Die IG Pro prüft Rationalisierungsmöglichkeiten

Den Remissionen an den Kragen gehen

23. April 2018
von Börsenblatt
Bei der Sitzung der IG Pro (Prozesse, Rationalisierung, Organisation) beim Piper Verlag in München ging es am vergangenen Freitag unter anderem um die Initiative Integrating the Publishing Environment, Bestelloptimierung im Sortiment und das leidige Thema Remissionen.

Informatiker, Denker und Autor („Digitaler Burnout“) Alexander Markowetz sowie Michaela Philipzen, Herstellungsleiterin von Ullstein, präsentierten der IG Pro den neuesten Stand der Initiative Integrating the Publishing Environment, kurz IPE. Diese habe sich zum Ziel gesetzt, so Markowetz, die Entwicklung einer über alle Wertschöpfungsstufen hinweg offenen, digitalen Infrastruktur auf den Weg zu bringen und voranzutreiben. Blaupause dafür sei eine erfolgreich umgesetzte Methodik der Gesundheitsindustrie in mehreren Ländern. Markowetz gab zu Bedenken, dass die meisten Unternehmen Digitalisierung bislang nur innerhalb ihrer analogen Strukturen erwirkt hätten (intracompany communication). Der nächste Schritt müsse die intercompany communication sein, will heißen, dass die IT-Systeme verschiedener Unternehmen direkt miteinander kommunizieren können sollen.

Michaela Philpzen erläuterte, wie wichtig die Einrichtung offener Standards sei, die skalierbar auch für andere Unternehmen sein müssen. Sie lieferte ein Rechenbeispiel dafür, wie Ressourcen verschwendet würden, allein was die Druckaufträge von Novitäten angeht:

70.000 Novitäten pro Jahr führten zu rund 100.000 Jobs bei den Druckereien. Die Bearbeitung eines Jobs dauere im Verlag ca. eine Stunde, in der Druckerei rund fünf Stunden. In Summe würden also pro Jahr rund 600.000 Stunden für diese Tätigkeiten anfallen. „Tätigkeiten, die nicht wertschöpfend, sondern Routinen sind“, hob Philipzen hervor. Bislang seien rund 20 Unternehmen aus sechs Stufen der Wertschöpfung bei IPE an Bord, darunter Bookwire, Brill, CPI, Holtzbrinck, KNV oder Readbox. Weitere Mitstreiter, vor allem aus dem Sortiment, würden noch gesucht.

Dass die Einführung solcher Standards alles andere als einfach ist, darüber waren sich die Teilnehmer der IG Pro einig. Das Argument, dass die Buchbranche eine besondere ist und eine Umsetzung daher besonders schwierig sein könnte, ließ Markowetz allerdings nicht gelten: „Glauben Sie mir, das sagt jede Branche von sich“, so seine Erfahrung. Und machte zugleich Mut: „Wenn eine solche kaputte Branche wie die Gesundheitsindustrie so etwas auf die Beine stellt, dann schaffen Sie das auch. Vielleicht nicht morgen, aber in einigen Jahren.“

Das Thema Remissionen beschäftigt die IG Pro unter dem Vorsitz der Schweinfurter Buchhändlerin Franziska Bickel in mehrerlei Hinsicht. Ein Fragebogen, der die Remissionsregelungen von Verlagsauslieferungen eruieren soll, ist unterwegs, berichtete Thomas Raff von KNV. Sein Zwischenfazit: Die Veränderungsbereitschaft in Sachen Remissionen sei da.

Folkert Roggenkamp (Delius Klasing) referierte den jüngsten Stand bei den Kalenderremissionen. Die IG Kalender habe sich mit der köperlosen Remission von Kalendern befasst, sei aber zu dem Schluss gekommen, dass eine solche Lösung aus unterschiedlichen Gründen branchenweit schwer umzusetzen sei.

Iris Hunscheid von der Buchhandlung Hoffmann in Achim stellte die von Mitgliedern der IG Pro erarbeitete Checkliste zur Bestelloptimierung im Sortiment vor. Diese soll demnächst publiziert werden und enthält Punkte wie: „Vereinbaren Sie konstante (Jahres-) Konditionen mit allen relevanten Partnern“ oder „Nutzen Sie die angebotenen Faktur- und Versandgemeinschaften bestmöglich und unterstützen Sie die Auslieferungen bei den Bemühungen, weitere Faktur- und Versandgemeinschaften einzurichten.“ Hintergrund für das Papier sei, dass die Bestellungen oftmals noch nicht wirtschaftlich durchgeführt würden. Für die Verlage soll ein ähnliches Papier erstellt werden.