Kein Ende der Krise im Literaturnobelpreis-Gremium

Der König soll's richten

13. April 2018
von Börsenblatt
Die Krise in der Schwedischen Akademie geht weiter: Am 12. April haben die Mitglieder (die auch die Juroren für den Literaturnobelpreis sind) die Ständige Sekretärin Sara Danius abgewählt. Vorläufig amtiert nun der Literaturwissenschaftler Anders Olsson − und alle richten ihre Augen auf König Carl XVI. Gustav, der Wege aus der Krise finden soll.

Nach einem Treffen der Schwedischen Akademie hat Sara Danius vor laufenden Kameras der wichtigsten Fernsehanstalten des Landes öffentlich bekanntgegeben, dass sie die Akademie verlasse und auch von ihrer Position als Ständige Sekretärin zurücktrete: "Das ist der Wille der Akademie. Der Beschluss gilt mit sofortiger Wirkung." Der Wille der Akademie ist in Wirklichkeit jedoch nur der des Rumpfgremiums der eigentlich 18 Mitglieder; nachdem Sara Danius und Katarina Frostenson ihren Rückzug bekanntgegeben haben, sind es nur noch elf (aktive) Mitglieder (siehe unten). Unmittelbar nach Danius' Erklärung trat Anders Olsson vor die Kameras, der nun als vorläufiger Ständiger Sekretär amtiert: "Die Lage ist enorm kritisch", beklagte er vor allem den Vertrauensverlust des Gremiums in der Öffentlichkeit und: "Wir sind zu einem Kompromiss gezwungen".

Danius war zuvor wegen ihres entschiedenen Umgangs gegen das Akademiemitglied Katarina Frostenson bzw. deren Ehemann (siehe Archiv) angegriffen worden. Frostenson steht wegen Korruptionsvorwürfen unter Beschuss, und sie soll über ihren Mann Namen von Nobelpreiskandidaten bekannt geworden sein. Ihr Mann steht zudem im Zentrum eines Belästigungsskandals. Frostenson hat ebenfalls am 12. April bekanntgeben, ihre Mitgliedschaft in Schwedischen Akademie ruhen zu lassen − ein Rücktrit ist in diesem Gremium von den Statuten her nicht vorgesehen.

König Carl XVI. Gustav soll's richten

Der nun vorläufige Ständige Sekretär Anders Olsson, der sich in der vergangenen Woche noch gegen den Ausschluss von Katarina Frostenson bei künftigen Treffen des Gremiums gewandt hatte, hatte in einem Kurzinterview heute Morgen auf "P1 Morgon" erklärt, dass er und König Carl XIV. Gustav in der Analyse der zurückliegenden Ereignisse übereinstimmten, dass die Akademie zwei große Probleme habe, "zum einen, wie man das Frostensonproblem löst und zum anderen die Vertrauenskrise in die Akademie"  − und dass der König seinen Anteil daran habe, dass Danius nicht mehr weitermachen will. Nach der Unterredung sei die Idee eines Kompromises aufgekommen, dass sowohl Frostenson als auch Danius ihre Ämter ruhen lassen sollten. Der königliche Hof zeigte sich verärgert über derartige Interpretationen und wies Olssons Behauptung als unwahr zurück: "Das stimmt überhaupt nicht" sagte Hofsprecherin Margareta Thorgren heute in der Tageszeitung "Expressen". Nach den gestrigen 'Austritten' wolle der König sämtliche Fakten auf den Tisch bringen. Thorgren betonte, dass der König nicht die Arbeit der Akademie lenken wolle. Nach den beiden informellen Treffen mit Danius und mit Olsson sehe er aber, dass er in seiner Rolle als "König und höchster Beschützer" dabei helfen könne, "eventuell die Satzung der Akademie zu verändern. Um der Akademie als Institution aus der Krise zu helfen." Der König hat offiziell keinerlei Befugnisse, in die interne Arbeit der Schwedischen Akademie einzugreifen.

Olsson meinte, man müsse die Schwierigkeiten anders lösen als nur durch einen Rauswurf von Mitgliedern. Er hoffe, das Danius und die drei anderen Akademiemitglieder zurückkämen. "Wir sollten versuchen, Danius zu überzeugen zurückzukommen. Wir müssen ein neues Klima schaffen, in dem wir die Konflikte niederringen."

Sara Danius hatte sich am Sonntagnachmittag anderthalb Stunden lang mit dem König in Schloss Drottninghom über die Krise ausgetauscht; der König hatte die Amtszeit von Danius gelobt. Nach Danius' Rückzug aus den Ämtern hatten sich Carl XVI. Gustav und Reichsmarschall Svante Lindqvist am Freitagmorgen mit Anders Olsson zu einem einstündigen Informationsaustausch im Stockholmer Schloss getroffen

Wie ernst die Schweden den Skandal um das prestigeträchtige Literaturnobelpreiskomitee und die altehrwürdige Schwedische Akademie nehmen, zeigt, dass der König als "Beschützer der Akademie" öffentlich aufgefordert wurde, sich in die an sich autonomen Strukturen des Gremiums einzuschalten.

In der vergangenen Woche hatte die Ständige Sekretärin den Ausschluss von Katarina Frostenson aus der Schwedischen Akademie forciert, aber nicht die nötige Mehrheit hinter sich gebracht: Acht der 14 anwesenden Mitglieder (Sture Allén, Horace Engdahl, Kristina Lugn, Göran Malmqvist, Anders Olsson, Bo Ralph, Tomas Riad und Jayne Svenungsson) konnten sich nicht zum Ausschluss durchringen, wie die Tageszeitung "Expressen" berichtete; sie sahen die Hinweise als zu wenig stichhaltig an. Daraufhin gaben Schriftsteller Klas Östergren, Peter Englund und Kjell Espmark bekannt, dass sie künftig den Sitzungen der Akademie fernbleiben wollen. Zwei weitere Mitglieder − Kerstin Ekman und Lotta Lotass − nehmen seit längerem aus anderen Gründen nicht mehr an den Sitzungen teil.

Mit dem Rückzug von Danius und Frostenson am 12. April hat die Schwedische Akademie derzeit noch elf aktive Mitglieder. Jetzt bleibt abzuwarten, ob Klas Östergren, Peter Englund und Kjell Espmark nach der Entscheidung Frostensons wieder an den Sitzungen teilnehmen werden.