#yeaward18: Die Nominierten (5)

Martin Mascheski: Die Veränderung leben

12. April 2018
von Christina Busse
Sein Beruf als Fotograf führte ihn schon durch die ganze Republik – und zur Büchergilde. Jetzt wagt Marketingprofi Martin Mascheski einen Neustart in Leipzig: Mit zwei Freunden hat er eine Agentur gegründet.

An der Kletterwand startet Martin Mascheski in den Arbeitstag. Zumindest freitags ist das so: Um 10 Uhr trifft er sich mit Kollegin Lisa-Marie Schöttler in der Boulder­halle. Dann heißt es, sehr fokussiert in kleinen Schritten immer höher zu kommen. Ziel der Übung: das übliche Gedankenkarussell abschalten und Raum schaffen für frische Ideen. "Ich brauche auch ein bisschen Quatsch in meinem Leben – es darf nicht zu ernst werden", sagt der kreative Querdenker, der gerade ein neues berufliches Kapitel aufgeschlagen hat: Anfang des Jahres hat er zusammen mit Lisa-Marie Schöttler und Kai Splittgerber die Agentur Norwin gegründet.

Die drei haben es sich auf die Fahne geschrieben, Unternehmen bei der Umsetzung von Projekten zu beraten und zu begleiten. "Es ist schon immer einer meiner Lebensträume gewesen, ein eigenes Unternehmen zu führen. Jetzt war die Chance da, und wir waren bereit", erzählt der 34-Jährige, der mit Schöttler und Splittgerber zwei alte Freunde an seiner Seite hat. Das Trio hat vorher bereits bei der Büchergilde Gutenberg zusammengearbeitet, kann jetzt die individuellen Stärken optimal einsetzen und entwickeln. "Ich bin gut darin, Dinge zu strukturieren", sagt der gebürtige Brandenburger, den seine bisherigen Tätigkeiten schon quer durchs Land geführt haben.

Sein Einstieg war ein Praktikum in der Redaktion des ökologisch und links orientierten Magazins "Torfkurier", das in der Nähe von Bremen verlegt wird. Danach ging er nach München, um sich bei einem Fotografen das wichtigste Rüstzeug für den Beruf hinter der Kamera abzugucken. "Das war ein extrem offener Mensch, der gern all sein Wissen weitergegeben hat", erinnert sich Mascheski dankbar an diese Zeit. Das Jahr im Süden hat ihn geprägt, auch wenn er anschließend nach Hamburg und Dortmund weiterzog, um Kommunikationsdesign zu studieren. Noch an der Uni bekam er seinen ersten größeren Auftrag: Über drei Jahre dokumentierte er in seiner brandenburgischen Heimatstadt Wittstock den Umbau einer historischen Tuchfabrik zur neuen Stadtverwaltung. "Die Bilder hängen bis heute in den Fluren", sagt er nicht ohne Stolz.

2013 begann etwas, was Mascheski als "seltsames Kapitel in meinem Leben" bezeichnet: Er wurde Dokumentarfotograf bei der Bundeswehr. Auf einem Marinestützpunkt bei Bremerhaven hielt er Übungen, Menschen und Technik mit der Kamera fest. "Ich hatte tiefe Einblicke in das System Bundeswehr: Wie Entscheidungen getroffen werden und warum, wie die Zusammenhänge sind – das war wahnsinnig erschreckend", sagt der ehemalige Zivildienstleistende rückblickend. "Aber ich war in einem 'Verwertungsmodus' drin, habe keine freien Projekte mehr gemacht. Das ist ein Prozess, durch den viele durchmüssen", wie Mascheski in Gesprächen mit früheren Kommilitonen festgestellt hat.

Umso lieber schlug er ein, als ihm Ende 2015 der Relaunch des "Büchergilde Magazins" angeboten wurde. Mit Interviews, Porträts und Texten in Zusammenarbeit mit Bloggern hob er das viermal jährlich erscheinende Journal auf ein neues Niveau. Das veränderte Erscheinungsbild mit neuen Inhalten kam an. "Zum ersten Mal in der Büchergilde-Geschichte war eine Ausgabe mit 72.000 Exemplaren komplett vergriffen", so Mascheski. Nach zwei Ausgaben heuerte er in Frankfurt fest als Marketingleiter an, gab zusammen mit seinem Team auch der Verlagsvorschau der Edition Büchergilde ein zeitgemäßeres Gesicht. "Wir hatten eine Vision entwickelt", beschreibt er die Aufbruchsstimmung, die in jener Zeit im Verlag herrschte – bis 2017 ein großer Teil der Mitarbeiter ging. Das entstandene Vakuum begriff Mascheski als Signal für einen Neuanfang: die Gründung von Norwin und damit der Standortwechsel nach Leipzig.

"Die Stadt ist extrem jung und offen. Die Lebensqualität ist hoch, die Freundlichkeit der Leute überragend und die Mieten sind niedrig" – Mascheski fühlt sich offenbar wohl in Leipzig, das eine lebendige Start-up-Szene hat. Auf der Leipziger Buchmesse im März konnte der Agenturgründer nicht nur viele Hände schütteln, sondern auch Projekte konkretisieren – "wie der Zufall es so wollte, sind unsere ersten Kontakte zu ­potenziellen Kunden wieder im Verlagswesen". Neben dem Aufbau von Norwin arbeitet Mascheski weiterhin als Fotograf für die Büchergilde. Gleichzeitig bildet er sich in "Scrum" fort, einem Modell für agiles Management. Aber es gibt noch mehr als Arbeit: Auf seiner zweiten Charity-Rallye will er im Sommer in einem alten Volvo den Balkan durchqueren und dabei Geld für "Reporter ohne Grenzen" sammeln. Mascheskis Anreiz: "Man hat viel Spaß und tut etwas Gutes."

Was sagen Sie zu ...?

... Kindheit in der DDR?
"Meine einzige Erinnerung daran: Es gab Milch in kleinen Glasflaschen mit Deckeln aus Alufolie."

... Ihrem Einsatz bei der Bundeswehr?
"Ich war der einzige zwischen 2.000 Soldaten, der Fotos machen durfte. Aber als ich mit nach Dschibuti in Ostafrika kommen wollte, durfte ich nicht."

... Dunkelkammer?
"Ich habe noch mit analoger Fotografie gelernt, und es ist hilfreich, weil man ganz anders darauf guckt und damit umgeht. Aber gleichzeitig ist es unpräzise und hochgiftig. 2004 habe ich komplett auf digital umgestellt – völlig ohne nostalgische Gefühle."

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Der Börsenblatt Young Excellence Award 2018 und die Teilnahmebedingungen

  • Zum fünften Mal vergibt das Börsenblatt in Kooperation mit dem Börsenverein, der Frankfurter Buchmesse, dem mediacampus frankfurt und der future!publish einen Preis für herausragende junge Macher und Macherinnen in der Buchbranche. Der Preis zeichnet exzellente Persönlichkeiten bis höchstens 39 Jahren aus, die in der Branche etwas bewegen – sei es als Mitarbeiter in einer Buchhandlung, im Verlag bei einem Dienstleistungsunternehmen oder als Selbstständige.
  • Gefragt sind Leute in Verlagen oder Buchhandlungen oder bei Dienstleistern, die mit eigenständigem Denken und Handeln Spuren hinterlassen, aber noch nicht auf der Top-Führungsebene arbeiten.
  • Selbstnominierungen und Vorschläge für Kandidaten sind gleichermaßen willkommen: Vorschläge  für den Young Excellence Award können jederzeit per E-Mail an boersenblatt@mvb-online.de eingereicht werden. Stichwort: #yeaward
  • Aus allen Vorschlägen wählt die Börsenblatt-Redaktion die Nominierten der Shortlist aus. Jeden Monat stellt das Börsenblatt in der ersten Magazin-Ausgabe und auf boersenblatt.net einen Kandidaten vor. 
  • In einer öffentlichen Wahl im September ist die gesamte Buchbranche dazu augerufen, auf boersenblatt.net den Preisträger oder die Preisträgerin zu bestimmen. Der Sieger wird zur Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben.

Das gibt es zu gewinnen

  • Alle Kandidaten auf der Shortlist erhalten exklusive Tickets für den "Business Club" der Frankfurter Buchmesse.
  • Der Gewinner kann mit einem Bildungsgutschein in Höhe von 1.000 Euro Fort- und Weiterbildungen auf dem mediacampus frankfurt besuchen.
  • Der Gewinner erhält eine Eintrittskarte für die future!publish 2019, inklusive Anreise und Hotelunterkunft.
  • Neben einem E-Paper-Jahresabo des Börsenblatts winkt dem Sieger oder der Siegerin außerdem ein Glaspokal als Trophäe.

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