Jean-Michel Fischer im Interview

"Unsere Sportbücher drehen mehr Runden"

23. März 2018
von Börsenblatt
Der EMF Verlag hat sein Programm gerade um die Bereiche Fitness und Papeterie erweitert. Wie behaupten sich die Münchner am Markt? Wie stemmen die Mitarbeiter das zusätzliche Gewicht? Verleger Jean-Michel Fischer zur Taktik des Ratgeberverlags.

Im Dezember sind die ersten Sportratgeber in Ihrem Verlag erschienen. Wie sind Sie zum Thema Fitness gekommen?
Im Ratgeberbereich vom reinen Malen Zeichen kommend, war unser Programm früher eher konservativ ausgerichtet. Ich bin jetzt seit zwölf Jahren im Verlag. In dieser Zeit hat sich unser Programm stark geändert, wir sind jünger, bunter, frischer geworden, haben den Bereich Handarbeiten erneuert und vor vier Jahren ist der Bereich Essen und Trinken dazugekommen. Mittlerweile produzieren wir sämtliche Themen, die zum kreativen Lifestyle dazugehören. Im Bereich Essen und Trinken haben wir schon früher Bücher zum Thema gesunde Ernährung mit Fitnessplakaten angereichert, irgendwann haben wir gesagt: Jetzt machen wir auch richtige Fitnessbücher.

Wenn ich auf Ihre Homepage schaue, kann ich sehen, dass die Lektorin, die bislang für den Bereich Handarbeit zuständig war, nun auch für den Bereich Fitness zuständig ist. Wie implementieren Sie ein neues Thema im Verlag?
Unsere Mitarbeiter haben eine sehr große Nähe zu den Themen, die sie betreuen. Die Kollegin im Handarbeiten betreibt fast täglich Sport, eine andere Kollegin, auch aus dem Handarbeiten, kam überhaupt erst auf die Idee, Yoga in den Verlag einzubringen. Übrigens bieten wir den Mitarbeitern jeden Mittwoch eine Yogastunde an. Bei neuen Themen testen wir zunächst, ob sich diese mit der bestehenden Manpower bearbeiten lassen. Das hat bisher sehr gut funktioniert, auch in Warengruppen, die rückläufig sind. Der Fitnessbereich zum Beispiel ist ja keine Warengruppe, die gerade explodiert. Wir versuchen entsprechend, Dinge anders zu machen, gehen sehr stark über das Design. Für unsere Themen suchen wir gezielt nach reichweitenstarken Autoren und produzieren Lifestyleratgeber.

Ein Kompliment für das Design muss ich Ihnen aussprechen. Übrigens habe ich noch nie einen Fitnessbuch gesehen, in dem sich der Protagonist so oft umzieht wie Ralph Orthmann in „20 to Shape“.
(Lacht). Wobei das Teuerste am Buch, glaube ich, die graue Betonmauer im Hintergrund war. Wir konnten partout keine geeigneten Räume finden und mussten auf eine Eventlocation in München ausweichen, in der normalerweise BMW und Mercedes ihre neuen Autos präsentieren. Für uns als deutschsprachigen  Ratgeberverlag mit kleinem Portemonnaie gab aber es keine Sonderkonditionen. Die Mieten in München sind bekanntermaßen teuer … 

Welche Rolle spielt das Design für Ihre Fitnessratgeber?
Wir legen einen sehr hohen Wert auf die Gestaltung und haben nicht nur eine eigene Grafikabteilung im Verlag, sondern ich würde sagen, wir haben eine überproportional große Grafikabteilung im Verlag und unsere Bücher drehen vermutlich viel mehr Runden als in anderen Häusern. Das können die Kunden auch sehen, wenn sie in der Buchhandlung in die Titel hineinblättern.

Die Umsätze in der Warengruppe sind aber insgesamt rückläufig. Viele kleine Vollsortimente führen gar keinen nennenswerten Bestand an entsprechenden Titeln. Wie sehen die Zahlen für Ihr erstes Programm aus?
Wenn wir die Einverkaufszahlen mit unseren anderen Programmbereichen vergleichen, liegen sie genau im Schnitt. Das liegt zum einen sicher nach den Themen, die wir ausgewählt haben, zum anderen auch daran, dass wir in der Vorschau unser Konzept klar darstellen.

Gibt es genug Platz für Sie im Handel?
Genug Platz? Schwierige Frage. Sagen wir so: Früher war es sicher einfacher, Bücher zu verkaufen. Andersherum  bedeutet das: Der Kunde bekommt heute bessere Produkte zu einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Verlage müssen sich also mehr Mühe geben. Wir tun das und darum sind wir auch in für uns neuen Warengruppen erfolgreich. Erfolgreich sind wir dann, wenn das richtige Buch in der richtigen Menge am richtigen Platz liegt.

Ihre Autorin und Instagram-Star Antonia Elena gibt Signierstunden im Buchhandel. Glauben Sie, dass wir in Zukunft mehr Veranstaltungen von Fitnessratgeber-Autoren im Buchhandel sehen werden?
Es hängt immer davon ab, was man machen kann. Wenn zum Beispiel erst Equipment mitgebracht werden muss, sind Veranstaltungen schwer umzusetzen. Außerdem kommen viele verschiedene Gruppen in die Buchhandlung. Manche Teilnehmer wollen sich vielleicht nur mal ein Thema anschauen, das sie bisher gar nicht so sehr interessiert hat. Ein Eigengewichtstrainings-Workshop wird womöglich also nicht so gut funktionieren. Auf Influencerseite gibt es aber den Vorteil, dass diese ihr Publikum viel zielgenauer ansprechen können als der Buchhandel oder wir als Verlag und diese an den POS einladen können. Insofern wird eine Signierstunde, zumal sie hohen Traffic mit sich bringt, immer gut zu platzieren sein, mit einer Yoga-Stunde ist es schwieriger.

 

Wie wird es für die Fitness mit dem Herbstprogramm weitergehen?
Eigentlich hatten wir uns darauf festgelegt, dass wir Fitnessnovitäten nur im Frühjahr bringen wollen. Es ist die stärkste Zeit für die Themen Gesund und schlank, im Januar werden Büchertische im Handel bestückt.  Bereits für die Auslieferung unserer ersten Fitnesstitel im Dezember hatten wir überraschend viele Vormerker, im Januar kam dann noch einmal die Einverkäufe in gleicher Höhe hinzu, zwei Titel sind bereits im Nachdruck. Da haben wir gesagt: Wenn es so gut läuft, bringen wir das ganze Jahr Fitnesstitel! Wir haben auch schon spannende Autoren gefunden. Auch den Auslieferungstermin für die Fitnesstitel im Frühjahrsprogramm haben wir auf Dezember 2018 gezogen, entsprechend erscheinen auch die ersten Titel anderer Themenbereiche des Herbstprogramms auch schon im Oktober.

Im Frühjahrsprogramm sind Sie nicht nur mit dem Bereich Sport gestartet, sondern auch erstmals mit Papeterieprodukten gestartet. Welcher Bereich macht Ihnen mehr Freude?
(Lacht). Beide Programmbereiche haben ihre Berechtigung. Der Papierbereich ist uns in den Nebenmärkten, in denen wir unsere Bücher verkaufen, schon aufgefallen, jetzt verstärkt auch im Buchhandel. Zum Thema kamen wir durch die Erweiterung unseres Ratgeberprogramms im Bereich Malen und Zeichen um Thema Handlettering. Die Zielgruppe achtet sehr auf die Produkte, die sie für ihr Handwerk verwendet. Wir haben bei uns hier in der Grafikabteilung eine Kollegin, die auch ein sehr großer Papierfan ist. Diese Mitarbeitern hat auch die Gestaltung unseres Handletteringbuchs übernommen. Sie hat einfach Produkte in den Verlag mitgebracht und uns davon überzeugt, dass sie selbst solche Produkte auch gestalten könnte. So kam es zur Entwicklung eigner Papierdesigns, die wir erstmals in der Frühjahr. in der Vorschau angeboten haben.

Wie sieht es mit der Resonanz aus?
Die Resonanz  aus dem Handel ist sehr gut, was den ganzen Papeteriebereich angeht, Notebooks, Blankbooks, also alles, was wir geplant haben. Nur verlangen die Kunden, genauso wie unsere Vertreter, eben nach Produktmustern. Bei diesen Artikeln spielt das Preis-Leistungsverhältnis eine sehr wichtige Rolle, wobei ich denke, dass wir im Buchhandel auch etwas hochpreisiger verkaufen können als in anderen Märkten. Es kommt aber eben sehr stark auf die Ausstattung an. Die ersten Muster werden gerade produziert. Dass kann ziemlich aufwendig sein, z.B. wenn es um Notizbücher mit Rückenstichbindung geht. Das sieht dann aus, als ob man das Heft mit der Nähmaschine bearbeitet hätte, die Nähte blitzen am Rücken heraus. Es sind sehr komplizierte Herstellungsverfahren, für die wir aber die passenden Dienstleister gefunden und auch Displaylösungen für den Handel entwickelt haben, gerade für den Blankbook-Bereich. Im Herbst werden dann weitere Produkte zum Thema Bulletjournaling folgen.