Gastronomie in Buchhandlungen

Kaffeeduft lockt Kunden an

23. Februar 2018
von Börsenblatt
Im Buchgeschäft – wie bei anderen Einzelhändlern auch –  heißt das Allheilmittel derzeit Gastronomie. Und damit scheinen Ladenbesitzer durchaus richtig zu liegen. Drei Beispiele.
Beispiel 1: Literaturcafé-Flair in Herne

Als Ludger und Elisabeth Röttsches vor drei Jahren mit der Planung für ein Café in ihrer Buchhandlung in Herne begannen, betteten sie die Idee direkt in ein größeres Gesamtkonzept ein. Aus Koethers & Röttsches wurde die Buchhandlung im Literaturhaus, mit einem Café als Brücke zwischen Laden und Veranstaltungsräumen. Nach zwei Jahren Betrieb zeigt sich Ludger Röttsches zufrieden; das rund 100 Quadratmeter große Café mit gut 20 Sitzplätzen habe die Attraktivität der Buchhandlung spürbar erhöht. "Unsere Kunden schätzen den Mehrwert, den wir ihnen damit bieten." Und auch bei weniger bibliophilen Menschen sei die Buchhandlung in den Fokus gerückt. "Sie kommen zum Frühstück, sie treffen sich mit Freunden", freut sich Röttsches über die belebte Atmosphäre, die in seinem Geschäft fast nonstop herrscht.

Im Literaturhaus gibt es keine warme Küche, dafür frisch gepressten Orangensaft, handgemachten Kaffee, frisch aufgebrühten losen Tee, Marmelade aus dem Feinkostladen. "Die Leute wollen etwas Besonders, das aber gleichzeitig noch erschwinglich sein muss", so Röttsches – gerade in Städten wie Herne, eingehegt zwischen den größeren Märkten in Essen, Dortmund und Bochum. "Anfangs dachten wir, Kaffee und Croissants würden reichen", erinnert sich der Buchhändler: "Aber die Leute wollen richtig frühstücken. Sie wollen sich mit einem Besuch bei uns belohnen." Vier Teilzeitkräfte arbeiten im Café. Wenn die Ware knapp wird, muss der Chef schon mal selbst für Nachschub sorgen. "Gerade in Stoßzeiten wie vor Weihnachten ist es daher wichtig, dass man sich trotz Trubel im Café genügend Zeit für das Kerngeschäft lässt und sich um die Bücher kümmert."

Beispiel 2: Partnerlösung in Stuttgart

Das bringt einen zwangsläufig zu der Frage, die sich wohl jeder (Buch-)Händler mit gastronomischen Ambitionen schon einmal gestellt hat: selber machen oder jemanden ins Boot holen? Wittwer aus Stuttgart hat sich für den zweiten Weg entschieden und sich den langjährigen Partner Hochland Kaffee als Pächter in die Fläche des Buchhauses in der prestigeträchtigen Königstraße geholt.

"Das Angebot bringt uns Kunden. Und es wertet unsere Lesungen auf", sagt Doreen Klotz, Leiterin des Onlinemarketings. Regelmäßig veranstaltet Wittwer aber auch eigene Events mit Spitzenköchen. "Für ein Angebot aus Gastronomie und Literatur fahren die Menschen gern in die Stadt, das wird immer wichtiger", weiß Doreen Klotz. Denn selbst die Stuttgarter City hat in den vergangenen Jahren an Kundenzuspruch eingebüßt, was aber vor allem an der Parkplatzsituation und den immer wiederkehrenden Feinstaubproblemen liegt.

Beispiel 3: Strategien bei den Filialisten

Auch bei den großen Buchhandelsketten sind gastronomische Konzepte nicht mehr wegzudenken. Vor wenigen Wochen hat die Mayersche am neuen Standort im Essener Baedeker-Haus ihren vierten KaffeeFleck eröffnet, nach Köln, Düsseldorf und Ratingen. Serviert werden Feingebäck und verschiedene Heiß- und Kaltgetränke. "Die Kunden freuen sich über die Möglichkeit, bei uns eine Pause vom Alltag machen zu können", teilt das Unternehmen mit. Eine Ausweitung des Konzepts deute sich an. 

Es werde in Zukunft darauf ankommen, den "Kunden ein schlüssiges und zur Marke passendes Einkaufserlebnis zu bieten, das digitale und persönliche Elemente ideal miteinander verbindet", lautet auch das Credo bei Thalia. "Die Abwicklung des Einkaufs soll schnell und einfach sein, der Service persönlich und kompetent. Attraktive gastronomische Angebote können ein Teil des Konzepts sein, aber auch exklusive Themenwelten, wie sie zum Beispiel die Thalia Eigenmarke bietet." Ende 2017 hatte Thalia die hauseigene Non-Book-Produktion mit einer "Hygge"- und einer "Snoopy"-Kollektion gestartet. Die Artikel sollen beim Filialisten für ein eigenes Profil im Geschenkesegment sorgen.