Antiquariat

Kritik an Vorschlag für EU-Verordnung für die Einfuhr von Kulturgut

14. März 2018
von Börsenblatt
Bereits im Juli 2017 hat die Kommission der Europäischen Union einen detaillierten Vorschlag einer Verordnung für die Einfuhr von Kulturgut in den EU-Binnenmarkt veröffentlicht – der jetzt von Antiquaren scharf kritisiert wird.

Die Verordnung (deutsche Fassung des Entwurfs siehe hier) soll in erster Linie den illegalen Handel mit Kulturgütern unterbinden, Geldwäsche verhindern und "alternative Quellen der Terrorismusfinanzierung" ("Plünderung und Schmuggel von Antiquitäten") austrocknen. Vorgesehen sind strenge EU-Einfuhrrichtlinien für alle Kulturgüter, die älter als 250 Jahre sind; eine Wertgrenze formuliert der Verordnungsentwurf nicht. Betroffen wären von dieser Neureglung ausdrücklich auch "seltene Manuskripte und Inkunabeln" sowie "alte Bücher, Dokumente und Publikationen von besonderem Interesse, einzeln oder in Sammlungen".

Die Kritik der Antiquare richtet sich vor allem gegen die nach dem Entwurf erforderlichen "Einfuhrlizenzen". Gefordert werden könnten künftig Nachweise für die rechtmäßige Ausfuhr aus dem "Ursprungsland" – bei Büchern naturgemäß regelmäßig sehr viel schwieriger zu erbringen (wenn überhaupt), als bei Ergebnissen archäologischer Grabungen in Syrien oder im Irak. Solche Nachweise, so etwa Jim Hinck (viaLibri Limited, Cambridge, UK) in einem ausführlichen Blog-Post vom 7. März 2018 (siehe hier), erschwerten den Handel mit antiquarischen Büchern in unvertretbarer Weise. Nach Hincks Interpretation des Verordnungsentwurfs könnten sich daraus außerdem kuriose Fallkonstellationen ergeben, er schreibt: "Another remarkable omission is the lack of any exception for the situation where the source country is the same as the country into which the book is being imported. Thus, a German collector wanting to purchase a German incunable from an American bookseller would be required to obtain an import licence and produce 'supporting documents and information substantiating' that the incunable had been exported in accordance with German laws and regulations. Even if it is only a €50 topographical print of Munich, the buyer will be required to submit an importer statement with a description of the item and a signed declaration regarding the legality of its initial export from Germany."

Die International League of Antiquarian Booksellers (ILAB), der auch die Antiquariatsverbände Deutschlands, Österreichs und der Schweiz angeschlossen sind, hat sich Hincks kritische Sicht auf die vorgeschlagenen Änderungen grundsätzlich zu eigen gemacht und ihre nationalen Mitgliedsverbände aufgefordert, dagegen an den geeigneten Stellen zu protestieren (Aufruf von ILAB-Präsidentin Sally Burdon hier). Auf der Website des Verbands Deutscher Antiquare, dessen Mitglieder mutmaßlich besonders betroffen wären von der Verordnung (handelt es sich doch um einen der größten Verbände innerhalb der EU, zumal nach dem bevorstehenden Brexit), findet sich bislang allerdings nur ein Hinweis auf den oben erwähnten Beitrag von Hinck (siehe hier).

Der Entwurf vom Juli 2017 befindet sich derzeit im europäischen Gesetzgebungsverfahren (zum Zeitplan siehe hier). Eine Abstimmung ist für Juli 2018 vorgesehen.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die ihr Amt auch in der neuen Bundesregierung behält, hat sich bereits Anfang August 2017 knapp zu dem Entwurf geäußert (siehe hier): "Der Entwurf zeigt, dass innerhalb der EU absolute Einigkeit über den Handlungsbedarf in diesem Bereich besteht. Die Mitgliedstaaten haben nun Gelegenheit, den Vorschlag der Kommission zu prüfen. Er ist ein wichtiger erster Schritt. In Teilen geht er deutlich über das deutsche Kulturgutschutzgesetz hinaus, in anderen bleibt er hinter diesem zurück. Einzelheiten, insbesondere die vorgeschlagene Schaffung einer bisher nicht erforderlichen EU-Genehmigung bei Einfuhr, müssen in den kommenden Monaten noch geklärt werden, damit wir ein effektives und gleichzeitig praktikables Instrument an der Hand haben, um gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern EU-weit vorzugehen."

Man darf wohl davon ausgehen, dass die Verordnung kommt, aber am Ende womöglich in deutlich veränderter Form und mit genaueren Ausführungsbestimmungen in Kraft tritt.