenza Veneto).
 
In einem Schreiben an den 46-jährigen Federico Sboarina kritisiert IPA-Präsident Michiel Kolman den Plan und fordert dessen Rücknahme. Er schreibt: "Es ist völlig irrelevant, welcher ideologische Zwang hinter Ihrem Wunsch liegt, das Spektrum der Bücher zu beschränken, auf die die Bürger Veronas zugreifen können: In einem demokratischen Land wie Italien ist eine Zensur legal veröffentlichter Werke unter keinen Umständen akzeptabel."
 
"Die IPA und ihr Freedom to Publish Committee verurteilen und lehnen die von Ihnen geplanten Zensurmaßnahmen gegenüber Büchern auf das schärfste ab", richtet sich Kolman an Sboarina. "Ich hoffe, dass Sie diese noch einmal überdenken − und stattdessen dafür eintreten, die Meinungsvielfalt in den Bücherregalen Veronas zu erhöhen." So könnten die Bürger seiner großartigen Stadt sich ihre eigene Meinung bilden.

Der italienische Verlegerverband Associazione Italiana Editori (AIE), ein IPA-Mitglied, hat sich ebenfalls gegen das Manifest Sboarinas ausgesprochen und ein Solidaritätsschreiben an den Bibliotheksverband Associazione Italiana Biblioteche (AIB) gerichtet. AIE-Präsident Ricardo Franco führt darin aus, welche Bücher auch immer betroffen seien, "es wird unsere Aufgabe sein zu erklären, warum es sinnvoller und befriedigender ist, sie zu lesen, zu schreiben, zu publizieren, zu verteilen, zu verkaufen, sie auszuwählen, zu leihen und zu bewahren".