Ausgezeichnete Kooperation

"VLB-TIX hat die Branche näher zusammengebracht"

22. März 2018
von Börsenblatt
Von der Jury des Sales Award gab es für VLB-TIX in Leipzig diesmal einen Sonderpreis – geehrt wurde das System als Branchenlösung. Ein Gespräch mit MVB-Geschäftsführer Ronald Schild und Sandra Schüssel, Leiterin MVB Labs.

Die Sales-Award-Jury lobte den Vorbildcharakter von VLB-TIX, entwickelt wird das System von der MVB. Was bedeutet Ihnen der Preis? 

Ronald Schild:
 Der Sales Award ist eine großartige Bestätigung für das gesamte Team, das seit Jahren an diesem Projekt arbeitet. Und es ist nicht irgendein Projekt, sondern eines, das die Branche transformiert. Eine solche Chance hat man nicht alle Tage. Was mich persönlich sehr gefreut hat, ist die Vergabe des Preises an die gesamte Branche, die durch drei Unternehmen repräsentiert war. Denn in der Tat ist es genau das: ein Projekt von der Branche für die Branche. Dass die MVB hier federführend tätig sein darf, ist eine große Ehre und ein Kompliment zugleich.

Sandra Schüssel:
 Am Wochenende vor der Preisverleihung bin ich einen Halb­marathon gelaufen. Ich denke, beide Projekte, VLB-TIX und die Langstrecke, gehen in die gleiche Richtung: ein fest umrissenes Ziel verfolgen, das große Bild im Kopf, Hindernisse überwinden, auch wenn es mal schwierig wird. Konstant hart arbeiten. Wir laufen durch die Ziellinie, wenn unsere nunmehr über 8.000 Kunden und Nutzer effizienter als vorher arbeiten können. Mit Weniger werden wir uns nicht zufrieden geben. Wenn wir mit dieser Haltung einen Preis erhalten und Vorbild sein können, freue ich mich sehr für unser gesamtes Team bei VLB-TIX.

Dussmann – Das Kulturkaufhaus und die Verlagsgruppe Random House sind gemeinsam mit der MVB geehrt worden. Warum ist das eine preiswürdige Konstellation? 

Schild:
 Diese Konstellation ist ein Dream-Team, zu dem aber noch viele weitere Unternehmen gehören. Mit VLB-TIX stehen wir kurz davor, die Verkaufs- beziehungsweise Einkaufsprozesse der Branche zu revolutionieren. Als solitäres Projekt der MVB wäre diese gewaltige Umstellung gar nicht möglich. Es bedurfte und bedarf vielmehr der aktiven Unterstützung durch kraftvolle Partner. Dies betrifft bei Weitem nicht nur die Beratung bei der Ausgestaltung von Funktionsweisen und technischen Features. Vielmehr brauchen wir nach wie vor Partner, die als Leuchttürme und Vorbilder der gesamten Branche demonstrieren, was mit VLB-TIX möglich ist. Sie zeigen beispielhaft, wie man die Change-Prozesse meistert und animieren Unternehmen in den jeweils anderen Handelsstufen, sich ebenso aktiv bei VLB-TIX zu beteiligen. Man muss sich immer vor Augen halten, welches Risiko unsere Mitstreiter eingegangen sind: Der Ver- beziehungsweise Einkauf von Novitäten ist der wirtschaftlich wohl wichtigste Prozess zwischen Verlagen und Buchhandlungen. Hier dürfen keine Pannen passieren. Trotzdem waren unsere Partner von Anfang an dabei, haben mit einer Plattform gearbeitet, die noch keinen echten Praxistest bestanden hatte. Doch mit jedem Risiko kommen auch Chancen: durch den frühen Einsatz von VLB-TIX und das entschlossene Umsetzen von Veränderungsprozessen sind diese Unternehmen nun optimal auf das digitale Vorschauwesen vorbereitet und können direkt von den Vorteilen profitieren.

Das System verändert die Zusammenarbeit von Buchhandlungen und Verlagen grundlegend – beide Seiten sollten also gut miteinander können. Können sie? 

Schüssel:
 Entscheidend für den Erfolg war die frühzeitige Einbindung unserer Kunden und Nutzer. Transparenz und steter Abgleich von Erwartungen stehen an erster Stelle – angefangen bei spartenübergreifenden Treffen wie in der Taskforce Metadatenbank VLB+ über Kooperationstools und Webinare bis hin zu den Stammtischen in Berlin, Hamburg und München sowie seit Kurzem auch in Stuttgart. VLB-TIX muss als Plattform die Interessen vieler Gruppen vereinen. Es macht sehr viel Freude, hier als Mittler und Vermittler zu wirken. Auf der Leipziger Buchmesse haben mich mehrere Verlage und Buchhändler darauf angesprochen, dass VLB-TIX die Branche insgesamt mehr zusammengebracht hat, weit über die digitale Vorschau hinaus. Gruppen und Personen sprechen miteinander, die sich vorher selten oder nie ausgetauscht haben. Das freut mich ganz besonders.

Der hohe Standardisierungsgrad, den VLB-TIX ermöglicht, wird nicht nur positiv bewertet. Manche befürchten, dass damit auch das Individuelle auf der Strecke bleibt. Ihre Antwort? 

Schild: 
Das Gegenteil ist der Fall. Als MVB wollen wir Bücher sichtbar machen und die Effizienz der gesamten Branche steigern. Genau dies ist auch die Zielsetzung von VLB-TIX. Wir machen die Bücher kleiner wie großer Verlage deutlich leichter auffindbar, wir verbessern die Kommunikation über Neuerscheinungen in der Buchhandlung, wir eliminieren zeitraubende Ineffizienzen im Einkaufsprozess und wir versorgen Buchhändler mit aktuellsten Informationen. Buchhändler wie Vertreter berichten uns, dass bei einem konsequenten Einsatz von VLB-TIX gerade für die Diskussion über Novitäten und die individuelle Präsentation einzelner Titel mehr Zeit bleibt. Statt sich zum Beispiel mit dem Abgleich von Bestellmengen aufzuhalten, können Verlage und ihre Vertreter nun ihre Schwerpunkte intensiver vorstellen. Und natürlich bleibt am Ende auch mehr Zeit, um mit den Sortimentern über den bestmöglichen Abverkauf zu sprechen. Letztlich darf man auch nicht vergessen, dass im bisher praktizierten Vorschauwesen ein gewisser Wettlauf um die opulenteste, raumgreifendste Darstellung entstanden ist, der die Budgets der Verlage enorm belastet und häufig gerade kleineren Verlagen die Aufmerksamkeit raubt. Mit VLB-TIX sorgen wir für mehr Chancengleichheit und entlasten zugleich die Budgets aller Verlage.

Bei welchen Themen wären Sie gern schon weiter? 

Schild:
 Von VLB-TIX profitiert die gesamte Branche – aber nur, wenn die gesamte Branche die digitale Vorschau aktiv nutzt! Das ist aktuell noch nicht der Fall. Daher möchte ich gern an all diejenigen appellieren, die heute noch zögerlich sind: VLB-TIX wird umso besser und nützlicher, je mehr sich aus allen Bereichen aktiv beteiligen. Aktuell gibt es noch Teile der Buchhändlerschaft, die gern mehr über VLB-TIX einkaufen würden, dies aber nicht können, weil einige Verlage zögern – und gerade jene Verlage bemängeln, dass nicht alle Buchhändler dabei sind. Das ist eine echte Henne-Ei-Problematik, die wir überwinden müssen. An dieser Stelle möchte ich meinen Dank gegenüber Dussmann, Random House und vielen weiteren Partnern aussprechen, die durch ihre mutiges und engagiertes Vorgehen immer mehr Buchhändler und Verlage von VLB-TIX überzeugen.

Schüssel: Bisher konnten wir unsere Meilensteine gut erreichen und trotzdem auf aktuelle Anforderungen reagieren und Fehler fortlaufend beseitigen – auf der Basis eines agilen Projektmanagements. Allerdings gibt es Bereiche, bei denen wir auf die Zusammenarbeit mit Partnern angewiesen sind – hier können wir die Geschwindigkeit nicht immer selbst bestimmen. Ein Beispiel dafür sind die Schnittstellen zu Warenwirtschaftssystemen, die wir gerne bidirektional ausbauen würden. Der Wunsch vieler Kunden ist es, direkt in den Titelansichten in VLB-TIX Bestands- und Verkaufszahlen zu sehen – von der Novität selbst sowie von Referenz- und Vorgängertiteln. Wichtig ist es, dass alle VLB-TIX als großes Change-Management-Projekt begreifen. VLB-TIX krempelt Vorgehensweisen in der Novitätensichtung und Titelbestellung gehörig um. Auch wenn das Sprichwort richtig ist, dass elektrisches Licht nicht durch die stete Verbesserung von Kerzen erfunden wurde, gilt: Analogien zu Vertrautem schaffen Akzeptanz, um den Übergang zu schaffen. Deshalb haben wir zum Beispiel eine Ordner-Struktur entworfen, eine Art virtuelles Regal, in dem die Vorschauen einsortiert werden können. Und aus gleichem Grund gibt es die Möglichkeit, aus VLB-TIX heraus eine Printvorschau auszudrucken.

Was steht für 2018 noch an? 
Schüssel: Im ersten Quartal haben wir viel Neues umgesetzt: Mit »LEX« steht unseren Premium-Kunden jetzt ein Werkzeug für das Anfragen, Freigeben und Versenden von digitalen Lese- und Rezensionsexemplaren zur Verfügung, für das wir erste Interessenten gewinnen konnten. Bestellfunktionalitäten wurden verbessert, mit Presto haben wir eine weitere Vertretersoftware angebunden. Bei der Weiterentwicklung schauen wir auf die Nutzungssituation, nicht nur auf unser Produkt – da die Internet-Verbindung in Buchhandlungen nicht immer schnell ist, bieten wir jetzt eine Offlineversion an. Ein Schwerpunkt für die nächsten Wochen wird darauf liegen, die Darstellung von Aktionen und Themen-Specials auszubauen. Auf der Wunschliste der Verlage steht die weitere Durchdringung des Buchhandels an erster Stelle – mit aktuell über 3.000 angemeldeten Buchhändlern haben wir bereits einen guten Stand erreicht. Der Einsatz von VLB-TIX reicht von einer bloßen Nutzung der Filter bis hin zum vollständigen Einkauf über unsere Plattform – wie etwa bei Dussmann oder Hugendubel. Wir begleiten die Einführung sehr eng, in persönlichen Beratung, Workshops und Webinaren. Zum 1. April verstärken wir uns zudem auch personell mit einer Buchhandelsbotschafterin.

Das VLB ist mit Metabooks mittlerweile jenseits des deutschsprachigen Buchmarkts vertreten. Sind internationale Aktivitäten auch eine Option für VLB-TIX?
Schild: Unsere oberste Priorität ist der Veränderungsprozess im deutschsprachigen Buchmarkt. Wir wollen, dass unsere Kunden durch den Einsatz von VLB-TIX erfolgreicher werden. Darauf konzentrieren wir uns zu 100 Prozent. Gleichzeitig begegnet der internationale Buchmarkt diesem Change-Prozess mit großer Aufmerksamkeit. Uns erreichen viele Anfragen aus anderen Märkten. Sobald der Einführungsprozess in Deutschland, Österreich und der Schweiz abgeschlossen ist, drängt sich eine internationale Expansion geradezu auf: Wir können mit unserer Technologie sehr einfach andere Märkte bedienen. Durch die damit verbundenen Einnahmen können wir weitere Investitionen in die Plattform finanzieren und die Preise für unsere Kunden hier stabil halten. Und auch inhaltlich bietet eine internationaler Vernetzung von VLB-TIX unseren heimischen Kunden viele Vorteile: Buchhändler reduzieren Zeit und Komplexität beim Einkauf fremdsprachiger Titel dramatisch, Verlage können ihr Programm und ihre Lizenzen international anbieten.