Tipps zu Kauf und Verkauf einer Buchhandlung

Schlüsselübergabe

18. Januar 2018
von Börsenblatt
Steht eine Buchhandlung zum Verkauf, greifen häufig Mitarbeiter oder Stammkunden zu – falls ihre wirschaftliche Lage dies zulässt. Wie lässt sich herausfinden, welchen finanziellen Wert eine Buchhandlung hat? Tipps rund um den Verkauf und die Kaufpreisermittlung.

Auch wenn Filialisten durchaus offen für Übernahmen sind: Mitarbeiter und auch Kunden kommen deutlich häufiger zum Zug, wenn eine Buchhandlung zum Verkauf steht – vorausgesetzt, sie können den Kaufpreis aufbringen. Was ist eine Buchhandlung wert, welchen Preis kann der Besitzer verlangen? Das ist die Kernfrage bei der Übergabe. Das Standardwerk "Gründung und Führung einer Buchhandlung" von Gudula Buzmann und Klaus-W. ­Bramann (Bramann Verlag) behandelt das Thema Übergabe auf gut 30 Seiten. Die wichtigsten Aspekte der Kaufpreisberechnung sind danach:

  • der wirtschaftliche Erfolg: Wesentlicher Faktor sind die Umsätze und Erträge der vergangenen Jahre und die sich dort abzeichnende Entwicklung;
  • das Profil: Weil sich das Umfeld durch Konkurrenzdruck ändern kann, wird das Innovationsrisiko analysiert. Gut positioniert sind Unternehmen mit Alleinstellungsmerkmal;
  • Warenwert und Ladenausstattung: Der Warenbestand sollte aktuell sein, nur so besteht die Chance, den Einkaufs- oder zumindest den Inventurwert der Ware vergütet zu bekommen. Für Ladenausstattung und EDV gilt das ebenfalls;
  • der Kundenstamm: Die Kunden bilden einen erheblichen Wert. Wer ist Stammkunde, wie ist sein Profil, welcher Zielgruppe gehört er an, welchen Umsatz bringt er, wie ist die persönliche Bindung zum Inhaber? Diese Fragen sollten beantwortet und mit Zahlen belegt werden können;
  • der Standort: Er gilt mittel- und langfristig als der wichtigste Erfolgsfaktor für einen stationären Händler. Die richtige Lage zu haben, die auch dem Image und dem Profil der Buchhandlung entspricht, ist immens wichtig. Das Mikro-Umfeld, etwa benachbarte Einzelhändler oder auch Leer­stände, beeinflussen den eigenen Erfolg. Auch das Makro-Umfeld, wie Einzugsgebiet oder Altersstruktur, spielt eine Rolle;
  • Kaufkraft und Zentralitätsgrad: Welches Umsatzpotenzial kann unter Berücksichtigung der Kaufkraft und der Kaufkraftbindung auf die Unternehmen am Standort verteilt werden? Auch das bedarf einer Analyse;
  • das Team: Betrachtet wird das Team als Ganzes. Kundenbindung sollte nicht nur über den Chef funktionieren;
  • der Online-Auftritt: Wer in den E-Commerce investiert hat und im Internet bereits seit Jahren erfolgreich vertreten ist, hat einen zusätzlichen Vorteil bei den Verkaufsverhandlungen. Ob eine Social-Media-Strategie nötig ist, hängt vom Unternehmen ab;
  • die regionale Vernetzung: Regelmäßiger Kontakt mit anderen Händlern, Behörden, Institutionen, Nachbarn etc. ist von hohem Nutzen. Im Falle einer Neugründung müsste der potenzielle Käufer ein solches Netzwerk erst aufbauen.

Interview mit Unternehmensberater Jörg Winter

Es standen noch nie so viele Buchhandlungen zum Verkauf wie derzeit. Wer soll die kaufen?
Auf der Nachfrageseite gibt es vergleichsweise wenige Kauf­interessenten aus dem kleineren Buchhandel oder von Privat­personen. Seit einiger Zeit sind aber namhafte Filialisten offen für Standorte, die für sie noch vor ein paar Jahren nicht interessant gewesen wären. Das ist im Einzelfall durchaus ein Glücksfall für die Buchbrache, weil sonst die eine oder andere Buchhandlung mangels alternativer Nachfrager von der Bildfläche verschwinden und einzelne Standorte versiegen würden.

Zahlen die Filialisten auch am besten?
Das kann schon vorkommen, dass sie mehr Geld auf den Tisch legen als andere Interessenten das können oder wollen.

Wo liegen die Knackpunkte beim Verkauf?
Ganz klar beim Preis, das ist der wichtigste Punkt. Was das zum Verkauf stehende Unternehmen wert ist – da klaffen die Vorstellungen durchaus auseinander. Der Verkäufer möchte den bestmöglichen Preis für die vorhandene Ware, den Laden und den Firmenwert erzielen. Der Käufer schaut darauf, was er aus der Buchhandlung machen möchte, hat mögliche über den Kaufpreis hinausgehende Investitionen im Blick. Das kann dann schon zu unterschiedlichen Vorstellungen führen.

Nennen Sie eine Hausnummer, welche Preise gezahlt werden?
Die Bandbreite ist groß. Über die Bewertung des Warenbestands und der Einrichtung gibt es in der Regel keine großen Diskussionen, da wird nach objektivierbaren Kriterien bewertet. Der größte Spielraum liegt bei der Bestimmung des "Goodwill" oder des Firmenwerts. Hier ist die Fantasie des Käufers gefragt, welche Potenziale er langfristig in der Buchhandlung erkennen mag. Also keine Hausnummer, da der Preis ausgesprochen individuell dargestellt werden muss.

Wie holt man den maximalen Kaufpreis heraus?
Frühzeitige Planung ist aus meiner Sicht das Wichtigste. Hat man ein bis zwei Jahre Zeit, um sein Unternehmen auf Vordermann zu bringen, können Verhandlungsoptionen in Ruhe gestartet und Käufer sondiert werden. Und wenn man eine erfolgreiche Buchhandlung anbietet, die es im Übrigen häufiger gibt, als es die Berichterstattung suggeriert, sollte man nicht als Bittsteller daherkommen, sondern seine Vorstellungen ruhig selbstbewusst formulieren.

Interview: Christina Schulte