Mayersche Buchhandlung feiert 200-jähriges Jubiläum

"Bleistifte wurden erst entsorgt, wenn sie nicht mehr in den Spitzer passten"

22. September 2017
von Christina Schulte
200 Jahre Mayersche Buchhandlung – am heutigen Freitag wurde dieses stolze Jubiläum in Aachen gebührend gefeiert: Beschwingte Reden, Talkrunden und musikalische Untermalung. Die Gäste wurden mit einem kurzweiligen Programm unterhalten und erhielten einen Einblick in die traditionsreiche Firmengeschichte.

"Wer oder was wird in einer schnelllebigen Zeit überhaupt noch so alt", fragte Geschäftsführer Hartmut Falter und drückte seinen Stolz, seine Freude und seine Dankbarkeit dafür aus, dass die Mayersche genau das geschafft hat. In einer sehr persönlichen Rede dankte Falter allen Mitstreitern, die ihren Beitrag dazu geleistet haben, die Mayersche durch 200 Jahre zu führen. Seinen Großvater Michael Falter, der die Buchhandlung 1947 gekauft hatte, charakterisierte er als Unternehmer, geprägt von Menschlichkeit, Strenge und Disziplin. "Bleistifte wurden erst entsorgt, wenn sie nicht mehr in den Spitzer passten."

Seinen Vater Helmut würdigte er als einen Menschen, der eine große Lebensleistung vollbracht habe, was mit lang anhaltendem Applaus der Gäste aus Buchhandel, Verlagen, Banken, Kultur und Politik sowie Freunden der Buchhandlung quittiert wurde. Weil der Senior-Chef es nicht mit der Langsamkeit hat, trägt er übrigens den Spitznamen "Schnellmut". Unter seiner Ägide fielen zahlreiche Umbau- und Erweiterungsbauten oder ausgezeichnete Leseförderung, hob Hartmut Falter hervor. 

Vor 25 Jahren seien er und sein Bruder Ulrich Falter Gesellschafter geworden, seitdem habe sich ebenfalls viel ereignet, beispielsweise seien 50 Buchhandlungen eröffnet und teils auch wieder geschlossen worden. Man habe den Reiz der kleineren Standorte entdeckt, fünf der zehn größten Buchhandlungen befänden sich in Nordrhein-Westfalen und die Zusammenarbeit mit Verlagen, Geschäftspartnern und Banken sei sehr gut. In Richtung der Verlage fügt er schmunzelnd hinzu: "Mit meist auskömmlichen Konditionen." Ganz besonders dankte Falter den Mitarbeitern, "die die Seele unseres Unternehmens bilden". Sie seien der Grund für die Kunden, in die Läden zu kommen. Selbst oder gerade Amazon wurde von Falter ebenfalls mit Dank bedacht: "Das Unternehmen hat die Aufmerksamkeit auf die Bücher gelenkt, es fordert uns heraus bei der Kundenorientierung." Aber: "Im Unterschied zu Amazon leben wir soziale Verantwortung, praktizieren Leseförderung und zahlen Steuern."

Im Gespräch mit Moderator Bernd Büttgens kam auch Helmut Falter auf die Bühne, der auf über 50 Jahre als Unternehmer zurückblickt, "in denen sich so viel geändert hat. Aber das ist gut so!" Ihn würde brennend interessieren, wo die Mayersche in 50 Jahren steht. Der Seniorchef hob die besonderen Vorteile von Familienunternehmen hervor: "Die kurzen Wege, das ist das Spannende und Schöne."

Anschließend schilderte Ulrich Falter, wie wichtig auch die verlegerische Tätigkeit für die Mayersche ist, die ihren Anfang 1838 genommen hat und bis heute mit großem Engagement verfolgt wird.

Susanne Schwier, Kulturdezernentin der Stadt Aachen, bezeichnete die Mayersche als "einen Riesenglücksfall" für die Stadt. "Schön, dass sie sich zu Aachen bekennen. Ich finde, Sie sind eine tolle Ergänzung zu den anderen Buchhandlungen jeglicher Größe."

Auch Börsenvereinsvorsteher Heinrich Riethmüller, dessen Osiandersche Buchhandlung eine strategische Zusammenarbeit mit der Mayerschen pflegt, zählte zu den Gästen. Er betonte ebenfalls die Besonderheiten, die Familienunternehmen auszeichnen: "Sie entscheiden nicht nach Kapitalinteressen, sondern wollen das Unternehmen langfristig erhalten." Zudem ließ er hinter die Kulissen der Zusammenarbeit der beiden Buchhandlungen blicken, wo gerade ein neues IT-System, das viel Kraft und Geld kostet, entwickelt werde.

Sichtlich Freude machte dem Publikum die verdiente Buchhändlerin Bettina Hachel, die auch Mitglied der Geschäftsleitung ist und dem Unternehmen fast 40 Jahre angehört − und aus dem Nähkästchen plauderte. "Früher haben wir ja noch miteinander gesprochen, heute wird viel gemailt. Da hätte ich doch glatt einen neuen Spitznamen für Hartmut Falter: Wir nennen ihn künftig 'Mailmut'".

Die Mayersche

16. September 1817
Jacob Anton und Fanny Mayer gründen in Aachen die Mayersche Buchhandlung. 

1847
Jacob Anton Mayer eröffnet mit Emil Flatau eine Filiale der Buchhandlung in Brüssel. 

1950
Nach einigen Besitzerwechseln erwirbt Michael Falter die Mayersche Buchhandlung.

1982
Sohn Helmut Falter setzt auf Größe – und eröffnet in Köln in der Hohen Straße (2.200 qm).

2002
Neubau in Aachen (5.500 qm). Der Mayersche-Umsatz in den zehn Filialen beträgt 90 Millionen Euro. 

2010
Die Mayersche hat 48 Filialen (65.000 qm) und 170 Millionen Euro Umsatz (2009, geschätzt).

2015
Die Mayersche schmiedet eine strategische Allianz mit der Osianderschen.

2017
1.000 Mitarbeiter, 51 Standorte (20 Übernahmen), 155 Millionen Euro Umsatz 2016 (geschätzt).



Die Familien Mayer und Falter

Isaak Abraham Mayer und seine Frau Fanny kamen 1816 aus Burgkunstadt am Obermain nach Aachen, wo sie am 16. September 1817 die Mayersche Buchhandlung gründeten. Mayer kon-
vertierte zum evangelischen Glauben und nannte sich Jacob Anton Mayer. 1822 gründete er die "Stadt Aachener Zeitung" und verlegte weitere Zeitschriften sowie 1837 erstmals Molières Werke in Deutschland. 1888 verkaufte Sohn Carl die Buchhandlung an seinen Gehilfen Gustav Schwiening, der sie 1915 seinem Gehilfen Max Berger verkaufte. Dessen Enkel veräußerte sie 1950 an Michael Falter.

Michael Falter absolvierte 1921 seine Buchhändlerlehre in der Mayerschen. 1935 machte er sich selbstständig und führte mit seiner Frau Agnes ein Presseunternehmen und eine Anzeigen-Agentur. 1946 unterstützten die Falters den Wiederaufbau der Mayerschen, 1947 wurde Michael Falter Partner und dessen Sohn Helmut 1951 Teilhaber der Mayerschen. Seit 1992 ist Hartmut Falter geschäftsführender Gesellschafter der Mayerschen.